Nach all diesen Jahren
würdest du es denn halten?“
„Du hast ein Picknick vorbereitet!“
„Ich nicht. Mein Caterer. Er hat mir versichert, es wäre alles da, was das Herz begehrt.“
Die letzten Wochen waren für Raoul eine einzige Herausforderung gewesen. Ihm war alles fremd, was mit Kindern zu tun hatte. Plötzlich musste er sogar seinen Terminkalender den Bedürfnissen eines kleinen Jungen anpassen. Außerdem fand er sich – der es gewohnt war, dass jedes seiner Worte mit absolutem Respekt behandelt und jeder Befehl sofort befolgt wurde – in der ungewohnten Lage wieder, sich den Launen eines Vierjährigen anpassen und unterwerfen zu müssen. Und das Schlimmste: Er musste einen anderen Menschen um Rat fragen. Aber so nach und nach trugen seine Bemühungen Früchte. Oliver fasste allmählich Vertrauen zu ihm.
Ein Extrabonus war, dass er eine völlig neue Sarah kennenlernte. Von dem naiven, unschuldigen Mädchen von damals war nicht mehr viel zu spüren. Er entdeckte eine energische junge Frau, die ihn unglaublich faszinierte.
„Ich bin beeindruckt“, gestand Sarah und betrachtete den gut gefüllten Korb, die dazugehörige karierte Decke und eine Kühltasche voller Getränke. Raoul macht wirklich keine halben Sachen, dachte sie. Er wusste, jedes Kind liebt Picknicks – ich liebe Picknicks.
„Natürlich hätte es mich noch mehr beeindruckt, wenn du alles selbst zubereitet hättest“, versuchte sie zu scherzen. Es klang jedoch ziemlich gekünstelt.
„So sind die Frauen – nie zufriedenzustellen!“, konterte Raoul. Er lächelte sie verschmitzt an, und ihr Herz machte einen kleinen Hüpfer. „Du bist wirklich sehr streng mit mir“, fuhr er fort.
„Du brauchst überhaupt keinen Caterer! Zufälligerweise weiß ich, dass du das durchaus selbst kannst!“ Ihr Ton war schärfer als beabsichtigt.
„Okay. Ich werde es mir für das nächste Mal merken.“
„Das nächste Mal? Es gibt kein nächstes Mal! Dieser Tag ist lediglich Bestandteil deines Lehrgangs: Wie gehe ich mit einem kleinen Jungen um.“
„Vergnügungspark – abgehakt, Picknick – abgehakt, Spaghetti mit Tomatensoße – abgehakt, Fast Food – abgehakt! Seit wann bist du denn so diszipliniert?“
„Ich bin nicht diszipliniert, ich bin praktisch. Außerdem sollten wir allmählich losfahren. Oliver sitzt schon in seinem Kindersitz. Habe ich dir übrigens erzählt, wie aufgeregt er wegen des Ausflugs ist? Er konnte gestern fast nicht einschlafen.“
„Ich auch nicht.“
Sarahs Augen weiteten sich, als Raoul die Hände links und rechts von ihr auf der Kühlerhaube abstützte.
„Was machst du denn da?“ Ihre Stimme klang ein paar Oktaven höher als sonst.
„Ich habe es satt, so zu tun, als würde ich dich nicht mehr begehren, Sarah.“
„Du begehrst mich nicht – und ich dich auch nicht. Wir kommen zwar ganz gut miteinander zurecht, aber doch nur wegen Oliver. Sieh mich nicht so an!“ Aber all der Protest nützte ihr nichts – ihr Körper sprach eine eigene Sprache. „Das … das gehört nicht zu unserem Plan! Du liebst Pläne! Hast du das vergessen?“
„Das zeigt nur, dass ich ein völlig neuer Mensch bin!“
„Du bist kein neuer Mensch, Raoul!“ Sie presste die Hände gegen seine Brust, um ihn zurückzuschieben, aber die Berührung allein genügte, um ihre Widerstandskraft erlahmen zu lassen. „Ich … du … wir sind uns doch einig, dass das mit uns keinen Sinn hat! Es würde nicht gut gehen. Wir müssen einfach nur miteinander zurechtkommen. Vielleicht können wir Freunde werden.“
„Gut. Wie du meinst.“ Raoul richtete sich auf. Seine Stimme klang gefügig, aber sein brennender Blick strafte seine Worte Lügen. „Wenn du dir da so sicher bist.“
Beiläufig ließ er seine Hand über ihre Schulter gleiten. Sarahs Herz begann wie wild zu hämmern und sie hatte Mühe, richtig durchzuatmen. Glücklicherweise trat Raoul zurück, und sie flüchtete sich ins Auto. Dort rang sie nach Luft, als hätte sie einen Marathonlauf hinter sich.
Während sie überprüfte, ob Oliver auch richtig in seinem Kindersitz angeschnallt war, versuchte sie sich zu beruhigen. Raoul riss mit seinem Charisma, seinem Charme und seiner erotischen Ausstrahlung einfach die Barrieren nieder, die sie um sich herum errichtet hatte. Es kostete ihn nur ein Lächeln – im wahrsten Sinn des Wortes.
In hilfloser Wut biss Sarah die Zähne zusammen. Kennt er mich so gut? fragte sie sich. Hat er einfach nur abgewartet wie eine Katze, die stundenlang vor
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