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Nach dem Applaus: Ein Fall für Berlin und Wien (German Edition)

Nach dem Applaus: Ein Fall für Berlin und Wien (German Edition)

Titel: Nach dem Applaus: Ein Fall für Berlin und Wien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus-Ulrich Bielefeld , Petra Hartlieb
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Mobiltelefon, das auf dem Tisch lag, und schaltete es ab.
    Und dann ging alles sehr schnell. Sie zog ihm das T-Shirt über den Kopf, er zerrte an ihrer Pyjamahose, und schließlich landeten sie auf dem Fußboden, das Sofa war doch zu schmal.
    Als Anna den kühlen Holzboden unter sich fühlte, verspürte sie kurz den Impuls, dem Ganzen ein Ende zu setzen. Ihr Gewissen meldete sich, und bei dem Gedanken an die Komplikationen dieses Intermezzos wurde ihr ganz schwindelig. Thomas schob ihr behutsam ein Sofakissen unter den Rücken. Nein, sie wollte jetzt nicht aufhören, jetzt ist jetzt, und jetzt ist gut. Sie versuchte, jeglichen Gedanken an den nächsten Tag auszublenden, und es fühlte sich richtig an. Geradezu unglaublich, wie gut sie hier auf dem harten Parkett harmonierten, kaum zu glauben, dass sie im normalen Leben kein Telefonat ohne Streitereien hinbekamen.
    »Meinst du, wir könnten mal aufstehen?« Er hatte den Kopf auf ihre Brust gelegt und war wohl eingenickt, denn als Anna sich vorsichtig bewegte, fuhr er hoch.
    »Ich weiß nicht, ob ich hier jemals wieder hochkomme.«
    »Tja, du bist eben keine zwanzig mehr.«
    »Du aber auch nicht.«
    »Stimmt. Deswegen darfst du jetzt auch in mein Bett.«
    Er wärmte ihre schon wieder oder noch immer kalten Füße – sie kämpften ein wenig um die zu kleine Bettdecke, und schließlich fielen sie, engumschlungen, in einen tiefen Schlaf.

36
    Als Thomas Bernhardt am nächsten Morgen erwachte, brauchte er mehrere Sekunden, um sich zu vergegenwärtigen, wo er war. Der Platz neben ihm war leer, er spürte noch Annas Körperwärme neben sich und zögerte den Moment des Aufstehens ein wenig hinaus. Plötzlich wurde das Deckenlicht angeschaltet, und Anna stand vor ihm, zwei große Becher Kaffee in der Hand. Sie war vollständig angezogen. Jeans und einen Pullover mit Norwegermuster.
    »Guten Morgen. Gehst du Ski fahren?«
    »Nein, Mörder fangen. Aber es hat minus zehn Grad draußen. Raus aus den Federn, es geht los!«
    »Mein Gott, bist du immer so hyperaktiv am Morgen?«
    »Keine Sorge, du musst mich ja nicht heiraten.«
    »Hatt ich auch nicht vor.«
    Sie setzte sich zu ihm auf den Bettrand und legte ihm eine Hand auf den Kopf. Thomas dachte an Priester, Beichte und Absolution und musste lachen.
    »Lachst du mich aus?«
    »Nein. An, meine Liebe. Ich lach dich an. Auf geht’s, heut schnappen wir uns diesen Steiner, und dann fragen wir ihn, was seine Leistung war.«
    Für Thomas Bernhardt begann jetzt die schwierigste Phase: wenn sich in einem Fall die Hinweise und Verdachtsmomente so auftürmten, dass sich die Lösung erahnen ließ, aber doch noch in einem Nebel der Unwägbarkeiten verborgen lag. Bernhardt hatte dann eine irrationale Angst, dass er etwas übersehen haben könnte, was nie mehr gutzumachen war. Es ergriff ihn das archaische Gefühl des Jägers, dem das Wild zu entkommen droht. Er hasste diesen Moment, wenn alles auf der Kippe stand. Und er reagierte noch nach Jahrzehnten mit den gleichen Symptomen wie zu Beginn seiner Dienstzeit: einem bohrenden Kopfschmerz knapp über seinem rechten Auge und einer laufenden Nase.
    Die Nacht mit Anna war schön gewesen, so viel Müdigkeit, so viel Zärtlichkeit. Aber umso schärfer wirkte jetzt der Kontrast, als er im Wiener Dienstzimmer stand, das seinem Berliner Büro durchaus ähnlich war. Dieses seltsame, fast auf der Zunge schmeckbare Aroma, das sich aus dem Unglück, der Wut und Aggression der Fälle speiste, die hier bearbeitet worden waren, bereitete ihm Übelkeit.
    Es war klar, wer hier das Sagen hatte: Anna Habel. Sie ordnete an, sie koordinierte, sie war wieder ganz die Frau Chefinspektor. Die Frau in der vergangenen Nacht musste jemand anderer gewesen sein. Gabi Kratochwil saß wieder an ihrem Schreibtisch vor dem Computer, als sei sie nie draußen gewesen im wirklichen Leben, und Motzko, der Musterschüler, stand stramm vor der Chefin, die wie ein General ihre Truppen formierte. Befehlsausgabe. »Motzko, Sie setzen sich auf die Spur von Steiner, wo kann der sein? Zweitwohnsitze, Flughäfen überprüfen et cetera, das Übliche. Frau Kratochwil, Sie erstellen ein Bewegungsprofil von Steiner – wo hat der sich in den letzten Jahren aufgehalten? Klar? Ich selbst werde mir seinen windigen Rechtsanwalt persönlich vornehmen und dann Steiners Firmenzentrale aufmischen.«
    Gabi Kratochwil nickte ergeben. Hofrat Hromada, der bisher geschwiegen hatte, glaubte, nun auch einen Hinweis geben zu müssen.
    »Verehrte Frau

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