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Nach dem Applaus: Ein Fall für Berlin und Wien (German Edition)

Nach dem Applaus: Ein Fall für Berlin und Wien (German Edition)

Titel: Nach dem Applaus: Ein Fall für Berlin und Wien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus-Ulrich Bielefeld , Petra Hartlieb
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konnte, die in ihren Traumata gefangen blieb. Der wüste Potsdamer Platz, das somnambule Reden der beiden Engel, die vom Himmel heruntergestiegen waren, die riesigen Vogelschwärme, die sich im grauen Himmel zu einem wogenden, schwingenden Ballett formierten, der Engel, der auf der Siegessäule stand. Schwarzweiß das Ganze, körnig…
    Im Einstein summte es, später Nachmittag, die beste Zeit, man frühstückte, trank Melange, kleine und große Braune. Sina Kotteder saß hinten im Raum in einer der Sitzecken. Als Bernhardt ihren Platz erreicht hatte, stand sie auf und drückte ihm fest die Hand. Bernhardt stellte erstaunt fest, dass er sie zum ersten Mal richtig anschaute. Sie war auf eine einfache, ungekünstelte Art schön. Die blonden Haare, die blauen Augen, die vollen Lippen, das Lächeln, wieso hatte er das nie wahrgenommen? Sie klopfte mit der flachen Hand auf das rote Polster. »Setzen Sie sich!«
    »Sie waren früher Lehrerin, stimmt’s?«
    Sie lachte und zeigte ihre weißen Zähne.
    »Gut erkannt. Man darf Sie eben nicht unterschätzen. Aber das ist mir schon länger klar.«
    »Gut zu wissen.«
    »Ja, ich war Lehrerin und gar nicht mal ungern. Aber mir war schon früh klar, dass ich das nie und nimmer bis zur Pensionierung durchhalten würde. Der Job in Charlottenburg-Nord war einfach zu hart.«
    »Und bei der Zeitung ist’s weniger hart?«
    »Absolut. Als Reporterin muss ich halt immer eine möglichst heiße Story finden. Man muss einfach eine gute Nase haben. Und die hab ich.«
    »Zum Beispiel bei Sophie Lechner.«
    »Ja, das war nicht schwer. Sie ist…, war eine außergewöhnliche Schauspielerin. Exaltiert, exzentrisch. Grenzgängerin, könnte man sagen. Und als sie nach Berlin kam, war ich natürlich bereit. Ich wusste, dass sie Journalisten nicht an sich ranlässt. Und da war mein Ehrgeiz geweckt. Wollen Sie auch eine Melange?«
    Sie machte dem Kellner ein Zeichen und streckte zwei Finger in die Höhe. »Ja, zwei Melange! – Es war gar nicht schwierig mit ihr. Sie hatte ein unglaubliches Bedürfnis nach Nähe, Zuneigung, Verständnis. Wenn man die Mauern der Abwehr, die sie um sich herum errichtet hatte, überwunden hatte, entdeckte man ein verschüchtertes, verängstigtes Kind.«
    »Was heißt das konkret?«
    »Sie hatte Angst, Angst, Angst. Und sie konnte eigentlich immer nur in Rätseln davon erzählen.«
    »Und diese Rätsel lösen Sie ab Montag in Ihrer Artikelserie.«
    Sina Kotteder runzelte kurz die Stirn, die sich aber gleich wieder glättete.
    »Nein, ich erwähne sie. Aber einige Details, man könnte eher sagen: Andeutungen, werde ich auslassen. Die sage ich nur Ihnen.«
    »Das ist nett.«
    Sie signalisierte einen leichten Anflug von Unwillen.
    »Sie nehmen das jetzt ernst oder nicht. Erstens: Sie hatte Angst vor Männern. ›Die wollen mich töten, schon immer‹, hat sie mehrmals gesagt.«
    »Kann das sein, dass sie eine rege Phantasie hatte, dass sie sich eine Art abenteuerlichen Lebensroman zusammengesponnen hat?«
    Sina Kotteder legte den rechten Zeigefinger auf ihre Lippen, als wollte sie sich kurz zum Schweigen bringen, bevor sie etwas sagte.
    »Daran habe ich auch gedacht. Kann sein. Aber letztlich habe ich ihr geglaubt. Sie hatte diesen Typen in Wien, Steiner, von dem fühlte sie sich ganz konkret bedroht. ›Der will mich fertigmachen‹, das war bei ihr wie ein Mantra. Und dann gab’s da noch eine Frau in ihrem Leben.«
    »Was ist nun daran schlimm? Hetero ist doch überholt.«
    »Von der wollte sie sich wohl lösen. Und die hat angeblich ein bisschen hysterisch reagiert.«
    »Ich gebe zu, das klingt alles interessant. Ich fasse zusammen: ein rachsüchtiger Exliebhaber, den sie fürchtet, eine Geliebte, von der sie sich trennen will. Das ist doch das ganz normale Chaos des modernen Lebens, oder?«
    »Meinetwegen. Aber Sie haben mich nicht ausreden lassen. Da gab’s noch was.«
    »Sorry, ich höre.«
    »Sie hatte zwei Liebhaber, die ziemlich scharf miteinander konkurrierten. Zum einen so eine Art Liedermacher und Komponist, der seine Wohnung gegenüber von ihr auf demselben Stockwerk hatte –«
    »Hirschmann, den haben wir schon im Visier.«
    »Und dann gab’s noch einen Schauspieler, Sebastian Groß, den hat sie so ein bisschen gefördert, mit ans Berliner Theater genommen, der wurde aber wohl in der letzten Zeit ziemlich anstrengend, fordernd, eifersüchtig auf den Hirschmann, der den großen, soften Frauenversteher gab. So, das war’s.«
    Sie schaute ihn an und

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