Nach dem Applaus: Ein Fall für Berlin und Wien (German Edition)
worden, sie würden versuchen, einiges zurückzuholen, aber das sei schwierig und langwierig.
Cornelia hatte sich um das iPhone gekümmert. Offensichtlich hatte Sophie Lechner Tag und Nacht auf WhatsApp gechattet. »Bis ich all diese Leute überprüft habe, ist’s Frühling, und ich verstecke an Ostern Eier für die Mädchen«, meinte Cornelia. Und Katia Sulimma, die ihrem Computer Geheimnisse aus Sophie Lechners Leben entlocken wollte, murrte: »Dieser Datenmüll, grauenhaft. Die hat sich in zig Foren rumgedrückt, da bin ich mal gespannt, wohin die mich noch führt, oh, oh, das dauert, bis das alles abgecheckt ist.«
Bernhardt machte dem Geseufze und dem leisen Fluchen der beiden ein Ende, ein vorläufiges zumindest.
»Kurze Zusammenfassung, damit wir wissen, wo wir stehen.«
Er erzählte von seiner Begegnung mit Sina Kotteder und von den Verdachtsmomenten, die sie ihm mitgeteilt hatte. Cornelia Karsunke schaute ihn an und bemerkte bissig: »Seit wann heißt sie denn nicht mehr B.-Z.- Blondine?« Bernhardt hatte sie überrascht angeschaut, es dann aber vorgezogen, über diesen Einwurf einfach hinwegzugehen.
Er erzählte vom rachsüchtigen Exliebhaber, von einer eifersüchtigen Frau, von Hirschmann und Sebastian Groß, den beiden konkurrierenden Liebhabern.
Cellarius hob wieder mal wie ein gelehriger Schüler die Hand, was Bernhardt immer von neuem amüsierte.
»Hatte die Lechner eine lebhafte Phantasie, oder lebte die wirklich so an der Kante, was meint ihr? Und wer ist Sebastian Groß?«
Die Runde war sich nicht einig, ob die Schauspielerin ihre wahre Geschichte erzählt hatte oder ob sie sich eine Art Skandalroman für Sina Kotteder zusammengereimt hatte. War ja egal, sagten sie sich dann, überprüft werden musste das. Und Sebastian Groß, jugendlicher Held am Berliner Theater, dem musste naturgemäß auch auf den Zahn gefühlt werden.
Und dann meldete sich eine Stimme wie aus dem Nirwana. Sie stellten überrascht fest, dass sie Krebitz vergessen, einfach aus den Augen verloren hatten. Aber da saß er, etwas abgesetzt von ihnen, am Fenster und hob eine kleine Plastikhülle in die Luft, in der ein Zettel steckte.
»Das könnte euch interessieren. Ich habe mir ja dann am Wochenende doch noch die Bücher und Ordner von der Lechner angeschaut. War ja mein Auftrag, oder? Und da war dieser Zettel, der ist aus einem Buch gefallen, was meint ihr, steht da drauf?«
Bernhardt rang innerlich die Hände. »Mach’s nicht so spannend. Na was?«
Falsche Ansprache, ganz klar. Aber man musste ihm auch nicht immer wie einem brav apportierenden Hund über den Kopf streicheln, fand Bernhardt. Krebitz blickte wütend in die Runde. »Da steht drauf: ›Der Geliebte will mich töten, töten, töten…‹ Und immer so weiter.«
Und dann verfiel Krebitz in sein gefürchtetes Schweigen, das garantiert den ganzen Tag über anhalten würde.
Es war die Phase eingetreten, die es in jeder Ermittlung gab, die Phase der Überinformation. Wie sollte das alles aufgedröselt werden? Es war wieder einmal die alte Kunst gefragt, die Spreu vom Weizen zu trennen.
Sie verteilten die Aufgaben: Bernhardt würde mit Cornelia Karsunke ins Berliner Theater fahren, dort wollten sie sich Sebastian Groß und möglichst viele Mitglieder des Ensembles vorknöpfen, Cellarius würde versuchen, Hirschmann aufzuspüren, Krebitz sollte noch mal im Haus in der Kuno-Fischer-Straße und drum herum den Spürhund spielen, und Katia sollte den Datenmüll ordnen, den sie aus dem Computer zutage förderte.
Bevor sie sich trennten, ging Bernhardt zu seinem Vorgesetzten Freudenreich und fragte ihn, ob in Sachen Funkzellenabfrage schon Informationen vorlägen. Freudenreich war schlecht gelaunt (»Du weißt, dass das politisch sehr umstritten ist, bringt das überhaupt was?«), ließ sich dann aber von Bernhardt überzeugen, dass es wichtig sei zu wissen, wer sich in den Stunden um die Mordzeit in der Nähe der Wohnung, in einem Umkreis von ungefähr einem Kilometer, aufgehalten habe, und dass es sich lohne, ein bisschen Druck zu machen, um schneller an die Ergebnisse zu kommen.
Auf Bernhardts Hinweis, dass es nun höchste Zeit sei, Wien und die Kollegin Habel einzuschalten, reagierte Freudenreich mit einem himmelwärts gewandten Blick und einem leisen Stöhnen: »Wenn’s sein muss.«
14
»Frau Kollegin Habel! Würden S’ so freundlich sein, und mich in meinem Büro aufsuchen?«
Anna hatte noch nicht mal ihre Jacke abgelegt. Sie trödelte noch ein wenig,
Weitere Kostenlose Bücher