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Nach dem Applaus: Ein Fall für Berlin und Wien (German Edition)

Nach dem Applaus: Ein Fall für Berlin und Wien (German Edition)

Titel: Nach dem Applaus: Ein Fall für Berlin und Wien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus-Ulrich Bielefeld , Petra Hartlieb
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eingeschlafen sein, auf diesen Sesseln, die im Pausenfoyer stehen, in einem dieser Kerkerräume, da war es ein wenig heller und auch eine Spur wärmer. Ich war so schrecklich müde. Dann hat mich diese Ratte geweckt. Und als ich zurück bin, war die Tür wieder –« Anna unterbrach den Satz und setzte sich abrupt auf. »Ihr glaubt, ich bin blöd, oder? Ihr glaubt, ich hab mir das eingebildet, und die Tür war immer offen? Und ich war zu dumm, um die Tür aufzumachen! Das glaubt ihr doch, oder? Ich seh’s euch doch an!«
    »Jetzt beruhige dich doch. Das hat doch niemand gesagt. Wo ist denn eigentlich dein Handy? Was war damit los?«
    »Akku leer.« Anna warf die Decke von sich und schwang die Beine aus dem Bett. »Was mach ich hier eigentlich? Ich hab genug geschlafen, wir müssen an die Arbeit.« Als ihre nackten Füße den Linoleumboden berührten, verzog sie das Gesicht und klammerte sich an Bernhardts Arm.
    »Du bist weiß wie eine Wand. Wir würden dich im Schnee da draußen gar nicht erkennen können. Der Arzt hat dir ein Beruhigungsmittel gespritzt, und du schläfst jetzt erst mal ein paar Stunden. Wir haben das hier voll im Griff.«
    »Jetzt, wo du’s sagst: Was machst du eigentlich hier?«
    »Ja, weißt du, die Spuren laufen doch fast alle nach Wien. Hattest du diesen Hans-Günther Steiner gestern eigentlich noch mal gesprochen?«
    »Nicht erreicht. Aber mir fällt gerade ein – dieser Souffleur, dieser Herr Fürst, den wollt ich doch abholen lassen, gestern Abend. Du, der ist höchst verdächtig, den müssen wir uns anschauen.«
    »Du schaust dir erst mal niemanden an. Wir laden jetzt dein Handy auf und versuchen die Nummer von dem Kerl, der dich in den Keller gelockt hat, rauszukriegen. Und dann gehen Frau Kratochwil und ich zu Steiners Pressekonferenz im Landtmann.«
    »Da muss ich doch auch mit!«
    »Schlaf dich erst mal aus – und dann lies dir das durch!« Bernhardt warf ihr ein schon etwas zerlesenes Exemplar der Hot auf die Bettdecke und legte Katia Sulimmas Dossier auf den Nachttisch. »Frau Kollegin, gehen Sie schon mal vor, und holen Sie das Auto, ich komm gleich nach.« Gabi Kratochwil knallte die Hacken zusammen und verließ grußlos das Krankenzimmer.
    »Wie bei Derrick: Harry, hol schon mal den Wagen.« Anna zog sich die Decke bis zum Kinn.
    »Schön, du kannst ja schon wieder ätzen.« Thomas Bernhardt beugte sich über sie und gab ihr einen zarten Kuss. »Ich bin froh, dass du nicht erfroren bist. Schlaf schön.« Dann war er weg, und Anna sank augenblicklich in einen traumlosen Schlaf.

32
    Kurz vor zehn Uhr standen Thomas Bernhardt und Gabi Kratochwil vor dem Café Landtmann, das im Erdgeschoss eines weißen Gründerzeithauses residierte und sich wie ein wuchtiger Schiffsbug auf die Oppolzergasse Richtung Burgtheater vorschob.
    Gabi Kratochwil deutete auf ein Gebäude im neogotischen Stil jenseits des Rings mit einem hohen Turm, der links und rechts von jeweils zwei niederen Türmen flankiert wurde. »Das ist das Rathaus. Und sehen Sie davor die Eisbahn, das ist doch schön.«
    Bernhardt spürte den Stolz und die Freude des Mädchens aus der Provinz, das es in die große Stadt geschafft hatte.
    »Und sind Sie da schon mal Schlittschuh gelaufen?«
    »Ja, schon öfter.«
    Die roten Flecken auf ihren Wangen, ob sie nun vom Frost oder von der Anspannung ausgelöst wurden oder von beidem, verstärkten sich. Gabi Kratochwil war nämlich in diesem Moment die leitende Ermittlerin, was Hofrat Hromada ausdrücklich betont hatte. »Sie werden verstehen, Herr Kollege, dass naturgemäß wir die Ermittlungen führen und Sie als Deutscher Frau Kratochwil beigeordnet sind. Ich denke, dass Sie gut miteinander auskommen werden.« Gabi Kratochwil hatte zu protestieren versucht. Aber der Hofrat hatte unwirsch abgewinkt.
    Das Café Landtmann war um diese Stunde dicht besetzt. Eine Lärmwolke lag über den Tischen und den stoffbespannten langen Bänken, die vor den holzverkleideten, mit Intarsien im Jugendstil versehenen Wänden entlangliefen. Was Bernhardt sofort auffiel: Hier gab es kaum Frauen. Und die jungen Männer, die in dieser Herrengesellschaft eindeutig in der Überzahl waren, sahen aus wie Klone von Hans-Günther Steiner. Wie eine Uniform trugen sie ihre dunklen Anzüge und dazu bunte, oft in grellem Rot gehaltene Krawatten. Die dicken Chronographen am Handgelenk wurden gut sichtbar präsentiert. Ein Gang ins Sonnenstudio gehörte wohl für die meisten zum Alltag.
    Bernhardt schnappte beim Gang

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