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Nach dem Ende

Nach dem Ende

Titel: Nach dem Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alden Bell
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Gestalt, durch die Poren seiner Haut sickern und hinaus in die Wildnis drängen, um zwischen Gewalt und Tod zu ihrem wahren Wesen zu finden.
    Zurück in ihrem kleinen Zimmer nimmt sie eine Nembutal und schläft kurz darauf ein. Wahrscheinlich liegt es an der Pille, dass sie zuerst gar nicht kapiert, was los ist, als eine Stunde später ein Schlüssel in die Tür geschoben wird. Sie ist so tief in ihr Inneres versunken, dass es ihr schwerfällt, die Leiter nach oben zu erklimmen, wo die Wirklichkeit stattfindet. Der Schlüssel in der Tür, das Klappern, das Drehen des Knaufs und das dünne Quietschen, als die Tür nach innen und dann wieder zurückschwingt. Sie krabbelt an die Oberfläche ihres Bewusstseins, und genau in dem Moment, da sie ankommt und sich aus dem Schlaf schüttelt, springt das Licht im Zimmer an.
    Abraham, sagt sie.
    Ich wollte dir einen Gutenachtkuss geben.
    Geblendet von der plötzlichen Helligkeit, reibt sie sich die Augen. Er steht nach vorn gebeugt da, leicht schwankend, betrunken. Sein Grinsen erinnert sie daran, was sie anhat: nur T-Shirt und Slip.
    Raus mit dir, Abraham.
    Er schaut sich um. Hey, ist das dein Dolch? Echt klasse.
    Er nimmt das Gurkhamesser vom Tisch und zieht es aus der Scheide. Dann schwenkt er es einige Male durch die Luft und gibt dabei zischende Geräusche von sich wie ein Junge beim Ritterspielen.
    Lass das.
    Er legt es wieder auf den Tisch, aber nicht, weil sie ihn darum gebeten hat.
    Hab gehört, dass du was vom Kartenspielen verstehst. Du bist eine von diesen Zähen. Eine von diesen Wildkatzen. Du spielst gern mit Jungs.
    Sie schiebt sich hoch und lehnt sich mit dem Rücken an die Wand. Sie ist noch ganz benommen im Kopf.
    Zieh Leine, sagt sie.
    Aber wo’s drauf ankommt, bist du trotzdem ein Mädchen.
    Er umrundet den Tisch, tritt aufs untere Ende ihrer Matratze und stellt sich über sie. Sie zieht die Knie hoch, bringt sie aber nicht ganz unters Kinn. Dann macht er seinen Hosenschlitz auf und holt seine Genitalien heraus. Sie sehen aus wie ein Bouquet erschlaffter Geburtstagsballons.
    Nimm ihn in den Mund, fordert er. Mach ihn groß.
    Schluss jetzt. Das meine ich ernst, Abraham. Steck ihn sofort weg.
    Komm schon, Sarah Mary. Hier sind alle auf Familie aus. Die Mädels wollen nur ein Nest bauen. Aber ein Mann möchte doch auch mal zum Schuss kommen und nicht ständig bloß Kriecher abmurksen. Was willst du? Ich geb dir alles. Pillen? Schnaps? Tu mir den Gefallen. Nur einmal. Nimm ihn einfach ein bisschen in den Mund.
    Schluss, hab ich gesagt. Ich steh nicht auf diesen Schwachsinn. Das is kein Spiel.
    Durch den sich lichtenden Nebel in ihrem Kopf bemerkt sie, wie er zwei Schritte auf sie zumacht, bis sein Unterleib so knapp vor ihr ist, dass ihr sein schwerer Mief in die Nase dringt.
    Aber du bist so schön, brabbelt er. Ich will doch nur ein bisschen in dir abspritzen.
    Jetzt reicht’s.
    Sie ballt die Hand zur Faust und rammt sie ihm heftig in den Schritt. Es fühlt sich an, als würde sie in einen Beutel mit warmen Innereien boxen, und sie hört ein Klatschen, bevor er nach hinten sackt. Die Hose rutscht ihm bis zu den Knien nach unten, und er windet sich auf dem Boden.
    Doch schon wird sein Stöhnen zu einem Knurren, und er rappelt sich mit tomatenrotem Gesicht hoch. Seine Augen schimmern nass, er hat die Zähne aufeinandergebissen.
    Das hab ich nich gern gemacht, sagt sie. Komm schon, Abraham. Ich will mich doch hier mit allen vertragen. Vermassel mir nich alles.
    Er hört ihr gar nicht zu. Er drückt eine Hand auf sein Geschlechtsteil und schnappt sich mit der anderen das Gurkhamesser.
    Du kleine Fotze. Dir spalte ich den Schädel.
    Er holt aus, sie duckt sich und reißt die Hand hoch, um den Hieb abzuwehren, und die Klinge saust über ihren Kopf hinweg, doch gleichzeitig spürt sie etwas Eisiges an der Hand und bemerkt mit einem kurzen Blick, dass ihr das Messer den halben kleinen Finger abgetrennt hat. Blut quillt aus der Wunde, und ihre Hand ist auf einmal ganz glitschig.
    Noch fühlt sie keinen Schmerz, nur Kälte – aber sie weiß, dass er bald kommen wird, und deswegen muss sie sofort handeln, wenn sie was erreichen will.
    Sie steht jetzt mit dem Rücken zum Fenster, und Abraham stürmt wieder auf sie los, doch als er ausholt, zucken ihre Hände blitzschnell hoch, packen ihn und drehen ihm den Arm nach hinten, bis er mit dem Gesicht nach unten hinstürzt. Im nächsten Moment stampft sie mit dem Fuß auf seinen Ellbogen und hört das knirschende Splittern

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