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Nach Dem Sommer

Nach Dem Sommer

Titel: Nach Dem Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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durchgehen; doch als meine Lippen sich leicht öffneten, seufzte er und zog sich zurück. »Du kommst meinetwegen noch zu spät zur Schule.«
    Ich grinste. Ich hätte Bäume ausreißen können vor lauter Freude. »Um drei bist du aber wieder da, oder?«
    »Nichts kann mich davon abhalten.«
    Ich sah ihm hinterher, als er vom Parkplatz fuhr. Missmutig dachte ich an den endlos langen Schultag, der vor mir lag.
    Ein Schulhefter klatschte gegen meinen Arm. »Wer war denn das?!«
    Ich drehte mich zu Rachel um und versuchte, mir etwas Einfacheres auszudenken als die Wahrheit. »Ach, der hat mich mitgenommen.«
    Rachel fragte nicht weiter nach, sie war mit den Gedanken schon wieder woanders. Resolut nahm sie mich beim Ellbogen und schob mich auf die Schule zu. Bestimmt, ganz bestimmt wartete im Jenseits eine Belohnung auf mich, weil ich an einem so wunderbaren Tag, an dem noch dazu Sam in meinem Auto wartete, in die Schule ging.
    Rachel zerrte an meinem Arm, damit ich ihr zuhörte. »Grace. Konzentrier dich mal einen Moment. Gestern ist ein Wolf hier gewesen. Auf dem Parkplatz. Echt jetzt, alle haben ihn gesehen, als die Schule aus war.«
    »Was?« Über die Schulter blickte ich zurück auf den Parkplatz und stellte mir einen Wolf zwischen den ganzen Autos vor. Die paar Kiefern am Rand gehörten noch nicht zum Boundary Wood; der Wolf hätte zuerst durch mehrere Straßen und Gärten gemusst, um hierherzukommen. »Wie sah er aus?«
    Rachel sah mich skeptisch an. »Der Wolf?«
    Ich nickte.
    »Na, wie ein Wolf halt. Grau.« Auf meinen vernichtenden Blick hin zuckte sie mit den Schultern. »Keine Ahnung, Grace. Blaugrau? Mit ein paar fiesen, ekligen Kratzern an der Schulter. Wirkte ziemlich heruntergekommen.«
    Jack. Er musste es gewesen sein. »Hier ist doch sicher das absolute Chaos ausgebrochen, oder?«, erkundigte ich mich.
    »Aber hallo, du hättest echt dabei sein sollen, Die-mit-dem-Wolf-tanzt. Im Ernst. Gott sei Dank ist niemand verletzt worden, aber Olivia ist total ausgeflippt. Die ganze Schule ist ausgeflippt. Isabel war komplett hysterisch und hat eine Riesenszene gemacht.« Rachel drückte meinen Arm. »Warum bist du eigentlich nicht ans Handy gegangen?«
    Wir betraten die Schule, deren Türen offen standen und die milde Luft hereinließen. »Mein Akku war leer.«
    Rachel verdrehte die Augen und sprach lauter, um das Getöse der anderen Schüler zu übertönen. »Und warst du krank, oder was? Ich hätte nie gedacht, dass ich auf meine alten Tage noch mal erlebe, wie du in der Schule fehlst. Du nicht da und auf dem Parkplatz wilde Tiere - ich dachte schon, die Welt geht unter. Fehlten nur noch die apokalyptischen Reiter.«
    »Ich glaub, mich hat so ein Vierundzwanzig-Stunden-Virus erwischt«, antwortete ich.
    »Uääh, dann bleib mir bloß vom Leib!« Doch anstatt einen Satz zurück zu machen, rammte Rachel mich nur grinsend in die Seite. Lachend schubste ich zurück und dann sah ich Isabel Culpeper. Mein Lächeln erstarb. Die Schultern hochgezogen, stand sie neben einem der Trinkbrunnen. Zuerst dachte ich, sie lese eine SMS oder so, aber bei näherem Hinsehen fiel mir auf, dass sie nichts in der Hand hatte und einfach auf den Boden starrte. Wenn sie nicht so eine Eisprinzessin gewesen wäre, hätte ich fast gesagt, dass sie weinte. Ich überlegte, ob ich wohl mal mit ihr reden sollte.
    Als könnte sie meine Gedanken lesen, sah Isabel genau in diesem Moment auf und ich blickte ihr in die Augen, die denen von Jack so ähnelten. Was gibt's denn hier so blöd zu glotzen ?, schienen sie herausfordernd zu fragen.
    Schnell sah ich weg und ging zusammen mit Rachel weiter, aber ich hatte das unangenehme Gefühl, dass zwischen uns noch nicht alles gesagt war.

  Kapitel 20 - Sam (4°C)
    I n dieser Nacht lag ich schlaflos in Grace' Bett, der Gedanke daran, dass Jack an der Schule aufgetaucht war, ließ mich nicht zur Ruhe kommen. Ich starrte hinaus in die Dunkelheit, in der nur ihr Haar einen zarten Lichthof um ihren Kopf auf dem Kissen bildete. Ich dachte an die Wölfe, die sich nicht wie Wölfe benahmen. Und mir fiel Christa Bohlmann ein.
    Es war Jahre her, dass ich an Christa gedacht hatte, aber als Grace mir mit besorgtem Gesicht von Jacks Besuch an der Schule erzählt hatte, waren die Erinnerungen zurückgekommen.
    Ich dachte an den Tag, an dem ich sie zum letzten Mal gesehen hatte. Christa und Beck hatten sich gestritten - in der Küche, im Wohnzimmer, im Flur, dann wieder in der Küche, sie knurrten einander an wie

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