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Nach Norden, Strolch

Nach Norden, Strolch

Titel: Nach Norden, Strolch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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in das Gesicht der Frau blickte, das totenblaß war - mit dunkelumränderten Augen und einer Nase von grotesker Größe. Brillanten leuchteten an ihren Ohren, von ihren Handgelenken und der schwarzen Bluse. Sie ging weiter und verschwand. Dann hörte Oktober den Mann an ihrer Seite vernehmlich seufzen.
    »Die Königin Elfrieda! Hast du sie gesehen? Elfrieda! Heiliger Strohsack … Elfrieda, hier!«
    »Elfrieda? Heißt sie so?«
    Er schüttelte den Kopf. Seine Augen starrten noch immer auf die drei Baumgruppen, hinter denen sie verschwunden war. Er war ein komisches Bild des Erstaunens.
    »Na, das ist aber doch unglaublich! Elfrieda … Das nenne ich Sportgeist! So spielt sie den Spürhund … genauso jagt sie, nimmt alles von der Steinmauer bis zum Graben. Sie ist immer auf dem Platz, wenn’s um Kopf und Kragen geht - immer! Mein Gott! Elfrieda!«
    »Heißt sie denn Elfrieda?« Oktober war ein wenig ungeduldig »Nein - Loamer - Lady Georgina Loamer. Ihr Vater war der Marquis von Dealford … komischer alter Teufel, ewig pleite.« »Kennst du sie denn?« Sie war erstaunt.
    »Nur so vom Grüßen: ›Guten Morgen, Mylady. Ich hoffe, Euer Gnaden befinden sich wohl‹ - so auf die Art. Wir stehen nicht« - er lachte leise in sich hinein - »auf gutem Fuß miteinander. Sie wohnt auf dieser Farm. Du kannst da keinesfalls hingehen.«
    »Ich kann nicht hingehen, weil ich nicht hingehen will«, stellte Oktober richtig. »Ich gehe nach … Prescott war es doch, nicht war? Was hast du in Prescott vor?«
    »Nicht viel.«
    Er sah sie verdrießlich an. Sie spürte, daß sie plötzlich für ihn zu einer Sorge geworden war.
    »Auf jeden Fall weigere ich mich, zurückzugehen.« Sie sprach ihre Meinung sehr entschieden aus.
    »Ich kann mich jetzt an die Trauung erinnern … sehr unbestimmt«, sagte er. »Ich dachte, es sei ein Teil meines Deliriums oder wie du es nennen willst. Kann mich daran erinnern - aber sehr undeutlich.«
    Kurz nach diesen Worten bettete er sein Gesicht auf seinen Arm und schlief ein. Oktober nahm Inventur des Proviants auf. Es waren noch zwei sehr trockene Kekse, eine kleine Schachtel Brezeln, drei Tafeln Schokolade und ein Stückchen Torte da, das letztere sorgfältig in Seidenpapier eingewickelt. Jedenfalls würden sie zunächst nicht verhungern. Außer der Thermosflasche war eine flache Militärfeldflasche vorhanden, die Robin, kurz bevor sie aus der Schlucht geklettert waren, neu gefüllt hatte.
    Sie saß geduldig mit gefalteten Händen. Jetzt war sie an der Reihe, Wache zu halten. Sie empfand ihre Wache als etwas Wichtiges. Ab und zu blickte sie durch die Farne, sah aber nichts. Die Sonne sank. Myriaden winziger Mücken begannen in großen Wolken unter jedem Baum ihren Tanz. Sie hörte das deutliche Klopfen des Buntspechts.
    »Wieviel Uhr ist es?« Sie hatte nicht gemerkt, daß Robin wieder wach war.
    »Ungefähr sieben - bist du nicht hungrig?«
    Er setzte sich aufrecht und rieb sich heftig das Gesicht.
    »Ich bin am Verhungern«, antwortete er, und sie aßen zusammen sparsam zu Nacht. Nachdem sie den übriggebliebenen Proviant wieder eingepackt hatten, sprach er mit ihr sein Programm durch. Sie wollten noch vor Einbruch der völligen Dunkelheit aufbrechen und den südlichen Teil des Jagdreviers aufsuchen. Er vermutete in dieser Richtung eine Fernstraße. Auch mußte sich nicht weit davon eine Eisenbahn befinden. Sie hatten in der Tat während des Nachmittags das heisere Pfeifen einer Lokomotive in ziemlicher Entfernung vernommen. Das Schwierigste würden die Brücken sein, meinte er. Wenn sie auf einen größeren Fluß stoßen sollten, so müßten sie den entlanggehen oder irgendeine Möglichkeit finden, ihn zu durchqueren. Er schien in diesen Dingen bewandert zu sein, und anscheinend war er schon einigen unliebsamen Erlebnissen durch das vorsichtige Vermeiden von Brücken entgangen. Wenn er richtig kalkulierte, würden sie sich morgen früh halbwegs zwischen Ogdensburg und etwas, das er ›Liffly‹ nannte, befinden. Er sprach sehr bestimmt über ›Liffly‹. Zuerst dachte sie, es handle sich um ein Städtchen, aber anscheinend war ›Liffly‹ ein Mann, der sich dadurch ernährte, in riskanten Situationen Boote zu vermieten.
    »Er ist Ire«, erklärte er ernst. »Sein Bruder hat meinen Onkel angeschossen - leider nicht tödlich. Aber selbst sein schlechtes Schießen hat unsere guten Beziehungen nicht gestört. Sein anderer Name ist Mike.«
    Das alles erzählte er, während sie sich zum Aufbruch

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