Nachhilfe in Erster Liebe
»Katja gibt mir nur Nachhilfe«, wäre die Sache ja erledigt.
Als wir nebeneinander am Tisch mit den Getränken stehen und uns was einschenken, sagt Jan so, dass es sonst keiner hört: »Meine Kumpel glauben auch, wir sind zusammen, so wie deine Mädels.«
Ich nicke. »Nervt ziemlich.«
»Wenn sonst nix Wildes in ihrem Leben passiert«, meint Jan lässig.
»Dir ist das egal?«, frage ich ihn verwundert. Jan grinst mich verschmitzt an. »Gibt Schlimmeres. Hauptsache, wir wissen, dass nichts ist.«
Ein Kompliment hört sich anders an.
»Aber cool, dass du weiter dichthältst.«
»Hab ich ja versprochen.«
»Heißt bei vielen nichts.«
»Bin ich viele?«
Jan lacht. »Zum Glück nicht, eine Katja reicht.«
Mir reicht’s langsam auch, noch mehr so zweifelhafte Komplimente ertrage ich heute nicht.
»Ich glaube, ich gehe trotzdem heim. Die glotzen schon wieder«, fällt mir genervt auf.
»So wichtig, was sie denken? Ist doch dein Leben.«
Ja, das mir ziemlich außer Kontrolle geraten ist. Mathe ist dagegen total einfach. Da gibt es immer nur ein eindeutiges
Ergebnis. In meinem Leben gibt es überhaupt kein Ergebnis, und alles andere als eindeutig ist es auch, obwohl es für die anderen total eindeutig aussieht.
»Ich hab den Jungs ’ne Revanche am Kicker versprochen«, meint Jan entschuldigend. Ich nicke. »Was man versprochen hat …« Jan lächelt mich anerkennend an, dann geht er und lässt mich alleine stehen.
Als Junge hat man manchmal echt Vorteile. Jans Kumpel glauben zwar auch, dass zwischen ihm und mir was ist, aber sie reden nicht dauernd darüber, sondern ziehen einfach ihr Spiel durch. Wenn ich jetzt zu den Mädchen zurückgehe, werde ich doch wieder nur mit Fragen zu Jan und mir bombardiert, weil die Mädchen nichts spielen, nur reden. Tanzen tut auch noch niemand. Und mit meinem Talent zu sportlichen Katastrophen fange ich bestimmt nicht als Erste an. So gesehen bleibt mir gar nichts anderes übrig, als nach Hause zu gehen. Ich kann nicht kickern, ich will mich nicht zu Jan stellen, ich will mich nicht zu den Mädchen setzen, ich will nicht tanzen. Und vermutlich sind Patricia, Siri und Marie auch froh, wenn sie mich heute Nacht nicht ertragen müssen. Ich gehe zu Marie und sage ihr das. »Ist vielleicht besser, nach dem, was gelaufen ist«, meint sie.
»Ich bin trotzdem nicht mit Jan zusammen«, sage ich zum was weiß ich wievielten Mal.
»Sieht aber wirklich so aus. Gönnen würd ich’s dir.«
Das verblüfft mich nun wirklich. »Und Siri?«
Marie grinst mich an. »Wir kennen Siri. Die wird garantiert mal Schauspielerin. Oder kennst du sonst jemand, der immer so theatralisch ist?« Weil Marie gar nicht so unrecht
hat, muss ich auch grinsen. »Du meinst, die ist gar nicht richtig in Jan verliebt?«
»Siri ist bloß eifersüchtig, weil Jan dich und mich beachtet, und nicht sie. Einzelkind eben. Also mach dir keine Sorgen.«
Jetzt wünsche ich mir Marie wirklich als beste Freundin, so gut tut sie mir gerade. Ich umarme sie spontan dafür, gehe dann aber doch nach Hause.
»Wieso bist du wieder da?«, begrüßt mich meine Mutter misstrauisch.
»Keine Lust mehr.«
Glaubt sie mir natürlich nicht. Macht mir aber auch schon nichts mehr aus, denn mittlerweile bin ich ja schon gewöhnt, dass mir niemand mehr glaubt.
Ich lege mich sofort ins Bett, um in Ruhe nachzudenken, was heute wieder Neues passiert ist:
Alle halten es für möglich, dass Jan mit mir zusammen ist.
Marie sagt, Siri ist nicht verliebt in Jan. Ich nehme ihn ihr also nicht weg.
Jan hat mich umarmt und es hat sich so sehr nach mehr angefühlt.
Eigentlich ist meine Lage gar nicht so katastrophal. Ich kuschle mich ins Bett, um besser an Jan zu denken, mich an seine Umarmung zu erinnern, wie ich seine Haare im Gesicht gespürt habe, wie er so gut gerochen hat, wie er mich in seinen Armen gehalten hat …
Dann muss ich eingeschlafen sein, denn als mich meine Mutter am Sonntag zum Frühstück weckt, halte ich meinen alten Plüschbären fest im Arm.
»Wenn dich dein Teddy immer noch mehr interessiert als Jungs, ist mir klar, dass dir auf der Party gestern langweilig war«, grinst meine Mutter.
Manchmal kommt es wirklich noch peinlicher, als man für möglich hält.
18. Kapitel
A m Montag gehe ich mit einem mulmigen Gefühl in die Schule, wie ich es sonst nur vor Klassenarbeiten kenne, auf die ich schlecht vorbereitet bin. Wir schreiben heute zwar keine Klassenarbeit, aber vorbereitet auf das, was kommt, bin ich
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