Nachhilfe in Erster Liebe
habe einen Freund. Einen richtigen echten festen Freund!
Auch wenn er sich das nicht fragt, ich frage mich das umso mehr: Wer sollte das denn bitte freiwillig sein? Wieso kann
Jan überhaupt annehmen, dass sich jemand so für mich interessiert, dass er mit mir gehen wollen würde?
Und dann denke ich weiter und denke das eigentlich absolut Unmögliche. Nämlich, wenn Jan mich nach meinem »Freund« fragt und mir gleichzeitig sagt, er hätte keine Chance gegen den, dann heißt das doch, Jan interessiert sich selbst für mich?
Und das kann ja absolut gar nie überhaupt nicht never ever und so was von null sein, dass ich wirklich nichts mehr kapiere.
Jan sieht mich ganz seltsam an. Kein Wunder. Ich muss ja auch so dämlich aussehen wie noch nie – und das will echt was heißen –, wenn man das, was gerade in meinem Kopf vorgeht, auch außen so sieht.
»Okay, du willst nicht drüber reden«, zuckt Jan seine Schultern.
Was heißt nicht wollen? Nicht können!
Denn zurückzufragen »Meinen Freund?« kann ich ja nicht, weil ich gar nicht glauben kann, dass er das wirklich gesagt, und vor allem nicht, dass er das auch gemeint hat.
»Dann sei wenigstens so fair und sag mir eins: Hätte ich vor zwei Wochen noch Chancen gehabt oder stehst du überhaupt mehr auf Ältere?«
Ich stehe nicht auf Ältere, sondern auf dem Schlauch!
Und habe das Gefühl, dass Teile von dem, was Jan alles in den letzten Minuten zu mir gesagt haben muss, irgendwo auf ihrem Weg zwischen meinem Ohr und meiner Hirnzentrale stecken geblieben sein müssen. Ich denke darüber nach, entweder zu meinem Vater zum Hörtest zu gehen oder mich ins
Krankenhaus einliefern zu lassen, weil mein Hirn schon von einem bösartigen Liebesvirus zerstört worden sein muss, oder doch endlich den Mund aufzumachen. Mal sehen, ob der im Gegensatz zu meinen anderen Sinnesorganen überhaupt noch funktioniert:
»Ältere?«
Ein Wort klappt zumindest schon mal. Man fängt ja immer klein an, heißt es doch.
»Sah so aus. Auto fährt er ja auch schon«, verteidigt Jan seine Behauptung, ich stehe auf ältere Typen.
»Du kennst aber schon meinen Vater?«, frage ich ihn schief grinsend, weil ich mir sonst keinen autofahrenden Mann in meinem Leben vorstellen kann.
Jan wirkt jetzt wieder richtig genervt, als er zurückgibt: »Dir macht’s grad Spaß, mich zu verarschen? Okay, ich find’s aber gar nicht witzig.«
»Ich bin auch nicht witzig! Und wer verarscht hier wen?«, gebe ich genervt zurück. Was Jan kann, kann ich auch.
»Älterer Freund«, sage ich noch abfällig und tippe mir dabei an die Stirn.
»Ich weiß, was ich gesehen hab«, sagt Jan mit zusammengepressten Lippen. »Dabei hast du vorhin noch gesagt, du willst nicht mehr lügen. Dann gib es wenigstens zu. Ich hab euch beide doch gesehen. Ihr habt ja sogar noch so übel gelacht über mich.«
Während mir jetzt endlich dämmert, wen und was Jan meinen könnte, meint er noch verletzt: »Hab ich vielleicht über dich gelacht, als du mit meinem Waveboard hingefallen bist?«
»Nein. Aber du hast wütend gesagt: ›Vergreif dich nicht noch mal an meinem Waveboard‹«, ahme ich Jans verärgerten Tonfall von damals nach. »War auch nicht besser.«
Ich hoffe, Jan fällt jetzt nicht auf, dass ich mich Monate später immer noch ganz genau daran erinnern kann, was er damals zu mir gesagt hat. Aber Jan denkt zum Glück über etwas ganz anderes nach. »Dann leugnest du nicht mehr, dass es so war und ihr mich gesehen habt?«
»Ich hab gar nicht richtig über dich gelacht. Bloß Patrick hat gelacht.«
»Patrick also«, nickt Jan.
»Ich hab nur ein bisschen gelacht, weil ich so froh war, dass so was Blödes nicht immer nur mir passiert. Also nicht, dass du blöd wärst, das wollte ich damit nicht sagen …«, stammle ich und habe das Gefühl, es mal wieder nur noch schlimmer zu machen, wenn ich rede. Deshalb sage ich dann wieder mal lieber nichts.
Jan nickt nachdenklich. »Blöd war ich schon. Wer will auch einen mit Waveboard, wenn er einen mit Auto kriegen kann?« Dann dreht sich Jan um und sieht aus, als wenn er gehen wollen würde.
»Viel Spaß noch mit Patrick«, sagt er und geht wirklich.
Und auf einmal funktioniert mein Hirn wieder. Ich kann in Bruchteilen von Sekunden total viel denken. Dafür funktioniert mein Herz nicht mehr, weil es irre wilde Sprünge macht und ich bestimmt gleich kollabiere. Bevor es allerdings so weit ist, denke ich immerhin, dass Jans ganzer Auftritt hier und was er wegen älterem
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