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Manchester geschickt hätte.
Wochenlang machte die Sache Schlagzeilen. Bishop wurde immer wieder verhört. Da er aber ein schlechtes Gedächtnis hatte, verwechselte er oft die Daten, und der Ablauf bestimmter Verbrechen blieb unklar. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung fand die Polizei Überreste von so vielen menschlichen Leichen, dass eine eindeutige Identifizierung nicht immer möglich war.
Am 7. Juli befestigte Madeline eine Wäscheleine am Deckenbalken ihrer Wohnung.
Die Sache musste ein Ende haben.
Mit einem Rest Whisky schluckte sie sämtliche Medikamente, die sie zur Hand hatte, vor allem Schlafmittel und Angstlöser. Dann stieg sie auf einen Stuhl und knüpfte eine Schlinge in das Seil, legte sie um ihren Hals und zog sie zu.
Die Sache musste ein Ende haben.
Seit einem Monat quälten sie Horrorvisionen. Unerträgliche Bilder, die sie um den Schlaf brachten. Bilder der Gräuel, die Alice durchgemacht hatte.
Die Sache musste ein Ende haben.
Die Sache musste ein Ende haben.
Also sprang sie.
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Kapitel 17
Die schwarze Orchidee
Allein!!! Ich bin immer allein!
Marilyn Monroe
San Francisco
Montagmorgen
Der Tag brach über Telegraph Hill an. Die ersten Sonnenstrahlen spiegelten sich im Chrom des Kühlschranks und erhellten die dämmrige Küche. Geblendet fuhr sich Jonathan mit der Hand übers Gesicht.
Schon Morgen …
Erschöpft von der schlaflosen Nacht, die er vor dem Computer verbracht hatte, rieb er seine Augen. Sie brannten, seine Ohren summten, und sein Kopf war voller grässlicher Bilder.
Mühsam erhob er sich, um die Kaffeemaschine einzuschalten, blieb dann aber wie ein halb k.o. geschlagener Boxer mit leeren Augen stehen. Er fröstelte. Das Phantom von Alice, begleitet von Madelines Schatten, schwebte noch im Raum. In seinem Kopf wirbelte alles durcheinander: die mörderische Bestialität des Schlächters von Liverpool, das Elend in Cheatam Bridge, das zerstörerische Crack, der zwiespältige Charakter von Danny Doyle, Blut, Tränen, Tod … Trotz seines Abscheus hatte er im Grunde nur einen Wunsch: sich wieder an den Computer zu setzen und die wenigen, noch ungeöffneten Dokumente zu studieren. Aber Charly würde bald aufstehen, und bevor er ihm Frühstück machte, musste er unbedingt duschen, um sich von diesem Wahnsinn reinzuwaschen. Er blieb lange unter dem heißen Wasserstrahl stehen, seifte sich ein und scheuerte seine Haut, bis sie sich fast schälte, um sich von den albtraumartigen Bildern zu befreien. Quälende Fragen drängten sich ihm auf. Welchem Grauen hatte Bishop das arme Mädchen ausgesetzt, bevor er es umgebracht hatte? Hatte Madeline Danny wiedergetroffen, und vor allem, wie war aus der verbissenen Polizistin von Manchester eine nette Pariser Floristin geworden?
Paris, 16. Arrondissement
10 Uhr morgens
Madeline stellte ihr Motorrad auf dem für Zweiräder vorgesehenen Parkplatz an der Avenue Victor-Hugo ab. Sie nahm den Helm ab, schüttelte ihr Haar aus und öffnete die Tür zum Aiglon , einem kleinen, eher volkstümlichen Bistro, das nicht so recht in dieses schicke Viertel passte. Sie setzte sich an den ersten Tisch direkt neben dem Fenster. Von hier aus hatte sie einen ausgezeichneten Blick auf das Café Fanfan – so hieß George LaTulips Restaurant –, dessen nobles Aushängeschild auf der anderen Straßenseite prangte. Sie bestellte einen Tee und ein Croissant, zog ihren Laptop aus dem Rucksack und …
Was habe ich hier zu suchen?
Diese ganz offensichtlich von ihrer anderen Gehirnhälfte gestellte Frage brachte sie aus der Fassung. Warum verließ sie die ruhigen Bahnen ihres neuen Lebens? Ihr Platz war in ihrem Geschäft bei Takumi und ihren Kunden, nicht auf diesem Observierungsposten, um einen Mann auszuspionieren, den sie gar nicht kannte.
Du bist nicht mehr bei der Polizei, meine Liebe! Du bist nicht mehr bei der Polizei, redete sie sich immer wieder ein. Aber konnte man sich von einem Beruf wie diesem jemals befreien?
Sie beschloss, für einige Minuten die vernünftige Seite ihrer Persönlichkeit auszuschalten. Sie zog den Artikel aus der Tasche, den sie in der Boulevardpresse über George und Francesca gefunden hatte.
Streng deine grauen Zellen an! , befahl sie sich selbst und entfaltete ihn auf dem Tisch.
Wieder sah sie sich die Fotos an, unfehlbare Beweise für Francescas Ehebruch. Irgendetwas stimmte an der Sache nicht. Sie wirkten zu künstlerisch. Als ehemaliges Mannequin
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