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Nachricht von dir

Nachricht von dir

Titel: Nachricht von dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillaume Musso
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seufzte.
    »Es ist Silvester, verdammt noch mal! Die Leute feiern, und ich habe Riesenmengen Stoff zu liefern. Komm morgen wieder.«
    »Nein, es muss heute Abend sein!«
    »Heute Abend, das geht nicht. Ich muss ein Maximum an Koks in einem Minimum an Zeit verteilen.«
    »Denk daran, dass ich dir geholfen habe, als du im Dreck gesteckt hast …«
    »Und wer gleicht meinen Gewinnausfall aus?«
    »Sag mir, wie viel du brauchst.«
    »Ich helfe dir, und du kaufst mir für viertausend Euro Stoff ab. Dazu kommen dreitausend für die Knarre.«
    »Okay«, erwiderte ich unvorsichtigerweise. »Du hast nichts gegen Dollar, denke ich.«
    Vor meiner Abreise aus New York hatte ich meinen Safe geleert und hatte jetzt mehr als zehntausend Dollar in bar in der Tasche.
    »Gib mir eine Stunde Zeit«, verkündete er. »Du kannst hier auf mich warten. Leg dich hin, du siehst beschissen aus.«
    Ich folgte seinem Rat und sank auf sein Sofa. Auf dem Couchtisch stand eine angebrochene Cognacflasche. Ich schenkte mir ein Glas ein und ein zweites, dann schlief ich ein.
    Gegen acht Uhr kam Salveyre zurück.
    »Ich hab genommen, was ich kriegen konnte«, sagte er und hielt mir einen verchromten Revolver mit schwarzem Griff hin.
    Er war kompakt und schwer. Mit fünf Patronen war die Trommel voll.
    »Es ist eine Smith & Wesson, Modell 60, Kaliber 38 spezial.«
    Diese Information ging bei mir zum einen Ohr rein, zum anderen wieder raus.
    Ich gab ihm das Geld, und er überreichte mir einen Plastikbeutel mit Zippverschluss, der etwa zwanzig Tütchen Koks enthielt. Ich überlegte kurz, ob ich ihm das Päckchen dalassen sollte, beschloss aber dann, es mitzunehmen und später zu entsorgen.
    So wird wenigstens niemand das Zeug konsumieren , rechtfertigte ich mich.
    Ich weiß, ich bin bisweilen naiv …
     
     
     
     
    20 Uhr
     
    Ich verstaute die Knarre und das Koks im Handschuhfach und machte mich auf den Rückweg zum Hotel. Nicht nötig, das Navi einzuschalten: A 1, Ausfahrt Porte de la Chapelle …
    Mist!
    Ich hatte eine Abzweigung verpasst. Plötzlich war ich mir nicht mehr sicher, wie die Straße hieß. Zwischen Porte de Clignancourt und Porte de Clichy geriet ich auf die berüchtigten Boulevards des Maréchaux.
    Die Gegend war wenig vertrauenerweckend. Im fahlen Licht der Reklametafeln stand eine Gruppe von Prostituierten und warb um Kundschaft. Einige Wagen hielten kurz an: Die Seitenfenster wurden heruntergelassen, die Männer verhandelten den Preis für einen Quicky oder einen Blowjob und fuhren mit dem Mädchen davon, oder auch nicht. Die Ampel vor mir war auf Rot umgesprungen. Ich musste ungewollt vor einem Wartehäuschen halten. Ein Mädchen slawischen Typs – kurzer Rock, hohe Lederstiefel – klopfte an meine Scheibe und bot mir ihre Dienste an. Ich versuchte zunächst, sie zu ignorieren, doch sie vollführte eine Art Mini-Choreographie à la Moulin-Rouge. Ihr Blick war dabei traurig und leer. Sie tat mir irgendwie leid, und so ließ ich mein Fenster herunter, um ihr wenigstens ein Kompliment zu ihrem Tanz zu machen.
    Ich weiß, ich bin naiv …
     
     
    Zwei Polizeiwagen kamen angerast und blieben zwanzig Meter hinter mir stehen. Innerhalb von knapp drei Sekunden vibrierte die Straße im Rhythmus von Sirenen und Blaulicht. Die Bullen hatten ihre Armbinden angelegt, fest entschlossen, in dieser Silvesternacht die Mädchen mit aufs Revier zu nehmen und die Identität der Kunden zu überprüfen.
    Während ich eilig das Fenster wieder schloss, riss jemand die Wagentür auf und nahm auf dem Beifahrersitz Platz.
    »Sofort losfahren, sonst werden Sie eingebuchtet!«, rief sie.
    Ein junges Mädchen, etwa fünfzehn Jahre alt.
    Eine Prostituierte? In diesem Alter?
    »Los, verdammt!«
    In welches Wespennest war ich da geraten? Ich hatte bestimmt zwei Promille Alkohol im Blut, eine Knarre und ein Päckchen Koks im Handschuhfach und ein minderjähriges Mädchen neben mir sitzen.
    Ich würde im Gefängnis landen und lange darin bleiben.
    Ich wartete nicht mal, dass die Ampel auf Grün umschaltete, und bog an der nächsten Kreuzung ab.


    Kapitel 19 **
     
     
    Ich raste über die Avenue de la Porte-de-Saint-Ouen und tauchte im dichten Verkehr des Périphérique unter.
    »Was ist das für ein Spielchen?«, fragte ich meine Mitfahrerin.
    »Just wanna escape these fucking cops«, erwiderte sie mit einem undefinierbaren englischen Akzent.
    Ich schaltete die Deckenbeleuchtung ein, um sie genauer anzusehen. Sie musste um die fünfzehn sein, war

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