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Nachsuche

Nachsuche

Titel: Nachsuche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kuhn Kuhn
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wie es heißt, in der Wohnung keine anderen Fingerabdrücke außer denen von Berti gefunden. Bis auf die, die abgewischt worden sind. Kann das die Putzfrau gemacht haben? Ohne sonst auch nur die kleinste Spur zu hinterlassen? Kaum. Außer sie hätte von vornherein böse Absichten gehabt. Die Putzfrau? Die Putzfrau. Gedankenverloren bleibt er an dem Wort hängen und weiß nicht, wieso. Dann klingelt es plötzlich. Da gibt es doch eine Putzfrau in dem Fall, und zwar beim Ehepaar Walter in Zürich. Die mit den Buddhas. Eine Chinesin. Wie hieß sie doch gleich? Shishi Tade.
    Er springt auf, bezahlt seinen Espresso an der Theke, wirft sich ins Auto. Alles erscheint ihm besser als diese Untätigkeit. Er telefoniert von unterwegs wegen Adresse und Telefonnummer. Mit ihrem Namen ist sie nicht schwer zu finden. Er ruft sie an, erkundigt sich, ob sie etwas dagegen hätte, ihm ein paar Fragen zu beantworten.

    Auf sein Läuten öffnet eine junge, hübsche, aber farblose Chinesin, die Augen in schmalen Schlitzen, schwarzes sprödes Haar um ein flaches Gesicht mit platt gedrückter Nase.
    Sie bittet ihn zum Tee, der schon bereitsteht. Während sie einschenkt, erzählt sie, dass sie Kunstgeschichte studiere.
    Er sieht sie erstaunt an. Sie bemerkt seinen Blick und lacht ein wenig unsicher.
    Als Putzfrau, sagt sie, arbeite sie nur, um Geld zu verdienen. »Für die Eltern zu Hause in China.«
    Noldi lobt ihre Deutschkenntnisse.
    Wieder lacht sie. »Ich kann auch Züridütsch«, sagt sie. Es klingt fast echt.
    »Kompliment. Sie sind also schon lange hier.«
    »Ja«, antwortet Shishi. »Ich bin mit fünfzehn gekommen. In ein Internat. Keines für Prinzessinnen und Diplomatentöchter, sondern billiger. Das war so: Mit vierzehn habe ich in der Schule Probleme gemacht. Ich bin plötzlich fromm geworden, Buddhistin. Aber Religion war damals gefährlich. Meine Eltern hatten große Angst und schafften mich mit Hilfe von irgendwelchen Freunden ins Ausland, in die Schweiz.«
    »Und Sie sind geblieben?«, sagt Noldi fragend.
    »Ja, bin geblieben. Jedes Jahr reise ich in die Sommerferien nach China und besuche meine Eltern.«
    Noldi schneidet ein neues Thema an.
    »Frau Walter sagte, sie hätte Ihnen drei Buddha-Statuen überlassen.«
    »Ha, überlassen«, sagt Shishi, »abgekauft habe ich sie ihr.«
    »Gekauft?«, echot Noldi.
    »Frau Walter«, erklärt Shishi geduldig, »hat ihr eigenes Bild von der Welt. Das ändert sich manchmal, stimmt aber nicht mit Wirklichkeit überein. Sonst ist sie ein guter Mensch. Hat nicht viel verlangt. Immerhin siebenhundert Franken. Es sind schöne Statuen, wenn auch nicht so kostbar. Ich wollte unbedingt ein besonderes Geschenk für meinen Vater mitbringen. Er ist ebenfalls Buddhist aber immer vorsichtig. Nie nach außen, so wie ich in meiner Jugend. Die Zeiten haben sich inzwischen geändert. Heute ist es nicht mehr gefährlich, einen Buddha im Haus zu haben. Das interessiert keinen. Alle wollen nur Geld verdienen.«
    Nach einer kurzen Pause setzt sie noch hinzu: »Großes Geld. Ist eigentlich das Einzige, was noch interessiert.«
    »Wie viele Statuen haben Sie Frau Walter abgekauft?«
    »Drei«, antwortet Shishi und zählt an den Fingern ab: »Eine für meinen Vater, eine für Kevin und eine für mich.«
    Noldi horcht auf. »Kevin?«
    Sie bemerkt sein Interesse nicht, sagt: »Meinen Verlobten, Kevin Pfähler.«
    Noldi sträuben sich die Nackenhaare.
    »Sie kennen Kevin Pfähler?«
    »Ja«, antwortet sie, »er war mein Freund.«
    »Und jetzt?«, erkundigt sich Noldi gespannt.
    »Jetzt«, seufzt sie, »ist er mit Schweizerin verheiratet.«
    Ah, denkt er, wenn er ihren Gesichtsausdruck richtig deutet, eine unglückliche Liebesgeschichte.
    »Erzählen Sie«, sagt er hoffnungsvoll.
    Doch zwischen ihren dünnen Augenbrauen zeigen sich zwei Falten. Sie mustert ihn misstrauisch.
    »Wieso fragen Sie?«
    Wohl oder übel muss Noldi ihr erklären, dass Kevin mit einem Fall zu tun hat, in dem er gerade ermittelt.
    »Ist er verdächtig?«, fragt sie schnell und Noldi antwortet noch schneller: »Nein, nein, ganz bestimmt nicht.«
    Er will nicht, dass diese Quelle, die da so unverhofft zu sprudeln beginnt, gleich wieder versiegt. Und eines ist sicher, die Chinesin würde zuklappen wie eine Auster, wenn sie fürchten müsste, dem Mann zu schaden, den sie liebt.
    »Er ist möglicherweise ein Zeuge«, erklärt Noldi, schaut ihr treuherzig in die Augen, setzt noch einen darauf:
    »Er hat meinen elfjährigen Sohn einen

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