Nachsuche
er sich und bat sie, mit ihm auszugehen.
»Ja«, sagt sie seufzend, »so war es.«
Jetzt, denkt Noldi, muss er vorsichtig sein, um sie nicht gleich wieder misstrauisch zu machen. Ganz nebenbei bemerkt er: »Donnerwetter, nicht nur die Autos, auch die Computer hören auf ihn.«
Zu seiner Erleichterung trifft er den richtigen Ton.
»Ja«, sagt sie lebhaft, »genau so hat er immer gesagt. Alle Maschinen hören auf ihn.«
»Als wir befreundet waren, hat er sogar den Computer-Support für die Mönche übernommen. Gratis. Die waren ganz glücklich, ihn zu haben.«
»Toll«, sagt Noldi, »aber wie hat er das gemacht? Dazu muss man einiges können, stelle ich mir vor.«
Shishi kommt in Fahrt. »Oh, ja«, sagt sie, »das kann er. Er wollte Informatiker werden. Aber immer nur auf Tasten hämmern, war nichts für ihn. Er sagte, er wolle etwas mit seinen Händen machen. Er ist ein starker Mann, wissen Sie, der muss seine Kraft spüren. Deshalb hat er angefangen, Autos zu reparieren.«
Sie strahlt jetzt und ahnt nicht, welche Informationen sie Noldi gerade geliefert hat.
»Sie können sich nicht vorstellen«, fährt sie selig fort, »was er alles für die Mönche gemacht hat.«
Noldi hört ihr nicht zu. Von wegen, überlegt er, Kevin könne nicht mit Computern umgehen. Damit ist aber auch Kevins Alibi für den 10.11., als Berti starb, nicht mehr viel wert. Sozusagen gar nichts mehr.
Noldi ist nicht sonderlich überrascht, als er am nächsten Tag einen Anruf von Shishi Tade erhält. Irgendwie hat er sogar damit gerechnet. Und er weiß auch schon, was jetzt kommt.
»Frau Tade?« fragt er daher scheinheilig. »Was kann ich für Sie tun?«
»Ich muss mich entschuldigen«, sagt sie zögernd, »weil ich habe nicht ganze Wahrheit gesagt, das letzte Mal. Ich wollte niemand schaden.«
»Ja«, sagt Noldi, »ich verstehe. Und jetzt?«
»Jetzt ist es etwas anders. Ich habe mit Kevin gesprochen. Er hat mir erlaubt, Ihnen zu erzählen.«
»Was?«, fragt Noldi sanft.
Da hört er am anderen Ende einen Seufzer. Dann sagt sie mit nicht ganz sicherer Stimme: »Ich weiß nicht, wie sagen.«
»Sie wollen Ihrem Freund ein falsches Alibi geben?«
»Nein, nicht falsch«, sagt sie heftig.
»Das müssen Sie mir erklären, Frau Tade.«
»Wieso?«, fragt sie verblüfft.
»Weil es mich interessiert, wieso Sie damit erst jetzt herausrücken. Das hätten Sie schon bei meinem Besuch gestern erzählen können. Ist doch nichts Verbotenes, wenn Sie Ihren ehemaligen Verlobten treffen.«
Shishi räuspert sich.
Er wartet eine Weile, dann fragt er: »Wo haben Sie ihn wieder gesehen?«
Da hat sie wieder Boden unter den Füßen und legt los: »Ist einfach am Nachmittag vor der Tür gestanden. Hat geläutet und ich aufgemacht.«
»Wollte einmal sehen, wie es dir geht Tschitschi, sagt immer Tschitschi. Habe ihn eingeladen hereinzukommen, und wir sind gleich ins Bett. Nachher habe ich mich geschämt. Ich habe schlecht gehandelt. Er ist ein verheirateter Mann. Verstehen Sie endlich?«
Jetzt schreit sie fast.
Das ist echt, denkt Noldi verwirrt. Das kann man nicht spielen.
»Nein«, sagt er, doch dann hat er eine Eingebung.
Grob fährt er sie an: »Wie viel hat Kevin Pfähler Ihnen bezahlt, damit Sie mir diese Story erzählen?«
Shishi zieht die Luft scharf ein.
»Das dürfen Sie nicht, mich beleidigen!«, ruft sie entsetzt.
Noldi hat keine Ahnung, ob das bei ihr wirkt, aber er probiert es.
»Ich weiß, sagt er, Sie tun es für Ihre Familie. Aber wollen Sie wirklich einen Meineid schwören? Und schwören müssen Sie vor Gericht und machen sich strafbar.«
»Nichts Meineid«, sagt die junge Frau barsch, aber sie muss schlucken.
»Sie werden verurteilt und bringen Schande über Ihre Familie.«
Einen Moment lang schweigt Shishi, dann ereifert sie sich plötzlich: »Familie, Familie. Ist schuld. An allem. Familie, liegt auf mir wie ein Berg. Wegen Familie habe ich Kevin verloren und Sachen machen, die ich gar nicht will.«
Noldi stellt fest, dass ihr Deutsch schlechter wird.
Jetzt, denkt er, jetzt.
Doch es bleibt still. Nach einer Weile sagt sie kühl: »Es ist nicht anständig, wie Sie mit mir reden. Ich legen jetzt auf.«
Da hat er die Bescherung. Aber so schnell gibt er die Sache nicht verloren.
Kurz angebunden sagt er: »Wie Sie wünschen, Frau Tade. Dann muss ich Sie bitten, morgen auf den Polizeiposten Winterthur zu kommen. Wir werden Ihre Aussage protokollieren und Sie müssen unterschreiben.«
»Morgen«, entgegnet sie, »geht
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