Nachsuche
herum und kommt zu dem Schluss, dass er nichts erfahren hat, was dem Fall irgendeine Wendung geben könnte. Unterwegs überlegt er es sich anders. Er fährt nach Sirnach zu ›Kevins Blechparadies‹.
10. Alarm bei Feuerwerkern
Noldi wird von Pfähler begrüßt wie ein alter Bekannter. Daran ändert sich auch nichts, als er seinen Ausweis zeigt. Im Gegenteil. Kevin bietet ihm einen Sonderrabatt an, wenn er ihm seinen Wagen zur Reparatur brächte.
»Das ist Beamtenbestechung«, sagt Noldi.
»Aber, Herr Inspektor«, wehrt sich Kevin fröhlich. Dann sagt er: »Also, heraus mit der Sprache. Was fehlt Ihrem Auto?«
»Meinem Auto«, antwortet Noldi erheitert, »dem geht es gut. Ich bin hier wegen Berti Walter.«
»Da müssen Sie zu meiner Frau«, erklärt Kevin. »Sie ist befreundet mit ihr. Na ja, vielleicht nicht gerade befreundet. Sie kennen sich aus dem Krankenhaus.«
»Cori«, ruft er, »Cori, komm einmal!«
Kevin Pfähler ist klein aber gedrungen, mit breiten Schultern, einem kräftigen Brustkorb und muskulösen Armen, über denen sich die blaue Montur spannt. Seine blonden, fast gelben Haare beginnen sich zu lichten. Sie sind so fein, dass sie an den Flaum eines Kükens erinnern.
Möglicherweise hat er deshalb etwas Kindliches an sich, denkt Noldi.
Er schätzt ihn auf Mitte bis Ende dreißig. Trotz seiner derben Gesichtszüge ist er ein gut aussehender Mann. Doch die Frau, die jetzt auf sein Rufen in die Tür zur Werkstatt tritt, ist eine Schönheit, groß, kräftig, auch sie mit eher groben Gesichtszügen. Sie hat nichts Kokettes, Geziertes, nur eine strahlende Selbstsicherheit.
Dagegen, denkt Noldi, ist die kleine Menchuberta mit ihrem Stargehabe geradezu lächerlich, ein Nichts.
»Meine Frau Corinna«, erklärt Kevin Pfähler voll Stolz. »Sie spielt in der Operette Sirnach mit und feiert dort Triumphe.«
»Als stummes Stubenmädchen«, sagt sie trocken und schüttelt Noldi die Hand mit festem Druck.
»Es geht um Berti«, erklärt Kevin.
»Ja?«, sagt Corinna und hebt fragend die makellosen Brauen.
»Sie ist tot«, sagt Noldi.
»Ach!«, ruft Kevin aus, »deshalb hat sie ihr Auto nicht geholt. Ich habe mich schon gewundert.«
Corinna sagt nichts. Sie scheint nicht sehr betroffen.
Keine von der gesprächigen Sorte, schätzt Noldi. Hat sie auch nicht nötig bei dem Aussehen.
»Kann ich mir das Auto einmal ansehen?«, fragt er.
»Klar«, antwortet Kevin. »Es steht hinter der Garage.«
»Was haben Sie an dem Wagen gemacht?«, will Noldi wissen.
»Das Übliche«, erwidert Kevin grinsend, »Blech ausgebeult. Berti, das Parkwunder, hat wieder einmal einen Pfosten gerammt. Solche Sachen passieren alle paar Wochen. Sie ist keine schlechte Fahrerin, aber zum Parken bräuchte sie einen Rettungsring.«
Noldi schaut ihn verständnislos an.
»Er meint, um das Auto«, erklärt Corinna.
Dann lacht Kevin plötzlich los.
»Cori«, sagt er, »hat mir die Berti angeschleppt. Ich muss ihr alle diese Beulen fast gratis ausklopfen. Nur ein Glück, dass meine Frau sonst nicht so ist. Ganz im Gegenteil. Sie führt mir die Buchhaltung. Und seit sie das macht, geht es dem Geschäft blendend. Vorher hatte ich Mühe. Zahlen sind nicht mein Ding.«
Er schaut Noldi treuherzig an.
»Aber mit Autos kenne ich mich aus und die Autos kennen mich. Die fressen mir aus der Hand.« Er sieht stolz aus, als er das sagt. Corinna nimmt seine Hand und streichelt sie.
»Da ist es«, sagt Kevin und zeigt auf ein dunkelblaues Kabriolett, das bestimmt nicht billig war. Es hat hinten kein Kennzeichen.
»Ich habe es abmontiert«, erklärt Kevin auf Noldis Frage. »Musste das ganze Hinterteil erneuern. Schlüssel steckt«, fügt er hinzu, als Noldi sich dem Wagen nähert. Er reißt übertrieben zuvorkommend die Fahrertür auf.
»Bitte sehr, Herr Inspektor.«
Noldi steigt ein.
Das Auto ist leer, nichts im Handschuhfach und nichts in den Seitentaschen.
Komisch, denkt Noldi, dass sie alles ausräumt, wo sie mit den Leuten sozusagen befreundet ist und er sozusagen gratis für sie arbeitet. Oder stimmt das gar nicht? Gibt es nur keine Rechnungen für die Reparaturen? Hat vielleicht wie in der Wohnung ein anderer Ordnung gemacht? Wenn ja, wer? Kevin? Oder seine schöne Frau? Aber warum? Das würde bedeuten, überlegt Noldi, dass sie von Bertis Tod wissen.
Diese Möglichkeit muss er in ihrer ganzen Tragweite erst einmal verdauen.
Langsam steigt er aus dem Wagen.
»Und jetzt noch der Kofferraum«, sagt er, aber wie er bereits vermutet
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