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Nacht aus Rauch und Nebel

Nacht aus Rauch und Nebel

Titel: Nacht aus Rauch und Nebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ma2
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Dinge zu erledigen. Ich zog die Tür des Turmzimmers hinter mir zu und machte mich auf den Weg. Meine Schritte trugen mich direkt zu den Quartieren der Kämpfer. Jedoch war nicht mein eigenes Zimmer mein Ziel und auch nicht das von Marian. Stattdessen steuerte ich auf eine andere Tür zu, ebenfalls aus dunklem Holz, schmucklos und einfach, wie alle anderen Türen auf diesem Flur.
    Zuerst zögerte ich einzutreten. Dann jedoch schob ich meine Bedenken endgültig beiseite, klopfte und trat ein, ohne eine Erlaubnis abzuwarten.
    Schon so viele Male hatte ich versucht herauszufinden, wo Ylvas Seele abgeblieben war. Erfolglos. Doch das hielt mich nicht davon ab, es auch heute zu probieren.
    Amadé lag auf ihrem Bett und hielt die Augen geschlossen. Ihr Haar hatte sie wie Sonnenstrahlen auf dem Kopfkissen ausgebreitet. Es sah aus, als würde sie schlafen. Doch natürlich tat sie es nicht. Wer in dieser Welt einschlief, erwachte schließlich umgehend in einer anderen.
    Ich kniete mich neben sie auf den Fußboden. »Amadé?«, flüsterte ich. »Können wir reden?«
    »Nein«, murmelte Amadé. Die Lider hielt sie geschlossen.
    »Wohin hast du Ylvas Seele gebracht?«, fragte ich trotzdem.
    Zu Hause in Essen war Ylva längst bei uns eingezogen und bewohnte nun das Arbeitszimmer meines Vaters, genau wie ihr Bruder es eine Zeit lang getan hatte. Tagsüber taten Christabel, mein Vater und ich bereits alles, um ihr beizustehen. Doch nachts? Ylva selbst wusste nur, dass sich ihre Seele in einem Raum mit einer Ottomane und einem Heer von leer stehenden Aktenschränken befand. Wo in Eisenheim sollte ich da anfangen zu suchen?
    Amadé rollte sich auf die Seite. »Flora«, seufzte sie. »Du weißt, wie ich darüber denke. Ylva ist vollkommen wehrlos und du hast vielleicht das Nichts auf uns gehetzt. Ich sage dir nicht, wo ich sie versteckt habe. Marian war mein Freund. Ich würde es mir nie verzeihen, wenn seiner Schwester etwas zustieße.«
    »Aber das würde ich niemals zulassen. Verstehst du denn nicht, dass ich auch in Eisenheim für sie da sein möchte?« Meine Stimme wurde heiser. »Sie ist alles, was mir noch von Marian geblieben ist, okay?«
    Amadé öffnete nun doch die Augen. »Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, ich kümmere mich gut um sie. So wie ich mir wünsche, dass jemand für Noahs Seele sorgt, tue ich alles in meiner Macht stehende, damit es Ylva hier unten gut geht. Reicht das nicht? Hast du keine Angst, sie in Gefahr zu bringen?«
    Meine Unterlippe zitterte jetzt. »Ich habe es Marian versprochen! Es war das Letzte, was ich zu ihm gesagt habe. Wieso lässt du mich nicht wenigstens das für ihn tun?« Ich wischte mir die Tränen aus den Augenwinkeln.
    »Ich verstehe dich ja«, sagte Amadé. »Aber es ist zu riskant.«
    »Ich kann mein Versprechen trotzdem n–«, setzte ich an, als plötzlich ein Schellen ertönte und dann noch eines. Meine Hände wirkten auf einmal durchscheinender als sonst und beim dritten Schellen begriff ich: Unser Telefon klingelte.
    Meine Gestalt begann zu flackern. Viel Zeit würde mir nicht mehr bleiben. »Bitte, Amadé!«, flüsterte ich deshalb ein letztes Mal. »Sag mir, wo du Ylvas Seele hingebracht hast. Bitte!«
    Amadé blinzelte. »Wieso stellst du dir für mitten in der Nacht einen Wecker?«, fragte sie, denn mein Zustand war ihr nicht entgangen. Sie musterte mich misstrauisch.
    Was war passiert? Schwebten Wiebke und Linus etwa erneut in Gefahr? Konnte der Eiserne Kanzler ihnen etwa immer noch schaden? Obwohl es keine Schattenreiter mehr gab? Aber wieso riefen sie auf dem Festnetz an?
    Ich schlug die Augen in der realen Welt auf und taumelte in die Diele. Das Telefon zeigte eine unbekannte Nummer an.
    Ich nahm den Anruf an. »Hallo?«, gähnte ich in die Leitung. Am anderen Ende meldete sich eine Frauenstimme. »Spreche ich mit Ylva Immonen?«
    »Äh, wer sind Sie?«, fragte ich zurück.
    »Mein Name ist Dr. Meyer. Ich wollte Sie nur informieren, dass Ihr Bruder aufgewacht ist.«
    »Wirklich?« Alle Müdigkeit fiel von mir ab. »Das ist ja großartig! Danke! Ich bin gleich da«, rief ich und war auch schon aufgesprungen. Ich konnte gar nicht so schnell denken, wie ich in meine Klamotten sprang. Alles in meinem Kopf überschlug sich. Marian war aufgewacht!
    Weil der Nachtexpress um diese Uhrzeit nicht fuhr und ich viel zu aufgeregt war, um auf ein Taxi zu warten oder meinen Vater zu wecken und ihm alles zu erklären, rannte ich die Strecke zum Krankenhaus. Es war ohnehin nicht

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