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Nacht aus Rauch und Nebel

Nacht aus Rauch und Nebel

Titel: Nacht aus Rauch und Nebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ma2
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erreichten wir unsere Plätze auf der Tribüne. Stehplätze, wie sich herausstellte. Aber gut, wer sich setzte, würde sich ohnehin nur eine Blasenentzündung einfangen, vermutete ich. Wir wärmten uns die Hände an unseren Kakao-Bechern, auf denen ebenfalls Moskitos mit roten Augen prangten.
    »Du warst bestimmt schon oft beim Eishockey, oder?«, fragte ich Ylva nach einer Weile.
    Sie nickte. »Familienschicksal.«
    Wiebke seufzte und erinnerte sich vermutlich gerade an Linus’ aktive Taekwondo-Zeit zurück. »Das kenne ich«, sagte sie und nahm noch einen Schluck Kakao.
    Ich kicherte. Wiebke hatte es wirklich gehasst, bei seinen Wettkämpfen zuzusehen. Erst als ihre ersten Ballettaufführungen anstanden, hatte er aufgehört, auf der Anwesenheit seiner Schwester zu bestehen.
    Ylva zuckte mit den Achseln und lehnte sich an eine der metallenen Brüstungen. »Ich komme eigentlich gerne, wenn Marian spielt. Er ist ziemlich gut, wisst ihr?«
    Wir nickten, denn auch Wiebke und ich hatten mitbekommen, wie Marian vor einigen Wochen mit den Moskitos Essen verhandelt hatte.
    »Klar«, sagte ich und zuckte im nächsten Moment so heftig zusammen, dass ich meinen Kakao fallen ließ. Ein Mann mit einer Trommel hatte sich etwa einen halben Meter neben uns aufgebaut und begonnen, einen Takt darauf zu schlagen. Ein heiserer Fan sang dazu in ein Megafon, die Menschen um uns herum stimmten ein, während Wiebke und Ylva in schallendes Gelächter ausbrachen. »Gut, dass wir so früh da waren«, brüllte ich. »Jetzt haben wir die besten Plätze.«
    »Und sogar noch Zeit, um neuen Kakao zu kaufen«, brüllte Wiebke zurück.
    Eigentlich war es gar nicht so schlecht in der Eishalle. Nachdem wir uns mit frischen Heißgetränken und einem Standort etwas weiter östlich der Trommel versorgt hatten, bewegten sich die Scheinwerfer unter der Decke und verfolgten einen Mann, der in einem ultrapeinlichen Plüschmoskitokostüm über das Eis fuhr. Dann wurde ein Teppich ausgerollt und eine Gruppe Cheerleader in kurzen grünen Röcken tanzte zu einer weiteren Ausgabe von »Heeeeeeeey, heeey Baby! Uh! Ah!« Wiebke wiegte sich im Takt, Ylva hüpfte aufgeregt auf und ab, um sich warm zu halten, und ich genoss es nach dem Chaos der letzten Tage und Nächte, einen Abend mit zwei guten Freundinnen zu verbringen. Denn obwohl ich Ylva erst so kurz kannte, war sie mir bereits ans Herz gewachsen. Beinahe kam es mir so vor, als wäre sie auch meine Schwester.
    Als Nächstes betraten die Spieler das Eis, eingepackt in Schulterpolster und Helme. Zum Glück trugen sie unterschiedliche Nummern auf den Rücken, damit man sie auseinanderhalten konnte (Marian hatte die Sieben). Der Stadionsprecher rief jeden Einzelnen auf, wobei er stets nur den Vornamen nannte und das Publikum den Nachnamen grölen ließ. Mann, die Leute um uns herum kannten echt jeden Spieler.
    Als Marian an der Reihe war, begann eine Gruppe Teeniemädels links von uns zu kreischen. »Immmmmoooooneeeen«, schrien sie und hüpften wild. Erst jetzt fiel mir auf, dass auf ihren Fantrikots dicke, fette Siebenen prangten.
    Die gegnerische Mannschaft wurde weit liebloser hereingewunken, die Namen nur kurz heruntergerattert. Schließlich startete das Spiel. Die Titelmusik von Fluch der Karibik ertönte, die Spieler sausten über die Eisfläche. Marian war Verteidiger, und wann immer er den Puck hatte, geriet man neben uns in regelrechte Verzückung.
    Zuerst verdrehte ich die Augen, als eines der Mädchen, vielleicht fünfzehn und mit mausblondem Pferdeschwanz, ein rotes Pappherz in die Luft hielt. Doch dann beobachtete ich, wie Marian mit dem Schläger hantierte, und ertappte mich bei dem albernen Gedanken, am liebsten ebenfalls ein Plakat für ihn zu halten.
    »Go, Marian! Go, Marian!«, feuerte Ylva ihren Bruder an und ich konnte nicht anders, als mit einzustimmen.
    Im Vorbeifahren checkte ihn ein anderer Spieler gegen die Bande, aber Marian ließ sich nicht beirren, er blieb in Puckbesitz, sauste schon auf das gegnerische Tor zu. Mir war nicht klar gewesen, dass Eishockey so ein schnelles Spiel war. Es dauerte nicht wie beim Fußball eine halbe Ewigkeit, bis das erste Tor fiel, sondern alles ging Schlag auf Schlag. Schon nach fünf Minuten beförderte Marians Mannschaft den Puck zum ersten Mal in den Kasten.
    Die Halle tobte. Wie sich herausstellte, war es Brauch, den Fanschal abzunehmen und an dieser Stelle wie wild über seinem Kopf zu schwenken. Marian glitt derweil schon wieder über die

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