Nacht der Dämonin / Magischer Thriller
er sich umdrehen und ihn bemerken sollte. Aber ich wusste, er würde es nicht tun.
Ich war noch auf der Suche nach einem Taxi, als mein Handy klingelte. Ich wühlte hastig danach, voller Erwartung selbst gegen meinen Willen. Dann ging mir auf, dass es das gangeigene Gerät war.
»Hey«, sagte Jaz, als ich mich meldete.
»Selber hey«, sagte ich mit einem wirklichen, echten Lächeln. »Ich hab dich heute Morgen anrufen wollen, aber ich hab deine Nummer nicht.«
»Müsste eigentlich auf deinem Handy mit drauf sein. Rodriguez …«
»… hat sie einprogrammiert. Okay, ich bin ein Idiot. Das hatte ich total vergessen.«
»Kein Problem. Ich hätte mich früher gemeldet, aber ich hab dich nicht wecken wollen. Hab mir gedacht, du bist vielleicht ein bisschen mitgenommen von dem Tequila.«
»Ein bisschen.«
»Jedenfalls, äh, ich hab anrufen und sagen wollen, dass es mir leidtut wegen gestern Nacht.«
»Dir? Wenn jemand sich entschuldigen sollte, dann ja wohl ich. Es ist bloß – na ja, nach dem Ärger mit meinen Leuten bin ich ein bisschen ausgerastet.«
Pause. Mein Herz begann zu hämmern. Zweifelte er an meiner Geschichte? Ich versuchte instinktiv, seine Reaktionen zu lesen, aber natürlich war das über das Telefon unmöglich.
»Ich bin sicher, es hat ein Problem mit deinen Eltern gegeben«, sagte er schließlich. »Ich weiß, wie das ist. Aber, na ja, ich könnte dir keinen Vorwurf draus machen, wenn du gestern Abend rausgegangen wärst, ein bisschen frische Luft holen, den Kopf wieder klarkriegen, und wenn dir dann aufgegangen wäre, dass das Zurückgehen nicht das war, was du wirklich wolltest.«
»Nein, das ist nicht …«
»Ich hab’s drauf angelegt. Wirklich drauf angelegt. Ich hab gemerkt, dass dir der Tequila in den Kopf gestiegen ist, und hab’s ausgenützt. Ich war high, und nicht nur von dem Alkohol. Wenn wir ein großes Ding gedreht haben, bin ich immer … aufgedreht, könnte man sagen. Und es ist ziemlich mit mir durchgegangen.«
»Da warst du nicht der Einzige. Genau genommen, ich bin mir ziemlich sicher, dass
ich
angefangen habe. Aber ja, es war alles ein bisschen … öffentlich, als ich’s mir dann überlegt habe.«
»Schon okay, was mich angeht. Wäre ein privates Mittagessen vielleicht eher dein Stil?«
Ich lächelte. »Wäre es.«
Er gab mir eine Adresse, wo wir uns in einer Stunde treffen konnten – eben genug Zeit, mich umzuziehen, die Uhr anzulegen, die er mir geschenkt hatte, und wieder in die Haut von Faith Edmonds zu schlüpfen.
Jaz führte mich in eine elegante Tapas-Bar und versicherte mir beim Eintreten, dass er mich einladen wolle. Natürlich konnte Faith sich ein Essen in einem guten Lokal leisten, aber er schien der Ansicht zu sein, es sei nur höflich, seine Absicht zu zahlen kundzutun, nachdem er sich für eine teure Adresse entschieden hatte. Sein Grinsen, als wir das Lokal betraten, und die Bewegung, mit der er den Arm um mich legte, verrieten, dass er es genoss, mich auf eine Art auszuführen, von der er annahm, dass sie eher meinem Stil entsprach.
Hätte er nicht gerade erst seinen Anteil von Guy ausgezahlt bekommen, wäre dies ein Luxus gewesen, den er sich nicht leisten konnte. Nach den Brocken, die ich aufgeschnappt hatte, waren Jaz’ und Sonnys Eltern in irgendwelchen untergeordneten Funktionen bei der Kabale angestellt gewesen. Beide waren in einfachen Verhältnissen aufgewachsen und der Armut gefährlich nahe gekommen, nachdem sie von zu Hause ausgezogen waren. Für sie war die Mitgliedschaft in der Gang gewesen, als hätten sie in der Lotterie gewonnen, und so gern ich Jaz auch gesagt hätte, er solle sein Geld behalten, ich wusste, dass die Einladung ihm wichtig war. Also hielt ich den Mund, bestellte nichts allzu Teueres und genoss das Essen.
Mir war klar, dass ich mich beim Essen weiter nach den Auseinandersetzungen zwischen der Gang und der Kabale erkundigen musste, aber ich hatte es nicht eilig damit, mir ins Gedächtnis zu rufen, dass ich unter falschem Vorwand hier war. Als die Unterhaltung wirklich auf die Gang kam, war es Jaz, der das Thema zur Sprache brachte. Er hatte am Vormittag mit Guy gesprochen. Es sah so aus, als sei die Polizei nicht über den Raubüberfall unterrichtet worden. Der
Herald
hatte eine kleine Meldung über die Spende gebracht, nachdem Guy die Zeitung informiert hatte, und Guy hatte das Geld per Kurier an die betreffende Einrichtung geschickt.
»Guy sagt’s vielleicht nicht laut, aber deine Idee mit
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