Nacht der Seelen - Armintrout, J: Nacht der Seelen
vertreiben.
Der Himmel über dem See war schwarz und blau meliert, am Horizont im Osten nahm er langsam eine goldene Färbung an. An einigen Tagen konnte man in den Wolken sehen, wie dort die Sonne rosafarben reflektiert wurde. An anderen Tagen schien die Sonne einfach aufzutauchen. Erst war es Nacht, im nächsten Moment war es Tag, ohne dass er es überhaupt mitbekam. Es war nicht so, dass er so etwas nie miterlebt hatte, als er noch Mensch gewesen war, aber in seiner Zeit als Vampir hatte er natürlich nie einen Sonnenaufgangbewusst beobachtet. Normalerweise bekam er davon gute Laune. Als nun aber die Sonne im Osten aufging, fiel sein Blick auf die Startbahn, die am Fuße des Kliffs lag. Der Jet, der dort stand, hatte schon die Lichter an, ein kleiner Laster parkte daneben.
„Toll, ihr wollt mich doch nicht etwa hetzen, oder?“ „Max?“, rief Bella mit verschlafener Stimme. „Bist du schon wach?“
Langsam ging er ins Schlafzimmer hinüber. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals, als er sah, wie sie sich aufrichtete und versuchte, ihren Morgenmantel zu greifen, der zu weit weg lag. Wie würde es ihr ergehen, solange er fort war? Sicher würde eine ihrer unwirschen Verwandten ihr helfen, aber konnte ihre Familie sie wirklich mit allem versorgen, was sie brauchte? Wie konnte jemand sich besser um sie kümmern als er? Das war ein weiterer Grund, warum er verdammt noch mal aufpassen musste, dass er lebend zurückkam.
Als hätte sie seine Gedanken erraten, verdunkelte sich Bellas Miene. „Sieh mich nicht so mitleidig an. Ich kann für mich sorgen.“
„Das weiß ich doch.“ Er versuchte, nicht zu sehr so zu klingen, als wollte er sie bevormunden, reichte ihr den Morgenmantel aber dennoch. „Ich mache mir nur Sorgen, dass du hier nicht alles hast, was du brauchst. Dass man sich nicht … um dich kümmert.“
Ironisch zog sie eine Augenbraue in die Höhe. „Glaubst du wirklich, ich würde es tolerieren, dass man sich nicht um mich kümmert?“
„Ich glaube, dass deine Familie besser auf dich aufpasst, als auf mich, wenn die Situation anders herum wäre.“ Max half ihr, in die Ärmel zu schlüpfen, während er den argen Verlust beklagte, nicht mehr all diese glatte braune Haut sehenzu können. Er wollte nicht so oberflächlich sein, zu seiner Liste der Gründe, warum er überleben musste, hinzuzufügen: „Um meine Freundin noch einmal nackt zu sehen.“
„Das ist wahrscheinlich richtig“, stimmte Bella zu, dann fügte sie zögernd hinzu: „Ich … habe darüber nachgedacht, dass du wegfährst.“
Der Geruch von warmen Blut erinnerte ihn daran, dass es wahrscheinlich kurz davor war, zu heiß zu werden, und er ging ins Badezimmer, um den Kessel von der Platte zu nehmen. „Ich höre dir zu.“
„Ich dachte, vielleicht …“ Sie zögerte, als falle es ihr schwer, weiterzusprechen. Max überlegte für einen Moment, dass Bella der Meinung sein könnte, eine Trennung sei eine gute Idee. Dass sie sich vielleicht für immer trennen sollten. Aber so richtig konnte er das nicht glauben, mittlerweile kannte er Bella zu gut und er fühlte sich in ihrer Beziehung sicher genug. Sie würde als Nächstes wahrscheinlich etwas in der Richtung sagen wie: „Ich möchte etwas unglaublich Dummes und Gefährliches tun, um dich zu beschützen, und ich bin sicher, dass du es gerade heraus ablehnen wirst.“
„Ich möchte einige Frauen, Magierinnen, zusammentrommeln und mit dir in Kontakt bleiben, während du weg bist. Vielleicht können wir nützlich für euch sein …“
„Bis dein Vater das herausfindet, mich noch mehr hasst und dich und diese anderen Frauen verstößt …“ Max hielt inne, bis Bella ihn unterbrach.
„Mein Vater wird mich nicht verbannen. Manchmal fürchte ich, dass er nicht die besten Entscheidungen für das Rudel trifft, weil er beides ist: sowohl mein Vater als auch Leitwolf.“ Sie schloss die Augen und rieb sich mit dem Handrücken über die Nase. „Ich mache mir Sorgen darüber, was passiert, wenn Werwölfe sich in diesen Kampf einmischen. Mein Vater sieht es nur so, dass er möglicherweise etwas Lästiges los wird.“
„Danke“, warf Max ein.
„Er hat keinen Schimmer davon, wie wütend der Souleater sein wird, und welche Nachwirkungen das auf das Rudel insgesamt haben wird.“ Flehend sah sie Max mit ihren goldenen Augen an. „Bitte, halt einfach zu mir Kontakt. Ich werde dich nur still unterstützen, und wenn der richtige Zeitpunkt da ist, wenn die Zeit reif ist, dann werde ich in
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