Nacht der Seelen - Armintrout, J: Nacht der Seelen
einer riesigen Wiese, links und rechts davon befanden sich nichts als Felder. Bill jagte über den Rasen auf das Haus zu, wo einige überraschte menschliche Diener zusammen standen. Sie hatten keine Zeit, uns auszuweichen. Ich hörte, wie Körperteile gegen das Bodenblech des Wagens schlugen. Das Geräusch erinnerte mich daran, wie es sich angehört hatte, als ich als kleines Mädchen mit meinem kleinen roten Wagen über Löwenzahnblüten im Garten gefahren war.
„Hier ist es.“ Ziggy riss die Tür auf und sprang hinaus, während er seine Axt schwang.
Bill nutzte den Schutz des Fahrzeugs und erschoss einige der Wesen an Ort und Stelle. Ich hatte noch nicht einmal wahrgenommen, dass er sein Fenster geöffnet hatte. Meine Hände an die Ohren gepresst glaubte ich, nie wieder hören zu können, so laut waren die Schüsse. Schon bald erklang um den Van herum das Geschrei von sterbenden und tödlich verwundeten Menschen.
Ziggy ließ uns durch die Ladeklappe hinaus. „Es kommen noch mehr, aus dem Stall“, sagte er, während er mir aus dem Wagen half. Bill kam zu uns, während er seine Pistole lud.
Ich sah zum Haus, unserem Ziel, hinüber. Wir waren vielleicht fünfzig Meter entfernt, aber die Distanz schien unüberbrückbar. Von dort kamen mehr Menschen, auch ein paar Vampire. Ich konnte sie daran erkennen, dass sie nicht so furchtbar schmutzige Kleidung wie die menschlichen Wesen trugen. „Toll, Bill, sieh zu, dass du den Sauberen nicht zu nahe kommst, das sind wahrscheinlich Vampire.“
„Wird gemacht.“ Er versuchte, auf einige der Menschen zu zielen, die vom Stall auf uns zu wankten, aber sie lagen noch außerhalb seiner Reichweite. Wir konnten nichts anderes tun, als zu warten, bis sie näher gekommen waren.
Henry stand neben mir, in der einen Hand den Pflock, in der anderen das Messer. „Henry folge mir und … Max.“
„Ich werde alle töten, die versuchen, sich dir in den Weg zu stellen“, schwor Max.
Bill sah mich an, als dachte er, er könnte womöglich einer dieser Leute sein. Er umspannte die Pistole mit seiner Hand. Spontan sagte er: „Wir geben dir Rückendeckung. Du musst einfach nur ins Haus gelangen.“ Seine Stimme klang angespannt.
„Was ist mit denen, die von dort kommen?“ Ziggy nickte mit dem Kopf in Richtung Schuppen, wo noch mehr Kreaturen auf uns aufmerksam geworden waren.
Bill zuckte mit der Schulter. „Ich nehme an, wir bleiben in der Mitte stecken und gehen mit einem furiosen Glorienschein unter.“
Ich nehme an, dass diese Ansicht für uns höchst einleuchtend gewesen sein muss, denn es dauerte nur eine Sekunde, bis wir einen Blick gewechselt hatten und uns auf den Weg machte – mitten hinein in die Menge der menschlichen Wesen, deren Anzahl zu unserem Schrecken noch gewachsen zu sein schien. Hinter meiner linken Schulter sah ich Ziggys Axt glänzen, und ich spürte, wie ein Blutstrahl warm auf meine Wange traf.
„Tut mir leid“, hörte ich ihn hinter mir rufen, obwohl die Lautstärke nicht nötig war. Das Einzige, was ich hörte, war unser Schnaufen aufgrund unserer Kraftanstrengung. Die Wesen gaben keinen Laut von sich. Weder Schreie noch kluge Sprüche, nur hie und da ein Grunzen, wenn es zu Boden ging. Es war eine schreckliche Stille, weil man ja annimmt,dass ein Kampf mehr Lärm hervorbringen würde, so wie im Film. Aber alles, was ich wahrnahm, war das rhythmische Geräusch, das Ziggys Axthiebe hervorbrachten, und das Knallen aus Bills Pistole.
Der Erste, der versuchte mich zu erwischen, war ein Mann so dünn wie ein Stock, mit Augen, die ihm fast aus dem schmutzigen Gesicht zu fallen schienen. Er hieb daneben. Ich ergriff seinen Arm, holte aus und schwang ihn nach unten, bis ich das Knacken spürte, als das Gelenk aus der Pfanne sprang.
„Sie sind noch nicht gefüttert worden“, rief Ziggy.
Als ich mich nach ihm umdrehte, sah ich, wie er einer Frau den Kopf vollständig vom Rumpf trennte. Ich erschauderte und wandte mich wieder meinem Ziel zu: dem Haus.
Ein anderer Mensch griff nach meinem Bein. Ich sah hinab und erblickte ein dürres Mädchen, deren Haare dabei waren, auszugehen, nur an einzelnen Stellen wuchsen noch Büschel aus ihrer fleckigen Kopfhaut. Ich überlegte, ob sie mich festhielt, um mir etwas zuleide zu tun, oder ob ich ihr helfen sollte, aber die Frage stellte sich nicht länger, als sie ihre Zähne in mein Bein grub. Ich trat nach ihr und befreite mich, bis ich ein weiteres hungriges Maul an meinem rechten Arm abwehren
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