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Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall

Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall

Titel: Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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Beziehung nichts mit unserer zu tun habe, dass die Ebenen völlig verschiedene seien.»
    «Hat Ihnen das genügt?» Laura sah auf Rosas Hände, deren Finger noch immer verschränkt, fast verknotet waren.
    «Ja», sagte Rosa leise. «Es hat mir genügt. Ich wollte mich nicht weiter damit auseinander setzen. Ich wollte meinen Teil bekommen, und den bekam ich. Vielleicht klingt das verrückt, aber es war und ist tatsächlich so.»
    «Ich muss Ihnen jetzt eine Frage stellen, die ich allen stelle», sagte Laura langsam. «Eine Routinefrage, die Ihnen vielleicht lächerlich erscheinen wird: Wo waren Sie in der Nacht, als Carolin starb?»
    «Ich war in meinem Zimmer. Ich hatte Kerzen angezündet, um den bösen Geist zu vertreiben. Ich habe gegen meine Angst gekämpft. Ich habe in allen Möbelstücken Särge gesehen, die immer näher kamen. Gegen zwölf Uhr habe ich es nicht mehr ausgehalten und bin spazieren gegangen. Am alten Friedhof entlang und in Richtung der Hügel. Doch ich bekam noch mehr Angst. Zum Glück traf ich Susanne, die ebenfalls nicht schlafen konnte. Gemeinsam schauten wir in den Mond, redeten über die Gruppe und kehrten schließlich zum Kloster zurück.»
    «Haben Sie gesehen, aus welcher Richtung Susanne Fischer kam?»
    Rosa warf Laura einen irritierten Blick zu.
    «Ja, natürlich. Sie kam von Westen, von den Hügeln, war offensichtlich früher als ich aufgebrochen und weiter gegangen. Warum?»
    «Ich versuche herauszufinden, wo sich jedes Mitglied der Gruppe in dieser Nacht aufgehalten hat. Offensichtlich waren fast alle unterwegs.»
    «Ja, natürlich», flüsterte Rosa. «Es geht ja um Mord. Aber ich glaube nicht, dass es eine von uns war …»
    «Sie sagten ‹eine›? Was ist mit den beiden Männern?»
    Rosa legte ihre Hände in den Schoß und schien nachzudenken. Dann lächelte sie wieder, ein bisschen verzerrt dieses Mal.
    «Stimmt, es gibt ja noch einen Mann. Aber Hubertus können Sie wirklich vergessen. Er ist lieb und naiv. Ich glaube, dass er noch immer nicht begriffen hat …» Sie verstummte plötzlich und strich die weiten Falten ihrer grünen Hose glatt.
    «Was hat er nicht begriffen?»
    «Wie?»
    «Was hat Hubertus Hohenstein noch immer nicht begriffen?»
    Rosa öffnete den Mund, schien nach Luft zu schnappen.
    «Er … er ist ein Kind. Er weiß nichts vom Leben. Mir kommt er vor, als habe er bisher auf einer einsamen Insel gelebt. Er begreift nicht, was um ihn herum geschieht … ich meine zwischen den Menschen. Ich bin ganz sicher, dass er noch nie mit einer Frau geschlafen hat.»
    «Rolf Berger scheinen Sie völlig auszuklammern», erwiderte Laura langsam.
    Laura sog die Luft tief ein, schüttelte heftig den Kopf.
    «Warum sollte Rolf dieses Mädchen töten? Er mochte sie, hatte Spaß mit ihr. Sie gab ihm Kraft – auf andere Weise als ich. Er ist kein starker Mann … seine Lungen  …» Rosa verstummte.
    Wieder dachte Laura an den Zauberberg – war das nur Einbildung, oder gab es hier so etwas wie ein Drehbuch? Eine Inszenierung von Leiden? Versteckte Begierden wie in längst vergangenen Zeiten? Plötzlich dachte sie an Guerrini, verdrängte ihn aber sofort wieder. Er hatte bei diesen Gedanken nichts zu suchen. Oder doch?
    «Okay», murmelte Laura nach einer langen Pause. «Noch eine Frage: Warum glauben Sie, dass Britta Wieland und Susanne Fischer Berger hassen?»
    Rosa massierte ihre Stirn mit den Fingerspitzen. Plötzlich verschwand alle Farbe aus ihrem Gesicht und sie schwankte leicht.
    «Ist Ihnen nicht gut?» Laura griff nach Rosas Arm. Immerhin saßen sie auf der Brüstung einer Mauer, die nach Osten steil abfiel.
    «Es … geht schon …», flüsterte die Malerin. «Wissen Sie, ich kann nicht über die Sitzungen sprechen. Aber ich fühle diesen Hass. Es gibt Frauen, die sensible Männer hassen … Rolf ist sehr sensibel. Ich glaube, dass Susanne ihn dafür verachtet … und Britta auch.»
    «Und Katharina Sternheim?»
    Rosa schüttelte den Kopf.
    «Das ist etwas anderes. Die beiden tragen einen Machtkampf aus. Sie verstehen beide mehr vom Leben als andere, und sie wollen dieses Wissen nicht teilen!»
    Laura hielt noch immer Rosas Arm fest. Sie schaute auf die frisch gepflügten Hügel hinaus, nackte zerfurchte Erdhaufen, rotbraun, einer Sonne ausgesetzt, die schon zu stechen begann, obwohl es noch früh am Tag war.
    «Machen Sie’s sich nicht ein wenig zu einfach?», fragte sie. «Glauben Sie wirklich, dass andere dasselbe in Rolf Berger sehen wie Sie?»
    Ehe Rosa

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