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Nacht des Flamingos

Nacht des Flamingos

Titel: Nacht des Flamingos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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der Sache angenommen, da die Adresse an seinem Weg lag. Er war gerade noch rechtzeitig in dem alten heruntergekommenen Haus am Fluß angekommen, um eine wimmernde Frau vor den erbitterten Schlägen ihres wütenden Ehemannes zu retten, der es darauf angelegt zu haben schien, seine Frau zu Tode zu prügeln. Martha Broadribb, die versucht hatte, dem brutalen Trunkenbold Vernunft beizubringen, lag bewußtlos, mit gebrochenem Arm auf dem Boden. Und am folgenden Tag schon hatte sie ihn, trotz geprellter Rippe und gebrochenen Arms aufgesucht, um ihm für sein Eingreifen zu danken.
      Sie zündete sich eine Zigarette an und lehnte sich in ihrem Sessel zurück.
    »Sie sehen müde aus, Nicholas.«
      »Ich bin auch hundemüde«, versetzte er. »Und es wird allmählich zum Dauerzustand. Aber lassen Sie mich zum Anlaß meines Besuchs kommen.« Er zog eine der Fotografien heraus und reichte sie ihr. »Haben Sie das Mädchen schon einmal gesehen?«
    Martha sah sich die Aufnahme mit gerunzelter Stirn an.
    »Sie ist tot, nicht wahr?«
    »Ja, ich habe sie heute morgen aus dem Fluß gezogen.«
      »Selbstmord?« Ein Ausdruck echter Bekümmerung verdunkelte ihr Gesicht. »Das arme Kind.«
      »Kein normaler Selbstmord«, erklärte Miller. »Das Mädchen hat vor seinem Tod alles nur Mögliche getan, um seine Identität zu verheimlichen.«
      Er umriß in groben Zügen die Tatsachen, die sich bis jetzt herauskristallisiert hatten. Sie nickte traurig.
      »Pater Ryan meint also, Joanna Martin wäre nicht ihr richtiger Name gewesen?«
      »Er hatte jedenfalls den Eindruck. Und zwei andere Menschen, die das Mädchen kannten und mit denen ich mich inzwischen unterhalten habe, bestätigen diesen Eindruck. Ich bin eigentlich nur zu Ihnen gekommen, weil ich im Moment nicht mehr weiter weiß. Ich hoffte, daß vielleicht bei Ihnen jemand eine Vermißtenanzeige aufgegeben hätte und daß Sie das Mädchen anhand des Fotos wiedererkennen würden.«
      Martha Broadribb nickte und hielt das kleine Medaillon hoch, das ihr Miller gereicht hatte.
      »Ihren Vornamen, Joanna, hat sie beibehalten. Das ist interessant, wissen Sie – mir fällt das immer wieder auf. Viele Menschen tun das, daß sie ihren Vornamen beibehalten. Es ist, als hätten sie Angst, sich ganz und gar zu verlieren.«
      Sie reichte ihm das Medaillon zurück und kritzelte einige Notizen auf ihren Block.
      »Also, was haben wir: Ungefähr neunzehn Jahre alt, blondes Haar, blaue Augen. Gewandt, gebildet, offensichtlich aus guter Familie und Malerin. Zuerst werden wir einmal unter dem Namen Martin nachsehen, um ganz sicher zu gehen, und dann werden wir es unter dem Vornamen versuchen.«
    »Ich wußte gar nicht, daß das möglich ist.«
    »Ich sagte Ihnen ja schon – so viele behalten ihre richtigen Vornamen bei, daß es sich lohnte, eine Kartei nach Vornamen anzulegen. Joanna ist heutzutage außerdem nicht sehr gebräuchlich. Wir werden feststellen, was sich hier finden läßt, und ich werde mich auf jeden Fall mit London in Verbindung setzen. Das wird nicht länger als eine Viertelstunde dauern.«
      Ehe er antworten konnte, läutete das Telefon auf ihrem Schreibtisch. Sie meldete sich. Dann hielt sie ihm den Hörer hin.
    »Für Sie – Wachtmeister Brady.«
      Martha stand auf und ging nach draußen. Miller ließ sich auf dem Rand ihres Schreibtisches nieder.
    »Was gibt's« fragte er.
      »Allerhand«, antwortete Brady. »Ich habe eben meine Unterhaltung mit einem jungen Mann namens Jack Fenner abgeschlossen. Er ist rauschgiftsüchtig. Wird seit knapp einem Jahr in der Kartei geführt. Seinen Lebensunterhalt verdient er sich als Schlagzeuger bei einer Tanzkapelle.«
      »Ich glaube, den kenne ich«, versetzte Miller. »Klein, schmächtig, blond.«
      »Das ist er. Er erzählte mir, daß er genau um Mitternacht in der Apotheke am Stadtplatz war. Er hatte ein Rezept für Heroin und Kokain. Joanna Martin hielt ihn auf, als er aus der Apotheke herauskam und bot ihm zwei Pfund, wenn er ihr dafür genug für eine Injektion geben würde. Er behauptet, sie hätte ihm leid getan. Sie wäre ganz fertig gewesen.«
    »Es kann sich nicht um einen Irrtum handeln?«
      »Bestimmt nicht.« Brady lachte hart. »Jetzt wird's nämlich erst interessant. Dieser Fenner erklärte mir, er hätte das Mädchen schon früher einmal gesehen.«
    »Wo?«
    »Im ›Flamingo Club‹. Vor sechs Wochen. Der Schlagzeuger der Band, die dort spielt, war krank, und Fenner sprang für ihn

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