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Nacht des Flamingos

Nacht des Flamingos

Titel: Nacht des Flamingos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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über die Zünddrähte her. Einen Augenblick später heulte der Motor auf.
    Er wandte sich nach Harriet um.
    »Können Sie den Wagen hier fahren?«
    »Ich glaube schon.«
      »Schön, dann los. Als ich herkam, bemerkte ich ungefähr einen Kilometer von hier eine Telefonzelle an einer Seitenstraße. Rufen Sie Chefinspektor Grant an. Er wird dann schon das Nötige veranlassen. Die Leute bei der Landpolizei würden wahrscheinlich erst endlose Fragen stellen.«
    »Und Sie?«
      »Sie glauben doch nicht im Ernst, daß ich Ihren Vater mit diesen Burschen allein hier lasse!« Er schob sie in den Wagen. »Fahren Sie los – so schnell Sie können.«
      Als der Ford sich in Bewegung setzte, durchdrang das Echo eines Schusses die Stille der Sumpflandschaft. Gleich darauf krachte es ein zweites Mal.
      Miller wandte sich um und rannte den Pfad entlang, in der Richtung, aus der die Schüsse gekommen waren.

    Duncan Craig wich vom befestigten Weg ab und hielt sich nach links. Er hastete durch das struppige Gras und flüchtete sich in den Schutz des Nebels. Dann schlug er einen Bogen und eilte zurück zu dem Punkt, von wo er gekommen war. Er blieb stehen und lauschte angespannt. Nur das Glucksen des Wassers und aus der Ferne das heisere Geschrei der aufgestörten Wildenten durchbrachen die Stille.
      Aller Berechnung nach mußte er sich jetzt hinter Vernon befinden. Vorsichtig näherte er sich dem Pfad. Irgendwo zu seiner Rechten erklang das Geräusch eilender Schritte. Als er sich niederkauerte, das Gewehr schußbereit in der Hand, tauchte Nick Miller aus dem Nebel auf.
    »Hierher«, rief Craig leise.
      Miller hielt an und blickte von dem leicht erhöhten befestigten Fahrweg hinunter ins Schilf.
      »Gott sei Dank. Ich dachte nicht, daß ich Sie so schnell finden würde«, sagte er keuchend.
      Plötzlich schallte eiskaltes Gelächter aus der undurchdringlichen Welt, die sie umgab.
      Max Vernon kämpfte sich etwa zwanzig Meter weiter links aus dem Schilf zum Pfad hinauf.
      »Eine Überraschung, was?« rief er höhnisch und schwang den Arm hoch.
      Das Geschoß traf Nick Miller in den Oberarm. Von der Wucht des Schusses nach rückwärts gerissen, taumelte er den kleinen Abhang hinunter auf die feuchte Erde. Gleichzeitig feuerte Duncan Craig sein Gewehr ab.
    Doch Max Vernon war schon wieder in Deckung gegangen.
    Craig beugte sich über Miller und zog ihn auf die Füße.
    »Können Sie laufen?«
    Miller nickte stumm, das Gesicht bleich vom Schock.
    »Ich glaube schon.«
    »Los, dann verschwinden wir.«
    Sie hasteten über den unebenen, feuchten Boden in den Nebel hinein. Zwei Schüsse krachten, und sie hörten die Geschosse durch die Luft zischen. Dann versanken sie plötzlich knietief im Wasser, und das Schilf schlug über ihren Köpfen zusammen.
      Wieder scholl der Widerhall eines Schusses durch den Nebel. Miller duckte sich unwillkürlich, stolperte und fiel. Craig reichte ihm die Hand und zog ihn hoch. Sie kämpften sich weiter durch Schlamm und schmutziges Wasser.
      Als der erste Schock nachgelassen hatte, wurde sich Miller des Schmerzes bewußt, der seinen Arm lahmte. Und er spürte die eisige Kälte des Wassers, die beißend wie Säure seine Kleider durchdrang. Mühsam rang er nach Atem.
      Plötzlich versank Craig mit einem erschrockenen Aufschrei. Das Wasser schlug über seinem Kopf zusammen. Miller sprang vorwärts, streckte den Arm aus und folgte ihm ins Wasser. Es war ein widerwärtiges Gefühl zu spüren, wie ihm das schmutzige, stinkende Wasser in Mund und Nase stieg. Er verlor den Boden unter den Füßen und strampelte um sich wie ein Ertrinkender. Eine eiserne Hand packte ihn am Kragen. Unmittelbar darauf lag er auf allen vieren unter dem Schilf und atmete wieder.
      Craig kauerte neben ihm. Er hatte seine weinrote Mütze verloren. Sein Gesicht war triefend naß und schmutzig von Schlamm und Morast.
    »Alles in Ordnung?«
    Miller hustete und spie das übelschmeckende Wasser aus.
    »Ja. Wie steht's mit Ihnen?«
      »Ich habe mein Gewehr verloren. Wenn Sie glauben, daß Sie durchhalten, könnten wir versuchen, uns im Bogen an das Hausboot heranzupirschen. Ich habe dort noch ein paar Jagdgewehre und eine Schrotflinte.«
    Miller nickte und rappelte sich hoch. Wieder nahmen sie den beschwerlichen Marsch auf. Einige Minuten später lichtete sich der Schilfwald, und ein Deich hob sich aus dem Grau des Nebels. Sie krochen aus dem Wasser auf trockenes Land, und Craig begann zu laufen.

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