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Nacht des Schicksals

Nacht des Schicksals

Titel: Nacht des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grace Green
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sitzen.” Er versuchte, möglichst gleichmütig zu klingen, als wäre es ihm egal, ob sie mitkäme oder nicht. “Ich bin mit drei Kollegen von
Lakeview Construction
hier. Wir sind schon heute früh angekommen.”
    Er sah, wie sie zögerte, und sein Mut sank. Sie hatten noch nie zuvor ein Wort miteinander gewechselt. Sie war die Westmore-Prinzessin und er der Bursche aus den falschen Kreisen. Der Bursche, dessen Vater bei den Westmores als Gärtner arbeitete.
    “Na ja”, sagte er, und in seiner Stimme war eine Spur Bitterkeit. “Ich nehme an, du verbringst deine Zeit lieber allein als mit Brodie Spencer.”
    Sie errötete, aber dann sah sie ihn unverwandt an. “Nein”, entgegnete sie, und zum ersten Mal lächelte sie. “Ich komme gern mit.”
    Den Rest des Tages verbrachten sie mit seinen Freunden. Als es zu dämmern begann, holte Dirk eine neue Palette Bier aus dem Wagen. Zuerst wollte Kendra nicht davon kosten, aber schließlich nahm sie doch einen Schluck aus seiner, Brodies, Dose. Im Mondlicht konnte er ihr Mienenspiel beobachten.
    “Es schmeckt gut”, gestand sie. “Ich habe noch nie Bier getrunken.”
    “Hier, nimm dir eine Dose.”
    Sie lächelte. “Nein, danke. Ich bleibe lieber bei Cola.”
    Brodie leerte seine Dose, trank aber bis zur Pause kein Bier mehr. Er war damit zufrieden, im Gras zu liegen und Kendra zu betrachten, wie sie neben ihm auf der Wiese saß, die Arme um die Knie geschlungen, und dem Geschehen auf der Bühne zusah. Gelegentlich drehte sie sich zu ihm um und lächelte scheu.
    Als die Pause fast vorüber war und alle auf die Rückkehr der Bats warteten, richtete er sich auf, legte ihr den Arm um die Schultern und flüsterte ihr ins Ohr: “Wollen wir uns einen ruhigen Fleck suchen und uns den Rest des Konzerts allein anhören?”
    Er hörte, wie sie tief Luft holte. Selbst in der Dunkelheit erkannte er das Feuer in ihren Augen – dasselbe Feuer, das auch ihn innerlich zu verbrennen drohte.
    “Ja”, flüsterte sie zurück. “Lass uns verschwinden.”
    Sie hatten einen entlegenen Platz gefunden, weit ab von der Menge. Er hatte sein Hemd mitgenommen und es unter einer jungen Weide im warmen Gras ausgebreitet. Die schmalen Blätter warfen im Mondlicht tanzende Schatten auf sie, als sie sich küssten.
    Unvorstellbare Leidenschaft flammte zwischen ihnen auf, und als er feststellte, dass Kendra ihm ihre Jungfräulichkeit opferte, war er überglücklich. Bevor sie sich in dieser Nacht trennten, schworen sie sich, dass sie von nun an Brodie Spencers Mädchen sein würde. Außerdem versprach sie, ihn sofort am nächsten Tag anzurufen, sobald sie wieder in ihrem Studentenwohnheim war.
    Er hatte ihr nachgesehen, wie sie in der Menge verschwand, um ihre Cousine zu treffen. Glücklicher als je zuvor im Leben, hatte auch er sich aufgemacht, seine Freunde zu suchen.
    Als jetzt die Erinnerungen auf ihn einströmten und ihn quälten, spürte Brodie den alten Ärger wieder aufsteigen. Kendra hatte nicht angerufen, und als er schließlich ihre Nummer herausgefunden hatte, ging sie nicht ans Telefon. Eine Woche lang versuchte er es täglich, ehe er enttäuscht aufgab. Ihm wurde klar, dass er sich zum Narren gemacht hatte. Offenbar hatte sie beschlossen, dass sie nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte. Er schwor sich, nicht mehr an sie zu denken.
    Ein paar Monate später hörte er, dass sie zum Weihnachtsfest nach Lakeview gekommen war. Er versuchte nicht, sich mit ihr in Verbindung zu setzen. Am Heiligabend prallte er vor dem Dr. Jamiesons Praxis buchstäblich mit ihr zusammen. Sie hatte nicht auf den Weg geachtet und wäre fast gestürzt. Er packte sie, um sie festzuhalten. Sie sah so wunderschön aus, dass er sofort alle guten Vorsätze vergaß.
    “Kendra!”, rief er drängend. “Ich muss mit dir reden.”
    Sie blickte durch ihn hindurch, als wäre er gar nicht da. Ihre wunderschönen braunen Augen waren wie tot.
    Daraufhin hatte er sie losgelassen, als hätte er sich verbrannt. Während sie davonlief, als könnte sie nicht schnell genug und weit genug von ihm fortkommen, hatte er sich geschworen, sich nie wieder so zu erniedrigen. Als sie letzte Woche in die Stadt zurückgekehrt war, hatte er seinen Schwur erneuert.
    Er war sich jetzt sicher, dass sie das Thema nicht zur Sprache bringen würde, aber genauso sicher war, dass er es erst recht nicht tun würde. Zweimal hatte sie ihn schon zurückgewiesen. Das erste Mal, als sie ihn nicht wie versprochen angerufen hatte, und dann zum zweiten

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