Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
drüber nach, No Duh«, sagte ich. »Jimmy Ray Dixon, Dock Green und seine Frau Persephone.«
Er saß regungslos da und warf uns einen Blick zu, der nicht zu deuten war. Neben seinem Mundwinkel zuckte ein Nerv. Seine braunen Augen wurden eine Spur härter, und auf seiner Oberlippe stand ein Schweißfilm, so als ob es in der Kneipe mit einem Mal zu voll und zu warm geworden wäre.
»Zum Schluss noch Folgendes«, sagte Clete. »Wenn du uns was über diese Leute lieferst, bring ich die Sache mit Wee Willie in Ordnung. Aber wenn du uns abblitzen lässt und nächste Woche immer noch mit der Zahlung hinterherhinkst, solltest du lieber zusehn, dass du dich wieder nach Jersey davonschwingst, dich in ein Loch verkriechst und den Deckel über dir zumachst.«
Als wir gingen, war seine Gelassenheit dahin. Er haderte sichtlich mit sich, wirkte wie ein gehetztes Tier.
Clete und ich blieben unter der Holzkolonnade vor dem Poolsalon stehen. Im Schatten war es empfindlich kühl, und das Sonnenlicht auf dem mit Palmen bestandenen Mittelstreifen wirkte grell und hart.
»Ich kann das nicht machen, Clete«, sagte ich.
»Vermassel es nicht, Mann.«
Ich klopfte an die Glastür, bis der Barkeeper wieder aufschloss.
»Machen Sie es nur, wenn Ihnen dabei wohl zumute ist, No Duh. Niemand will Sie zu was zwingen«, sagte ich.
»Spielen Sie lieber mit Ihren Würmern. Der Bimbo fährt auf das hier ab. Ich hoffe bloß, dass ihr zwei beim nächsten Mal so wie unsereiner zur Welt kommt. Mal sehn, wie euch das schmeckt«, erwiderte er.
32
Als Polizist findet man sich damit ab, dass man aller Wahrscheinlichkeit nach eines Tages in eine Situation gerät, in der man einer bestimmten Sorte Mensch nicht wieder gutzumachenden Schaden zufügt. Sicher, sie sind für ihr Schicksal selbst verantwortlich, unbelehrbar trotz aller Vorhaltungen, Menschen, die im biblischen Sinn die Natter an ihrer Brust nähren. Dennoch führt kein Weg daran vorbei, dass man das ausführende Organ ist, dass man irgendwann in ihr Leben tritt wie einst der Scharfrichter auf dem Schafott und ihnen ein Los bereitet, das nicht gnädiger ist als jenes, für das im Mittelalter der Mann mit der Maske und dem Beil zuständig war.
Ein, zwei Eindrücke: eine 45er-Bleikugel, die an einer Ziegelwand abprallt, ehe sie ihr Ziel trifft; ein zu hoch angesetzter Hieb mit dem Schlagstock, der jemandem die Luftröhre zermalmt; oder die Beweise, die man einem Kindermörder unterschiebt, den man mit legalen Mitteln niemals dingfest machen könnte – ein Typ, der einen in seiner letzten Nacht zu sich bittet. Doch statt seinen Frieden zu finden, übergibt er sich in die chemische Toilette aus rostfreiem Stahl und sitzt hemmungslos weinend auf seiner Pritsche, während ein Anstaltsdirektor den Vollstreckungsbefehl vorliest und zwei Wärter mit versteinerter Miene den Hinrichtungsraum aufschließen.
Und weil es die Sache erleichtert, wenn man sie aus der übrigen menschlichen Gesellschaft ausgrenzen kann, belegen wir sie entweder mit nüchternen Begriffen aus der Amtssprache oder mit Bezeichnungen aus dem Knastjargon: Psychopathen, Soziopathen und Rückfalltäter, Asoziale, Drecksäcke, Gesindel, Kotzbrocken, Matschbirnen, Molche und Mistpack. Hauptsache, es geht eindeutig daraus hervor, dass sie grundsätzlich anders sind als man selbst.
Doch dann gerät diese schlichte Einstellung zum Menschengeschlecht durch eine zufällige Begebenheit ins Wanken, die einen wieder zum christlichen Glauben zurückführt.
Am frühen Montagmorgen bauten drei Landvermesser, die in einem staatseigenen Boot kamen, auf einer Sandbank gegenüber des Köderladens einen Theodolit auf, steckten in unregelmäßigen Abständen beflaggte Stangen ins Sumpfland und vermaßen das Ufer des Bayous.
»Könnten Sie mir vielleicht erklären, was Sie da tun?«, rief ich ihnen vom Bootssteg zu.
Der Mann am Theodolit, der umgeschlagene hüfthohe Gummistiefel und einen Regenhut trug, wischte sich die Moskitos aus dem Gesicht und erwiderte: »Die Staatsverwaltung hat kein aktuelles Kataster.«
»Wen schert das?«
»Wenn Ihnen das nicht recht ist, müssen Sie sich an meinen Chef in Lafayette wenden. Oder glauben Sie, wir wollen eine Autobahn über Ihr Grundstück bauen?«
Ich dachte darüber nach. »Ja, könnte schon sein«, erwiderte ich.
Ich rief seinen Vorgesetzten an, einen leitenden Ingenieur im öffentlichen Dienst, und war danach genauso schlau wie vorher. Anschließend meldete ich mich in der Dienststelle, teilte
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