Nacht über Juniper
man heran?«
Ich zuckte die Schultern. »Ich habe mich noch nicht so weit herangetraut, daß ich es heraus- gefunden hätte.«
Der Leutnant trat einen Schritt nach rechts, dann einen nach links, als ob er etwas auspeilte. »Wir bringen ein paar Gefangene herauf und finden es heraus.« Ich sog scharf die Luft ein und sagte: »Die Leute von hier bekommst du nicht in die Nähe.« »Meinst du nicht? Im Austausch für eine Amnestie? Candy hat die Hälfte der Schurken aus dem Stiefel zusammengetrieben. Er hat den reinsten Kreuzzug gegen das Verbrechen am Lau- fen. Wenn er drei Beschwerden über jemanden erhält, kassiert er ihn ein.« »Klingt ein wenig einfach«, sagte ich. Wir waren weitergegangen und hielten nach dem Burgtor Ausschau. Mit einfach meinte ich nicht leicht, sondern einfach gestrickt. Der Leutnant schmunzelte. Die harten Monate hatten ihm seinen bizarren Humor nicht neh- men können. »Einfache Gemüter schätzen einfache Antworten. Nach ein paar Monaten mit Candys Reformen wird der Herzog zum Helden geworden sein.« Das verstand ich. Juniper war eine gesetzlose Stadt, die von Schlägern der einzelnen Stadt- teile beherrscht wurde. Es gab ganze Scharen von Sheds, die in Furcht und Schrecken lebten und ständig zu Opfern gemacht wurden. Jeder, der ihre Bedrängnis linderte, würde ihre Zu- neigung erringen. Wenn man gut damit umging, würde diese Zuneigung spätere Ausschwei- fungen überleben.
Andererseits fragte ich mich, ob die Unterstützung durch Schwächlinge so viel wert war.
Oder ob, falls es uns gelang, sie erfolgreich mit Mut anzustecken, wir uns damit nicht selbst zukünftigen Ärger einhandeln würden. Wenn man ihnen die alltägliche lokale Unterdrückung fortnahm, argwöhnten sie vielleicht, daß wir sie unterdrückten. Ich habe das alles schon einmal gesehen. Kleine Leute müssen hassen, müssen jemanden für ihre eigenen Unzulänglichkeiten verantwortlich machen. Aber das war im Augenblick nicht das Problem. Dieser Augenblick verlangte sofortige, leb- hafte und gewalttätige Aufmerksamkeit.
Als wir vor dem Burgtor ankamen, sprang es auf. Ein halbes Dutzend wilder schwarzgeklei- deter Wesen stürmte auf uns zu. Ein Nebel der Lethargie senkte sich auf mich, und sobald Angst in mir aufflammte, spürte ich auch, wie sie sofort wieder verschwand. Als sie die Hälf- te des Weges zu uns zurückgelegt hatten, wollte ich mich eigentlich nur noch auf den Boden legen.
Schmerz durchflutete meine Glieder. Mein Kopf tat weh. Krämpfe wüteten in meinen Wa- den. Die Lethargie verschwand.
Einauge tat seltsame Dinge, tanzte herum, kläffte wie ein Wolfsjunges, wedelte mit den Händen, als wären sie verletzte Vögel. Sein großer komischer Hut flog ihm vom Kopf, kul- lerte mit dem Wind den Hügel hinab und verfing sich in einem Busch. Zwischen den Kläff- lauten schrie er:
»Tut was, ihr Idioten! Ich kann sie nicht ewig abhalten!« Schrrrang! Elmos Schwert schoß aus der Scheide. Der Leutnant tat es ihm gleich. Ich hatte
außer einem langen Dolch nichts bei mir. Ich riß ihn heraus und schloß mich dem Ansturm an. Die Burgwesen standen wie erstarrt; Überraschung malte sich in ihren unheimlichen Au- gen. Der Leutnant erreichte sie zuerst, blieb stehen, holte aus und drosch mit beiden Händen zu.
Er führte ein Hängeeisen, das eigentlich das reinste Richtschwert ist. Mit einem solchen Schlag hätte er drei Männern die Hälse durchtrennen können. Dieser reichte nicht aus, um einem seiner Opfer den Kopf abzutrennen, obwohl die Schneide tief eindrang. Blut bespritzte uns drei.
Elmo machte wie ich einen Stichausfall. Sein Schwert drang einen Fuß tief in sein Opfer ein. Ich hatte das Gefühl, als hätte ich meinen Dolch in weiches Holz gehackt. Er drang nur drei Zoll tief ein. Wahrscheinlich nicht tief genug, um lebenswichtige Teile zu erwischen. Ich riß meine Klinge wieder frei und durchstöberte fieberhaft meine medizinischen Kenntnisse nach einer besseren Stelle zum Töten. Elmo trat seinem Gegner vor die Brust, um die Waffe wieder freizubekommen.
Der Leutnant hatte die beste Waffe und die beste Herangehensweise. Während wir noch herumkasperten, hackte er schon auf einem weiteren Hals herum. Dann ging Einauge die Puste aus. Der Blick der Burgbiester belebte sich. Mit brennendem, feurigem Gift. Ich befürchtete schon, daß die zwei Unverletzten uns hinwegfegen würden. Aber der Leutnant vollführte einen wilden Streich, und sie zogen sich zurück. Der, den ich verwundet hatte, stolperte hinter ihnen drein.
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