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Nachte des Sturms

Nachte des Sturms

Titel: Nachte des Sturms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberts Nora
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Verständnis.
    Sie war da, sie war tatsächlich da, und der Kater war zurückgekommen und strich ihr schnurrend um den weich fallenden Rock.
    »Dann haben Sie also darauf gewartet, dass ich ein schmerzliches Gefühl in mir entdecke, bevor Sie sich mir gezeigt haben? Nun, es heißt zwar, geteiltes Leid ist halbes Leid, aber ich lecke meine Wunden doch lieber allein.«
    Würdevoll trat sie ein paar Schritte auf ihn zu. In ihren sanften Augen spiegelten sich zärtliche Gefühle, sie hob ihre Hand, und obgleich er keinen Druck und keine Reibung
spürte, empfand er die Berührung seiner Wange doch als eigenartig tröstlich.
    Dann war sie wieder fort.
     
    Er tat, was er normalerweise tat, wenn er auf ein Problem stieß, mit dem er sich lieber nicht befasste. Er schob es in eine der hintersten Ecken seines Gehirns, sagte sich, irgendwie fände sich ganz sicher eine Lösung, und versenkte sich in seine Musik.
    Sie gab ihm sein Gleichgewicht zurück, war Nahrung für sein Herz. So nahe er seiner Familie auch stand, hatte er ihr doch nie erklären können, was es für ihn bedeutete, Musik in seinem Kopf hören zu können, sie in seinem Inneren zu spüren und sie zu Papier zu bringen, sodass auch andere sie vernahmen.
    Sie war das Einzige, was er immer schon besessen, gebraucht und vor dessen Verlust er sich wirklich gefürchtet hatte.
    Abgesehen von Brenna.
    Auch sie hatte er immer schon besessen und, ohne sich darüber klar zu sein, anscheinend auch gebraucht. Und nun, da er es wusste, fürchtete er sich mit einem Mal davor, sie zu verlieren.
    Nachdenklich öffnete er die kleine Schachtel, die er auf das Klavier gestellt hatte. In ihrem Inneren fand sich die Perle, die Carrick ihm am Grab der alten Maude gegeben hatte. Jetzt verstand er, was er damit tun sollte. Aber er war noch lange nicht dazu bereit, sie und damit sich selbst Brenna anzubieten.
    Die Frau, die heute Morgen zu ihm ins Bett gekommen war, war nicht auf der Suche nach Romantik oder einer gemeinsamen Zukunft. Ihr ging es einzig um das augenblickliche Vergnügen.

    Zu anderen Zeiten, gegenüber anderen Frauen, hatte er eine ähnliche Einstellung gehabt. Es war nicht gerade angenehm, plötzlich in der Rolle desjenigen zu sein, der andere Wünsche hegte. Doch da ein ruhiges, angenehmes Leben durchaus wichtig für ihn war, würde er auf irgendeine Weise dafür sorgen, dass seine Wünsche sich erfüllten.
    Es ging nur darum herausfinden, welche Schritte er am besten in welcher Reihenfolge und in welche Richtung unternahm. Und da es um Brenna ging, wusste er, er käme problemloser und schneller an sein Ziel, wenn es ihm gelänge, sie glauben zu machen, nicht er, sondern sie selbst wäre auf die Idee gekommen, sie beide wären vielleicht doch kein allzu übles Paar.
    Also – er klimperte versonnen auf den Tasten des Klaviers  –, irgendwie müsste er Brenna dazu bringen, dass sie ihn umwarb.
    Die Vorstellung amüsierte ihn derart, dass seine Finger immer schneller wurden, und als er sich unterbrach, um die Noten der munteren Weise aufzuschreiben, flogen ihm plötzlich auch die Worte einfach zu.
    Komm zurück, um mich zu fangen.
    Ich tanz mit dir, solang es dir gefällt.
    Doch komm schnell und stille mein Verlangen,
    denn du, nur du allein, bedeutest mir die Welt.
    Jetzt küss mich schnell und sag, dass du mich liebst,
    bis der Gesang der Vögel in den Bäumen einst verklingt.
    Ich wart darauf, dass Zeichen du mir gibst,
    dafür, dass Zeit es ist, dass der Geliebte auf die Knie vor
    dir geht.
    Der Text zeigte ihm, dass ihrer beider Lage auch von der lustigen Seite her gesehen werden konnte, und er atmete auf. Schließlich wäre die Situation, in der sie sich mit einem
Mal befanden, sicher in den Augen aller, die sie kannten, vollkommen absurd.
    Sie, die Planerin, und er, der Träumer. Aufgrund ihrer grundverschiedenen Persönlichkeiten hatten sie sich in ihrem Leben sicher mindestens ebenso häufig gestritten wie vertragen. Aber, was verstand das Herz des Menschen schon von Logik? Wenn er sich in eine Frau verliebt hätte, die so wäre wie er, dann vertäten sie ihr Leben, ohne je auch nur das Geringste zu erreichen.
    Und obgleich er keinen Mann wie Brenna kannte, konnte er sich lebhaft vorstellen, dass sie, falls sie je auf einen träfe, einander innerhalb von einer Woche die Schädel mit dem Hammer eingeschlagen hätten.
    Dadurch, dass er sich in sie verliebt hatte und dafür sorgen würde, dass sie zu dem Schluss kam, eine dauerhafte Beziehung zwischen ihnen

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