Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nachtflügel

Nachtflügel

Titel: Nachtflügel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
Vom Netzwerk:
erinnerte sich an die Geschichte mit dem Pilz. Er wollte keine weiteren furchterregenden Visionen.
    »Ich will was«, sagte Sylph. Sie beugte sich vor und schnappte sich etwas von dem Blatt.
    Die drei Baumrenner sahen sich mit offenem Mund überrascht an.
    »Das war aber viel!«, sagte Knoll.
    »Vielleicht hättest du nicht ganz so viel nehmen sollen«, meinte Schreiter.
    Sylph zuckte mit den Schultern. »Was werde ich jetzt machen. Fliegen?«
    Schreiter und seine Freunde kicherten albern vor sich hin. Dämmer blickte seine Schwester besorgt an. Sie schlug heftig mit ihren Segeln.
    »Vielleicht hebe ich gleich ab!«, sagte sie und wandte sich an Dämmer. »Vielleicht brauche ich wirklich nur ein paar Teeblätter!«
    Sie flatterte eindeutig sehr schnell, und Dämmer fragte sich, ob das noch ein Spaß war oder ob sie wirklich versuchte zu fliegen. Einen Moment lang wollte er, dass sie sich vom Ast stürzte, damit sie sich in der Luft treffen könnten. Doch ihre Bemühungen jetzt waren nicht erfolgreicher als ihre früheren, und mit einem Mal wurde er traurig. Die jungen Baumrenner jedoch fanden es urkomisch, hüpften auf dem Ast auf und ab und feuerten sie an.
    Doch bald schien seine Schwester das Flattern leid zu sein, und sie begnügte sich damit, wie wild auf dem Ast hin und her zu laufen. Die drei Baumrenner sprangen in die Luft, im Wettstreit, wer am höchsten kam.
    »Versuch mal den Tee, Dämmer«, sagte Sylph zu ihm. »Das putscht dich richtig auf.«
    »Nein danke«, sagte er.
    Sylph schaute sich um, als wäre ihr gerade etwas in den Sinn gekommen. »Warum ist es hier so ruhig?«, fragte sie die drei Baumrenner. »Nur ihr lebt hier. Überall sonst war es so voll.«
    »Viele Lebewesen sind hier durchgekommen«, sagte Knoll. »Aber sie sind nie lang geblieben.«
    Er sprang auf, packte den Ast über sich mit seinen geschickten Fingern, schwang vor und zurück und ließ sich dann wieder fallen.
    Dämmer fiel auf, dass Schreiter so aussah, als hätte er ein Geheimnis, aber eines, das er gerne teilen würde.
    Der Baumrenner senkte die Stimme, sprach aber immer noch ziemlich laut: »Im Wald ist ein Ungeheuer.«
    »Das ist nur so eine Geschichte«, sagte Springer augenzwinkernd.
    »Nein, ich hab’s gesehen.«
    »Das hast du mir nie erzählt. Wann?«
    »Also, ich hab’s jedenfalls gehört. Einmal nachts«, behauptete Schreiter schnell.
    Dämmer sah, wie sich Sylphs Ohren amüsiert aufrichteten. Er fragte sich, ob die drei Renner immer so gesprächig waren oder ob nur der Tee ihre Zunge gelöst hatte.
    »Was für eine Art Ungeheuer war das?«, wollte Sylph wissen, während sie rastlos ihre Segel ausbreitete und wieder einzog.
    »Groß«, antwortete Schreiter selbstsicher. »Es hat sehr groß geklungen. Es verjagt die meisten Tiere, aber uns hat es nie behelligt.«
    »Uns hat es nicht verscheucht«, sagte Sylph.
    »Also so nahe bei uns lebt es nicht«, sagte Schreiter und klang jetzt etwas weniger sicher. »Niemand hat es jemals richtig gesehen. Jedenfalls liegt es daran, dass hier so wenig Lebewesen leben. Sie hatten Angst. Aber wir wissen, dass es hier sicher ist.«
    Dämmer überlegte, ob Schreiter überhaupt wusste, was er da von sich gab, und kam zu einem Nein. Wahrscheinlich wiederholte er nur eine alte Geschichte, die die Erwachsenen ihren Neugeborenen erzählten, damit die nicht zu weit wegliefen. Wenn es hier in der Umgebung wirklich ein Ungeheuer gäbe, hätten die Baumrenner keine so große und so offensichtlich zufrieden wirkende Kolonie hier.
    »Und wenn ihr keine Angst habt, dann könnt ihr hier vielleicht auch leben«, sagte Schreiter, ehe er mit seinen Freunden losrannte, in den nächsten Baum sprang und davonhüpfte. »Ich mag Chiropter!«
    Dämmer war von seiner unschuldigen Aufrichtigkeit berührt. Das Zuhause der Baumrenner schien wirklich ein idealer Platz zu sein, und so überlegte er ernsthaft, ob ihr neues Zuhause nicht tatsächlich hier sein könnte.
    Als Reißzahn seine erste Beute auf dem Festland schlug, bot er sie Panthera an. Er trat zurück und sah ihr erwartungsvoll zu. Sie beschnüffelte den Körper, berührte ihn kurz mit der Pfote, dann schlitzte sie ohne Zögern meisterhaft Fell und Haut auf und riss das blutige Fleisch von den Rippen. Reißzahn schnalzte vor Überraschung mit dem Schwanz.
    »Das ist nicht das erste Mal, dass du Fleisch gegessen hast«, sagte er zu ihr.
    Sie leckte sich das Fell um das Maul herum sauber. »Nein. Nachdem du weg warst, habe ich ein paar Mal

Weitere Kostenlose Bücher