Nachtgieger
bewundernd auf Sieglinde Salome Silberhorn. Ihr wurde noch wärmer. Die trocknenden Haare standen ihr kraus vom Kopf ab, ihre Wangen färbten sich rosig und ihre Augen glänzten im Feuerschein.
„Ich heiße Eberhard.“
Die beiden Kommissare hatten den kleinen Maximilian wieder bei seiner Mama abgeliefert und begaben sich nun auf die gewundene Landstraße, die nach Walkersbrunn führte, um ein Gespräch mit der Bedienung der Dorfwirtschaft Grüne Au, Gerdi Drummer, zu
führen. Vielleicht hatte die Angebetete von Clemens Lämmerhirt eine Idee, wer ihm nach dem Leben getrachtet haben könnte.
„Wir sind früh dran, Mandy, das Gasthaus öffnet erst in einer Stunde, ich könnte dir in der Zwischenzeit einen Bierkeller zeigen, wo die Zeit stehen geblieben ist.“ In der Fränkischen Schweiz waren die Bierkeller nicht irgendwo in einem unterirdischen Gewölbe zu finden, sondern auf einer Anhöhe in der freien Natur. „Wir müssten aber ein Stück hochsteigen. Was meinst du?“
„Großartiger Vorschlag, Gerd, ich muss mir dringend die Beine vertreten“, antwortete seine Kollegin erfreut.
Er bog in eine schmale, geteerte Straße ein, die sich durch den Wald den sanft ansteigenden Berg hinaufschlängelte. Zwischen den hochgewachsenen Fichten und vereinzelten Laubbäumen breiteten sich, soweit das Auge reichte, üppige grüne Heidelbeerbüsche auf dem Waldboden aus. Nun führte der Weg aus dem dunklen Wald heraus durch ein kleines Dorf und weiter aufwärts bis zu einem Parkplatz, über dem sich eine Felsenlandschaft erhob.
Mandy folgte ihrem Kollegen auf einem schmalen Pfad, der an einer hochgelegenen Ebene endete. Biergarnituren standen aufgereiht und einladend bis zu dem schroffen Felssturz, der durch ein wackeliges, morsches Holzgeländer abgesichert war.
Die Aussicht war überwältigend schön. Der heftige Regen mit seinen frostigen Windböen hatte von einer Minute auf die andere aufgehört und wärmende Sonnenstrahlen krochen hinter den Wolken hervor. Die Fränkische Schweiz mit ihren Bergen und aus dem dichten Wald ragenden Felsnasen lag vor ihnen, unten im Tal wand sich die türkisfarbene Wiesent durch Felder und Auen. Über diese friedliche, sanfte Landschaft spannte sich ein in allen Farben schillernder Regenbogen.
„Was für ein schöner Platz, Gerd“, flüsterte die Kommissarin andächtig. „Wie eindrucksvoll.“
„Von hier aus“, erklärte ihr Kollege, „kann man drei Kapellen erkennen. Das Kirchlein Reifenberg oberhalb von Weilersbach, die Kapelle der heiligen Walburga auf der Nordkuppe der Ehrenbürg und die Filialkirche St. Moritz oberhalb von Leutenbach. Außerdem noch die Pfarrkirche von Leutenbach.“
Mandy folgte seinen Blicken und entdeckte die bezaubernden kleinen Kirchen.
Gerd Förster wischte mit einem Taschentuch zwei Plätze auf einer Sitzbank trocken und sie ließen sich aufatmend nieder. Eine kleine Rast würde ihnen guttun. Überwältigend viele Eindrücke und Informationen stürmten seit einer Woche auf sie ein.
Mandy sah sich aufmerksam um und bemerkte neben einer verrosteten Kinderschaukel vor einer steil abfallenden kahlen Felsenwand eine etwa drei Meter hohe Höhle im Dolomitgestein, vor der quer ein Tisch aufgestellt war. Darauf befanden sich in Papierservietten eingerollte Bestecke, Salz- und Pfefferstreuer und Tonkrüge. Dahinter stand ein alter, gebückter Mann mit einer roten Wollmütze, die ein runder Bommel krönte, und zapfte Bier aus einem Holzfass. Auf einer Schiefertafel, die an einem langen Nagel neben dem Höhleneingang hing, waren mit Schulkreide die Brotzeiten aufgelistet, die der Felsenkeller zu bieten hatte.
Mandy hatte zuerst vermutet, dass der Alte hinter dem provisorischen Tresen Selbstgespräche führte, als sie in der düsteren Tiefe des Kellers drei Männer erspähte, die um einen Tisch saßen und Karten in ihren Händen hielten. Sie warteten, bis der Wirt die Krüge gefüllt hatte, dann spielten sie weiter. Der Wirt war der vierte Mann, den sie zum Schafkopfspielen brauchten.
Mandy studierte die Gerichte auf der Tafel. „Was ist denn ,Ziebeleskäs‘?“
Ihr Kollege klärte sie auf: „Das ist Quark mit Zwiebeln und Schnittlauch, mit Muskat gewürzt. Eine Brotzeit für Vegetarier.“
Gerd Förster bestellte zwei Wasser. Der Wirt war über die Störung beim Karteln keineswegs begeistert und brummte unwillig vor sich hin. Hätten sie auf seinem Keller nichts konsumiert, hätte er vermutlich genauso grantig reagiert.
Die beiden
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