Nachtglanz - Heitmann, T: Nachtglanz
ihre Vergangenheit in Erfahrung gebracht hast.«
»Ich weiß, wo sie herkommt«, erwiderte Adam mit schwerer Zunge.
»Nein, das weißt du nicht. Ansonsten würdest du dich nämlich schon lange nicht mehr mit mir herumplagen, sondern wüsstest, wohin sie gegangen ist und vor allem: warum. Dieses Warum ist es doch, weshalb du mir nicht schon längst die Kehle aufgerissen hast. Du willst darüber mehr erfahren, bevor du Esther entgegentrittst.«
Adam presste seine Zähne so sehr aufeinander, dass er den Druck bis in den Schädel spürte. »Sag es mir.«
»Erst der Preis. Ganz gleich, was nach deiner Rückkehr nach Los Angeles passieren wird, wenn du es überstehst, wirst du für mich jemanden finden. Dieser Auftrag wird vor allem anderen stehen. Du wirst dich sofort daranmachen, ohne auch nur eine Frage zu stellen.«
Mit einem hastigen Seitenblick vergewisserte sich Adalbert, dass Adam auch zustimmend nickte. Sichtlich befriedigt fuhr er fort: »Die Gaben des Dämons werden nicht sinnlos verteilt, sie sind alle Teil eines Musters. Du hast dein eigenes ja bereits früh
entdeckt: Du bist Teil eines Dreiecks, das aus der Suche, dem Opfern und dem Töten des perfekten Opfers besteht. Auch Anders steht mit seiner Gabe keineswegs allein. Er hat eine Schwester - wenn man das so nennen kann. Eine Schwester, die das vollkommene Gegenteil von ihm darstellt: So wie er den Dämon durch Vereinigung zu stärken vermag, steht es in ihrer Macht, den Dämon zu tilgen. Eine gefährliche Gabe in den Händen einer Frau, die keine Spuren hinterlässt - es sei denn, sie will es.«
Tief in Adam tat sich ein Quell der Hoffnung auf. »Eine der unsrigen, die den Dämon zu tilgen vermag. Woher weißt du von ihr?«
»Das braucht dich nicht zu kümmern.Willigst du ein?«
Ehe Adam seine Zustimmung hervorbringen konnte, hielt der Dämon seinen Herzschlag gleich einem Uhrwerk an. Es gelang ihm gerade noch, sich an die Brust zu greifen, dann sackte er vornüber.
Diesen Handel wirst du nicht abschließen, nicht, solange du mein bist. Und mir gehörst du bis in alle Ewigkeit.
Die Worte hallten wie ein fernes Echo nach, dann verlosch auch das.
29
Die Wiederkehr
Die Dunkelheit war zäh. Sie hielt ihn umfangen, untersagte ihm die kleinste Regung, drängte alles hinfort - auch seinen Willen zu erwachen.
Erwachen, das war alles, woran er in den kurzen Momenten denken konnte, wenn der Sog der Dunkelheit nachgab.Wieder erwachen, den eigenen Platz in einer Welt voller Leben einnehmen, anstatt in dieser toten Unendlichkeit zu vegetieren.
Ganz gleich, wie sehr er sich auch mühte, die Dunkelheit gab ihn nicht frei. Stets aufs Neue wurde er von klebrigem Schwarz eingehüllt, seine Gedanken und Gefühle von ihm abgeschnitten, als wären sie etwas, das man ihm wie Schmuckstücke entreißen und in eine Schatulle wegsperren konnte. Ihm fehlte das Losungswort, um die Schatulle zu öffnen und sich zu befreien. Es war auch niemand da, der es ihm in die Dunkelheit seiner Gefangenschaft zurufen konnte, damit er wieder ins Licht trat.
Oder doch?
Wie ein unendlicher Malstrom kreiste unter ihm ein Wille, fremd und andersartig. Dort lauerte der Dämon auf seine Gelegenheit. Trotzdem streckte Adam sich ihm entgegen und ergriff die einzige Chance, die sich ihm bot.
Sieh an, der Mann, der sich für den Herrn im Hause hält. Hast du dich etwa verlaufen?
Was soll das? Warum hast du mich getötet?
Eine wirklich dumme Frage. Natürlich ging es mir darum, dich von etwas so Törichtem abzuhalten, wie einen Handel abzuschließen, zu dem du gar kein Recht hast. Sklaven haben kein Recht, keine Macht.
Ich sehe das Problem nicht.
Ach nein? So naiv kannst du gar nicht sein, um zu glauben, ich würde dich mit einem Strahlen im Gesicht Adalberts Vorschlag zustimmen lassen. Dein Freischein, um dich auf die Suche nach einer von unserer Art zu machen, die mich tilgen kann. So wird nicht gespielt, mein Freund.
Mir sind Adalbert und sein Angebot vollkommen gleichgültig. Ich will bloß Esther zurück.
Falsche Antwort. Dieses Weibsbild hat mich um Anders’ Berührung gebracht. Hat mich zurückgedrängt, bis ich fast nicht mehr als ein fernes Echo war. Einem Menschen unterlegen zu sein, ist fast schlimmer, als von einem von uns vernichtet zu werden.
Wir wollen also beide etwas, das der andere unter keinen Umständen akzeptieren kann. Nur was bringt uns diese Pattsituation? Ohne mich bist du ebenfalls in dieser Schwärze eingekerkert - und das ist doch wohl kaum, was du
Weitere Kostenlose Bücher