Nachtkrieger: Unendliche Sehnsucht: Roman (Knaur TB) (German Edition)
Fingerspitzen. Zigmal hatte er so etwas im Lauf der Jahrhunderte getan, einen Leckerbissen mit einer Frau geteilt und »zufällig« mit seinen Lippen ihre Fingerspitzen berührt. Und jedes Mal war es ein Moment des Vergnügens gewesen, ganz gleich, ob es zu mehr führte oder nicht. Aber dieses Mal …
Sein schneller werdender Herzschlag spiegelte sich in ihren leicht aufgerissenen Augen. Ja. Er löste sich von ihrem Finger, bevor jemand etwas davon mitbekam, aber nicht ohne mit seiner Zunge ihre Fingerspitze zu streifen. Grinsend nahm er den gleichen Laut zur Kenntnis wie eine Woche davor, das leise Stocken ihres Atems, das er gehört hatte, als er seinen Preis entgegennahm. Ein warmes, rosiges Glühen stieg ihr Dekolleté empor und ließ sie weniger verlegen erscheinen als vielmehr … erregt.
Bereit, auch das Bett mit ihm zu teilen.
Daran hatte er die ganze Woche gedacht – dass, wenn er um sie werben und sie für sich gewinnen würde, dies gleichermaßen bedeutete, sie zu beschlafen. Zunächst hatte ihm der Gedanke daran Unbehagen bereitet, denn die Erinnerung an das einst rußverschmierte Mädchen war noch zu frisch. Aber mittlerweile war sie achtzehn Jahre alt, oder zumindest beinahe, eine reife Frau, genau im heiratsfähigen Alter. Eine erwachsene, leidenschaftliche Frau, die im Bett sicherlich ebenso leidenschaftlich war.
Eine Frau von königlichem Geblüt.
Was natürlich eine entscheidende Wendung war. Denn davon hatte er nichts geahnt, als er – beschäftigt mit der Planung einer Strategie, um ihr Herz und ihren Körper zu erobern – nachts allein im Wald gehockt und sein Blut vergossen hatte, um den Göttern für diesen Glücksfall zu danken. Eigentlich hatte er gar kein Recht darauf, eine Frau von derart hohem Rang in Betracht zu ziehen – zumindest nicht, wenn man bedachte, was er war.
Doch selbst als sich die Härchen in seinem Nacken aufstellten, als wollten sie ihn warnen, konnte Gunnar nicht anders, als ein Stück des Gänsebratens abzuschneiden und es ihr hinzuhalten, so als sei es der Köder für einen Falken, der hoch über seinem Kopf kreiste. »Ihr solltet ebenfalls ein Stück Gänsebraten probieren, Mylady. Ich bin sicher, Ihr werdet Gefallen daran finden.«
Die Röte an ihrem Hals stieg höher. Sie hatte seine Anspielung also verstanden.
Als Gunnar den Atem anhielt, zögerte sie für einen Moment, dann beugte sie sich langsam vor, um den Bissen Bratenfleisch entgegenzunehmen. Dabei berührte sie ihn keineswegs mit ihren Lippen, doch kurz bevor sie das Fleisch zwischen die Zähne nahm, streifte ihre Zunge die Spitze seines Daumens, so sanft und kaum merklich, dass er gar nicht sicher war, ob er es wirklich gespürt hatte.
Sein pulsierendes Blut jedoch signalisierte ihm, dass es sehr wohl so war. Gefahr hin oder her, es rauschte durch seine Adern und schoss bis in die Spitze seines Glieds, wo er sich nur allzu leicht vorstellen konnte, die gleiche Berührung ihrer Zunge zu spüren. Bei den Göttern! War ihr das überhaupt klar?
Allerdings war es das, denn ungeachtet ihres züchtig gesenkten Blicks, bestätigte sie sein Gefühl, indem sie ebenso sanft mit der Zunge ihre eigene Fingerspitze streifte und ein Tröpfchen entfernte – genau die Fingerspitze, die seine Zunge zuvor berührt hatte – und dann durch ihre dichten Wimpern zu ihm aufsah – mit einem Blick, der ihn beinahe dazu brachte, laut aufzustöhnen.
Bei den Göttern, hätte er es nicht besser gewusst, wäre er auf den Gedanken gekommen, sie sei darauf aus , ihn zu verführen. Möglicherweise war es ja ein Leichtes, sie ganz für sich zu gewinnen.
Aber nicht, wenn seine Lust die Oberhand hatte. Was er brauchte, war ihre Liebe, nicht nur ihr Verlangen. Er musste sich Zeit lassen, um sie zu umwerben, um sicherzugehen, dass er nicht nur ihren Körper, sondern auch ihr Herz gewonnen hatte. Er musste sich zusammenreißen.
Ein Blick in Richtung des Platzes, wo ihr Vater saß, neben dem leeren Stuhl seiner Gemahlin, sorgte für genau die Abkühlung, die er jetzt nötig hatte. Königliches Blut. Mächtiger Vater. Des Königs Nichte. Wenn er das hier vermasselte, wäre ganz England hinter ihm her.
Doch trotz alledem dauerte es eine Weile, bis er seine abschweifenden Gedanken wieder unter Kontrolle hatte. Und schließlich ließ auch der Druck in seinen Lenden nach, so dass er sich in der Lage sah, die Unterhaltung in sicherere Bahnen zu lenken und so das Essen einigermaßen zu überstehen. Neuigkeiten des zu Ende
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