Nachtnelken - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners vierter Fall) (German Edition)
Lernschwestern mit erröteten Wangen vor ihnen und stiegen geräuschvoll ein.
»Wieso haben die von der Inneren nur immer so ein Glück?«
»Der ist viel zu alt für dich«, konnten Judith Brunner und Grambow noch verstehen, bevor sich die Türen wieder schlossen.
Als sie sich dem Schwesternzimmer näherten, um sich anzumelden, war auch dort eine amüsierte Stimmung nicht zu überhören. In der Tür stand eine dralle Schwester mit einem Infusionsbeutel in der Hand. »Ach, so könnte mein Traummann aussehen!«, stieß sie seufzend aus.
»Das wird deinem Willi aber gar nicht gefallen!«, erinnerte sie frotzelnd eine mahnende Stimme von drinnen.
»Das werde ich heute Abend mit seinem Willi ausdiskutieren«, gab die Angesprochene trocken zurück.
Die Frauen kreischten übermütig.
»Streitet euch nicht, es ist ja für jede von euch einer da«, rief eine andere Schwester grienend im Vorbeigehen.
Was war hier los? Warum waren alle so guter Laune? Wem diese weiblichen Beifallsbezeugungen wohl galten? Judith erinnerte sich an den ärztlichen Direktor, mit dem sie ab und zu dienstlich gesprochen hatte. Ein wirklich attraktiver Mann.
Die Frau in der Tür des Schwesternzimmers trat zur Seite und Judith Brunner stellte sich und Grambow vor.
»Er hat schon Besuch«, klärte die Stationsschwester, mit einem tadelnden Blick in die Runde, auf. »Und diese jungen Hühner sind ganz außer sich! Sie hören es ja!«
Mirow hatte schon Besuch? Mussten sie sich Sorgen machen?
»Ich hätte das ja niemals erlaubt«, warf die Stationsschwester indigniert ein, als sie mit den neuerlichen Besuchern zu Mirows Krankenzimmer ging, »aber der Chef höchstselbst meinte, das gehe schon in Ordnung. Er kenne die Männer.«
Grambow beschleunigte seinen Schritt und wollte gerade zur Klinke greifen, als sich die Tür zu Mirows Krankenzimmer von innen öffnete.
Judith wurde sofort klar, woher der Aufruhr bei der weiblichen Belegschaft der Inneren Station rührte. Zwei echte Mannsbilder, die ihre Motorradhelme unter den Arm geklemmt hatten, traten in den Gang und schlossen behutsam die Tür hinter sich. Es gab ein kurzes Blickduell mit der Stationsschwester, das mit einem unerwarteten Augenzwinkern der Frau endete. In schwarzen Jeans und Lederjacken, T-Shirts und mit lässig umgebundenen dunkelroten Halstüchern wirkten Sebastian und Gabriel Fischer unerhört maskulin. Ein vergessener Haarschnitt bei dem einen und eine raspelkurze Bürste bei dem anderen ließen jeden auf eigene Weise verwegen und bemerkenswert gut aussehen. Kein Wunder, dass den Mädchen die Knie weich wurden. Aber was machten diese beiden Waldauer Schürzenjäger hier?
Sie blickten kurz auf Judith Brunner, grüßten höflich und klopften dann Grambow mitfühlend auf die Schultern. »Scheiße, Mann. Tut uns leid.«
Judith staunte. Natürlich kannte sie die beiden vom Sehen, sie waren schließlich aus einem Dorf, also fast Nachbarn. Aber Grambow? In der Regel waren Motorradfahrer und Polizisten keine besten Freunde. Was hatte der mit den beiden zu schaffen? Und wieso besuchten sie Mirow?
Noch als sie überlegte, was sie davon halten sollte, verabschiedete Grambow sich überraschend vertraut: »Danke für euer Kommen. Sehen wir uns heute Abend?«
»Klar. Wieder um sieben?«
Grambow nickte. »Tanja freut sich schon.«
Als die beiden gegangen waren, sah Grambow verlegen zu Judith Brunner. »Entschuldigen Sie, ich wusste nicht, dass die beiden so früh herkommen würden. Ich hätte Ihnen auf jeden Fall noch von dem Besuch erzählt. Zumindest hatte ich es geplant.«
»Schon gut.« Grambow schien mit den Fischer-Brüdern befreundet zu sein. Das genügte ihr. »Woher kennen Sie sich?«
Judith Brunner spürte, dass er mit der Antwort auf ihre harmlose Frage zögerte, als wäre ihm irgendetwas peinlich. Grambow sah an ihr vorbei, den langen Krankenhausflur hinunter. Dann antwortete er betrübt: »Aus dem Kinderheim. Wir waren dort lange Jahre zusammen.«
»Verzeihen Sie bitte. Ich wollte Sie nicht aushorchen.«
»Kein Problem. Sie können ja nichts dafür.« Unerwartet erhellte sich Grambows Gesicht. »Ich bin mit ihrer kleinen Schwester verheiratet.«
»Sie sind sogar eine Familie?«
»Das auch. Die beiden sind allerdings meine besten Freunde. Seit der Kindheit. Wir vier haben schon viel zusammen erlebt. Nicht nur Schönes. Ich meine ... Niemand hat nur Schönes erlebt, das wollte ich damit nicht sagen. Aber die Zeit im Heim, das war nicht immer einfach. Für Tanja war es
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