Nachtnelken - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners vierter Fall) (German Edition)
klingelten an der Gartentür. Charlotte Peuker hatte von Grambow erfahren, dass er am Vormittag kommen würde. Judith Brunner hatte er nicht erwähnt.
Die Frau kam mit raschen, kleinen Schritten die wenigen Meter vom Haus auf sie zugelaufen und sah seine Begleiterin neugierig an. Grambow übernahm die Vorstellung der Frauen.
»Kommen Sie rein, bitte.« Charlotte Peuker war ausgesprochen sympathisch.
Sie folgten ins Haus und wurden in die gute Stube geleitet.
Judith Brunner überlegte kurz, ob sie der Frau eingangs des Gespräches für den Hinweis auf ihren Enkel als möglichen Zeugen danken sollte, unterließ es dann aber. Denn sollte Manfred Peuker womöglich eines schweren Verbrechens überführt werden, könnte sie das im Nachhinein als unnötige Verhöhnung betrachten. So begann sie ganz allgemein: »Wir haben uns gestern noch einmal mit Ihrem Enkel unterhalten. Es ging erneut um seinen Aufenthalt am vergangenen Sonnabend hier bei Ihnen. Und vor allem um seinen Heimweg. Das Gespräch war interessant: Er hat uns einen Mann recht genau beschreiben können. Heute kommt er sogar noch einmal in die Kreisdienststelle, um uns bei der Anfertigung eines Phantombildes zu helfen.«
»Ja, der Manfred ist wirklich ein hilfsbereiter Junge. Nicht so ein Halbstarker.« Charlotte Peuker klang überzeugt.
»Er hat uns erzählt, dass er öfter Kleinigkeiten für Sie erledigt, am Haus oder im Garten.«
»Stimmt. Er macht das ohne Murren. Für sein Alter ist er recht gehorsam. Gibt heutzutage nicht viele Jungs, die ihren Omas noch helfen, erst recht nicht am Sonnabend. Sie sollten mal die anderen Frauen hier im Dorf hören. Alle klagen ständig über ihre Enkel; nur auf ihren Mopeds unterwegs, immer inne Disco, dann besoffen rumkajohlen, und dann noch hinter den Mädels her. Richtige Raufbolde. Da ist mein Manfred ganz anders.«
Genau das hatte Judith Brunner befürchtet. »Leider konnte Ihr Enkel sich nicht mehr genau an die Uhrzeiten erinnern. Wären Sie so freundlich und schildern uns noch einmal den Ablauf des Nachmittags? Dann können wir das vielleicht ergänzen?«
Anfangs deckte sich der Bericht von Charlotte Peuker mit dem von ihrem Enkel. Doch dann wurde Judith Brunner hellhörig.
»Nach dem Mittag sind wir zum Friedhof gegangen. Manfred hatte nämlich Blumen mitgebracht, die ihm seine Mutter mitgab. Für meinen Mann. Die beiden haben sich nämlich prächtig verstanden.« Stimme und Körperhaltung beim Sprechen des letzten Satzes verrieten, dass sie sich darüber immer noch irgendwie wunderte. »Auf dem Friedhof hielten wir uns aber nicht lange auf. Als wir wieder nach Hause kamen, machte ich uns das Radio an und da gab es gerade die Nachrichten um halb drei. Ich habe Kaffee gekocht und wir aßen meinen Kuchen. Dann haben wir uns um das Kaninchen gekümmert. Mit Tieren ist der Manfred inzwischen ganz vorsichtig. Na, und kurz nach vier is’ er dann wieder los.«
Den Besuch des Friedhofes hatte Peuker mit keinem Wort erwähnt. Und die Bemerkung zu den Tieren war zumindest eigenartig. »Hm, danke. Sagen Sie, hatte Manfred Freunde hier im Ort? Kannte er jemanden näher?«
Charlotte Peuker antwortete ohne Zögern: »Nicht dass ich wüsste. Woher auch? Er lernt ja in Klötze. Wie soll er da hier jemanden kennen?«
»Sie sagten doch, er wäre regelmäßig hier bei Ihnen.«
»Ja schon, aber da hält er sich nur bei mir im Haus oder im Garten auf. Manchmal fährt er noch mit seinem Fahrrad rum. Aber sonst? Wozu ist das wichtig?«
»Ich dachte, vielleicht hätte ihn ein Bekannter gesehen und wir könnten die Uhrzeiten vergleichen«, wich Judith Brunner der Frage aus. »Sie erwähnten das Kaninchen. Davon hat er uns erzählt. Was meinten Sie mit ›vorsichtig‹?«
»Ach, der Manfred war schon immer ganz verrückt nach Tieren. Schon als Kind. Er wollte sie immer anfassen und streicheln oder ihnen Kunststückchen beibringen. Wie im Zirkus, wissen Sie?«
Judith Brunner nickte unbestimmt.
»Ihm sind dann auch ein paar Tiere …, also, er war wohl ungeschickt und hat sie verletzt. Wir mussten sie dann erlösen ... Aber inzwischen ist er vorsichtig und weiß ganz genau, wo er ein Tier anfassen muss, damit ihm das nicht mehr passiert.«
»Gut«, gelang es Judith Brunner, mit einem dicken Kloß im Hals, erschrocken zu bemerken.
»Ach, das waren doch nur ein paar Katzen. Ja, und das eine Ferkel.«
~ 51 ~
Bevor Walter Dreyer zu Johannes Meiring aufbrechen konnte, hatte er etwas anderes zu erledigen, in
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