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Nachtsafari (German Edition)

Nachtsafari (German Edition)

Titel: Nachtsafari (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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dicht, dass sie wie Flüssigkeit in ihre Lungen floss. Aus dem Nichts rauschte ein kurzer Windstoß durch die Zweige, aber er war nicht kalt, sondern heiß wie ein Hauch aus der Hölle.
    Marcus schnupperte. »Es riecht nach Regen. Wir werden ein Gewitter bekommen … bald«, murmelte er vor sich hin. »Wir müssen schnellstens aus diesem Dickicht heraus und den Weg finden. Hör zu, Liebling. Wenn das Unwetter losbricht, müssen wir aufpassen, dass wir uns nicht verlieren.« Er zog den Gürtel aus seinen Shorts und drückte ihr ein Ende in die Hand. »Hier, lass das unter keinen Umständen los.«
    »Ja, sicher«, sagte sie erstaunt. »Aber können wir nicht im Auto bleiben und das Gewitter abwarten?«
    »Auf keinen Fall. Da werden die Blitze als Erstes einschlagen. Weit und breit gibt es sonst keinen Gegenstand aus Metall, und glaub mir, die Gewitter hier sind etwas anderes als in Deutschland. Als würde der Weltuntergang hereinbrechen. Man nennt sie nicht umsonst electrical storms … elektrische …«
    Silke zog die Brauen zusammen. »Danke, ich kann Englisch. Von elektrischen Stürmen habe ich allerdings noch nie gehört.«
    Sie wollte weitersprechen, aber der Mond hatte sich durch die Wolken gekämpft und flutete die Landschaft mit gespenstisch fahlem Licht. Zum ersten Mal konnten sie erkennen, wo sie sich befanden. Das heißt, sie konnten sehen, dass das Wrack des Wagens im dichten Gestrüpp lag. Marcus richtete den Taschenlam penstrahl auf den mit zentimeterlangen Dornen gespickten Busch, in dem sie festsaßen.
    »Mist, wir sind mitten in einem Wag-’n-bietjie-Busch gelandet …« Er sprach es »Wachn-bikkie-Busch« aus. »Das wird schwierig werden, hier mit heiler Haut rauszukommen.«
    Silke betrachtete die Stacheln, die wie riesige Widerhaken aussahen und paarweise am Ast saßen. Einer war nach vorn, der andere nach hinten gerichtet. Vorsichtig prüfte sie die Spitze eines der mörderisch aussehenden Dornen, der ihr direkt ins Gesicht ragte. »Die sind ja spitz wie eine Injektionsnadel. Wie hast du den genannt?«
    Vorsichtig befreite er sie von einem Dorn, der sich durch eine Falte ihres Oberteiles gebohrt hatte, glücklicherweise, ohne ihr die Haut zu verletzen. »Auf Deutsch heißt er Wart-ein-wenig-Busch. Sehr passend, oder?«
    Silke versteifte sich für Sekunden in seinem Arm, dann stemmte sie sich mit einer Hand gegen seine Brust, drehte mit der anderen sein Gesicht so, dass er ihr in die Augen sehen musste.
    »Erzähl mir nicht schon wieder, dass du das irgendwo gelesen hast. Jetzt ist Schluss damit«, sagte sie langsam. »Verstehst du? Wir müssen reden, und zwar ohne Wenn und Aber.«
    Marcus war völlig verstummt, sogar die Luft schien er anzuhalten. Ihre Hand lag auf seiner Brust, sie spürte das Hämmern seines Herzens. Das kalte Mondlicht zeichnete seine erstarrten Züge nach. Weiße Flächen, schwarze Schlagschatten. Scharfe Konturen wie bei einem Holzschnitt. »Was verbirgst du vor mir?«
    »Gar nichts.« Er senkte seinen Blick zu Boden.
    »Doch, tust du. Du ziehst dich von mir zurück … Ist es etwas, was ich getan habe?«
    Sein Kopf schnellte hoch. »Was? Du? Natürlich nicht!« Er war sichtlich erregt. »Ich sag dir doch, es ist nichts. Außerdem haben wir wirklich keine Zeit zu vergeuden. Wir müssen so schnell wie möglich hier weg.«
    Sie kniff die Lider zusammen. »Ist es etwas, was du getan hast? Oder nicht getan? Rede mit mir, sonst gehe ich keinen Schritt weiter«, flüsterte sie. »Bitte.«
    Sachte fuhr sie mit dem Zeigefinger die Falten nach, die sich von den Nasenflügeln zu seinen eingekniffenen Mundwinkeln zogen. Einmal links und einmal rechts. »Ich erkenne dich kaum noch wieder«, sagte sie leise und fragte sich, wer er wirklich war.
    Sein Blick flackerte, für einen Augenblick verbarg er sein Ge sicht in ihrer Halsgrube. »Es ist nichts«, entgegnete er schließlich tonlos. »Glaub mir. Ich habe mich nicht verändert. Ich liebe dich.«
    Sie spürte seinen warmen Atem an ihrem Hals. »Du warst schon einmal in Südafrika, hier, in Zululand«, sagte sie plötzlich, und es war keine Frage. »Und ich will auf der Stelle wissen, warum du mir das verschweigst.«
    Marcus reagierte mit einem krampfartigen Zusammenziehen seiner Umarmung, versuchte sie daraufhin, noch fester an sich zu ziehen, ihr Gesicht an seine Brust zu drücken, aber sie wehrte sich vehement.
    »Vor dir habe ich noch keinen Menschen so geliebt wie dich.« Sie sagte es leise, fast wie zu sich selbst. »Was ist hier

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