Nachtsafari (German Edition)
unter den Arm und lief an ihr vorbei die Treppe hoch ins Obergeschoss, wo ihr Schlafzimmer und sein Büro lagen. Oben drehte er sich um.
»Ich stelle nur mein Notebook weg, mach mir doch bitte einen Cappuccino, dann können wir noch ein bisschen klönen, bevor wir uns fertig machen.«
Silke sah ihm nach. Offenbar hatte er einen schlimmen Tag gehabt. Die beste Medizin dagegen war sicher eine Party mit guten Freunden, lauter Musik und jeder Menge Hochprozentigem.
»Liebling, was hältst du von Spaghetti oder Pizza im Vapiano?«, rief sie die Treppe hinauf.
»Ja, ja, wunderbar. Genau das, was ich heute brauche«, kam die Antwort.
Und so verbrachten sie den Abend im Vapiano, wo es voll und laut war, und leerten eine Flasche Wein. Aber als sie dann ziem lich spät ins Bett gingen, hatte Marcus ihr noch immer nicht gesagt, was eigentlich mit ihm los war. Stattdessen hatte er sie wortlos in den Arm genommen und geküsst, seine Lippen über ihren Körper wandern lassen, sie da gestreichelt, wo es ihr ein wohliges Stöhnen entlockte. Doch plötzlich hatte er sich von ihr gelöst und auf den Rücken geworfen.
»Geht heut nicht«, knurrte er. »Tut mir leid.« Damit vergrub er den Kopf im Kissen.
»Kann ja mal passieren«, flüsterte sie und zog ihn an sich.
Am nächsten Morgen standen sie spät auf, und nach einem ausgedehnten Brunch, wobei jeder von ihnen Teile der Süddeutschen las – Marcus den Wirtschaftsteil und Silke das Feuilleton –, schlug sie vor, den Weihnachtsbaum abzuschmücken. So war sie das von ihrem Elternhaus gewohnt.
Marcus, der bisher ziemlich schweigsam gewesen war, legte die Zeitung weg und runzelte die Stirn. »Das ist jetzt wirklich blöd«, erwiderte er. »Ich glaube, ich habe die externe Festplatte mit der täglichen Sicherung im Büro vergessen. Vermutlich liegt sie irgendwo herum, was ja nicht die Idee von einer Sicherung ist. Stell dir nur vor, eine Silvesterrakete fliegt durchs Fenster und es brennt oder so, dann ist alles weg. Grauenvoller Gedanke!« Er stand auf. »Das heißt, ich muss schnell noch mal hinfahren, um sie zu holen. Tut mir leid, aber die Festplatte gehört hier in den Safe, wie jeden Tag.«
Silke kniff enttäuscht die Lippen zusammen, nickte jedoch ergeben. »Lässt sich ja wohl nicht ändern. Aber sei ja rechtzeitig zurück, dass wir uns in Ruhe für die Party fertig machen können.«
»Natürlich«, rief er vom Flur her, zog seinen Daunenmantel an, schnappte sich den Autoschlüssel und stürmte hinaus ins unwirtliche Winterwetter.
Gerade rechtzeitig, um sich umzuziehen, kehrte er nach drei Stunden zurück, erklärte die lange Abwesenheit damit, dass er wegen eines Unfalls im Stau gesteckt habe. Silke war so froh, dass er rechtzeitig aufkreuzte, dass sie nur nickte und auch vergaß, ihn zu fragen, ob er die Festplatte gefunden hatte.
Eilig zogen sie sich um und machten sich auf den Weg zu ihren Freunden. Die Temperatur war noch weiter gesunken, und es schneite schon wieder.
Die Wohnung der Haslingers war hell erleuchtet, Musik und Lärm schallten ihnen schon auf der Straße entgegen. Vom Balkon hörten sie das Gelächter der Gäste, die Nicole zum Rauchen in die Kälte geschickt hatte. Die Party war offensichtlich bereits in vollem Schwung.
Nicole erwartete sie an der offenen Wohnungstür. »Kommt bloß rein in die Wärme«, begrüßte sie sie mit Küsschen rechts und Küsschen links.
»Meine Güte, da wird man ja taub«, entgegnete Silke. »Haben eure Nachbarn schon die Polizei gerufen, oder sind die vorübergehend ausgewandert?«
»Nee.« Nicole grinste fröhlich. »Die sind vollzählig hier bei uns.«
»Ich brauche einen Wodka«, sagte Marcus und strebte umgehend zur überfüllten Bar, auf die Olaf so stolz war.
Silke entledigte sich ihrer Stiefel und stieg in die mitgebrachten High Heels. Von der Diele aus sah sie, dass am langen Tisch im Wohnzimmer mindestens ein Dutzend Gäste versammelt waren und lautstark miteinander plauderten.
»Sind wir die Letzten?«
Nicole sah sich um. »Mitnichten, da fehlen noch einige und die, die ohne Einladung kommen. Such dir einen Platz.«
Silke wurde mit viel Hallo begrüßt, und irgendjemand schob ihr einen Stuhl hin.
»Und, was gibt’s Neues?«, fragte Nicole und goss ihr ein Glas Wein ein. »Hast du schon ein Kleid für deine Verlobungsparty? Komm, erzähl, ich platze sonst.« Sie lehnte sich mit neugierig glit zernden Augen vor.
»Na, was glaubst du denn.« Silke lachte und zeigte ein Foto von dem Kleid auf
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