Nachtsafari (German Edition)
Land verlassen, aber aus irgendeinem Grund hat Anita Sehnsucht nach Kälte, Matsch und Schnee.« Er schüttelte sich theatralisch. »Wenn es nach mir geht, sind wir sehr bald wieder zurück.«
»Schschschneematsch«, trötete Marcus auf Deutsch. »Scheußlich. Kalt und nass, aber keine Affen …«
»Da haben Sie recht, keine Affen«, erwiderte der Mann ebenfalls auf Deutsch. »Kommen Sie aus Deutschland?«, wandte er sich an Silke.
Sie nickte knapp. »Aus München. Wir sind gestern erst angekommen.«
»Aber nicht ursprünglich, oder? Ich höre eine deutliche norddeutsche Sprachfärbung. Klingt eher nach Nordseesprotte. Ich kann den Hering geradezu riechen und die Wellen an den Sylter Strand klatschen hören.«
Silke lachte. »Stimmt. Ich komme tatsächlich von der Nordseeküste.«
Er streckte ihr die Hand hin. »Dirk Konrad. Ebenfalls aus dem kühlen Norden. Um genau zu sein, auch von der stürmischen Nordseeküste.«
Silke nahm seine Hand und drückte sie.
Der Mann hatte ein sehr anziehendes Lächeln, und seine lockere Art gefiel ihr auf Anhieb.
»Ich bin Silke Ingwersen, und das ist Marcus Bonamour. Er ist Münchner.«
»Kommen … aus Deutschland.« Marcus griente stolz. »Bayern – da komm ich her. Hab nur meine Lederhosen vergessen.«
Der Ranger hatte inzwischen die dunkelhaarige Frau in den Arm genommen und drückte ihr einen schallenden Kuss auf jede Wange. »Jill, dein Wachhund ist ja schon wieder dabei.« Er schoss dem Mann an ihrer Seite einen gespielt feindseligen Blick zu. »Hat der denn nichts anderes zu tun, als hinter dir herzuscharwenzeln? Nie hab ich dich mal für mich allein«, flüsterte er ihr ins Ohr und küsste sie noch einmal.
Jill zog ein todernstes Gesicht. »Ach, ich habe zwar versucht, Nils anzuketten, aber er hat so herzerweichend gejault, dass ich ihn wieder losbinden musste. Außerdem will ich mir ja keinen Ärger mit dem Tierschutzverein einhandeln.«
»Wuffwuff«, machte der Mann im Hawaiihemd und küsste sie besitzergreifend.
Der Ranger schob ihn weg. »Hau ab, Nils, lass sie mir wenigstens für ein paar Minuten, du hast sie doch noch dein ganzes Le ben. Wie geht’s eigentlich? Was hat euch nach Hilltop verschlagen? Habt ihr schon die eigenen Betten vermietet? Ich habe gehört, dass das Geschäft derartig brummt, dass man neidisch werden könnte.«
Jill winkte ab. »Dazu gibt es im Augenblick wirklich keinen Grund. In unserer Küche ist ein Wasserrohr geplatzt, und gefühlte tausend Liter haben sich als Flutwelle bis in die Bar ergossen. Jetzt schwappt da ein nicht sehr sauberer See, und prompt ist das Was ser natürlich in die Steckdosen gelaufen. Es knallte, Funken sprüh ten, und ich dachte, der Herd explodiert. Glücklicherweise passierte das, nachdem das Dinner für unsere Gäste fertig war. Nur wir drei«, ihre Handbewegung schloss Dirk Konrad mit ein, »haben heute noch nichts zu essen bekommen und sterben fast vor Hunger. Habt ihr noch was für uns übrig?« Sie warf einen sehnlichen Blick aufs Buffet.
»Klar, wir werden euch schon satt bekommen«, sagte Rick. »Beim Buffet wird noch nachgelegt, und à la carte ist heute der Warzenschweinbraten besonders lecker, Springbock in Rosinensoße kann ich auch empfehlen.«
Nils rieb sich den Magen. »Deine gute Tat für heute. Ich bin schon ganz schwach vor Hunger.«
Rick zog einen Stuhl zurück. »Wollen wir uns nicht alle zusammensetzen? Ist das okay?«, fragte er Silke. »Das könnte inter essant für euch werden. Die Geschichten, die Jill über diese Gegend erzählen kann, sind es wert, gehört zu werden.«
Silke streifte Jill mit einem essigsauren Blick, riss sich aber zusammen, um nicht als komplette Zicke dazustehen. Schmallippig lächelte sie ihre Zustimmung.
Marcus, der bisher nicht reagiert, sondern verdrießlich in sein leeres Weinglas gestarrt hatte, blinzelte. »Die ist hübsch«, er zeigte auf Jill, »wer ist das?«
Jill lachte und verbeugte sich. »Danke fürs Kompliment. Ich werde es in eine Schublade stecken und immer dann hervorholen und polieren, wenn ich mal nicht so gut drauf bin. Ich bin Jill Rogge«, sagte sie und zeigte dann auf Nils, »und das ist mein Mann Nils. Wir haben eine Farm ein paar Kilometer von hier entfernt.«
»Das klingt ein bisschen zu bescheiden«, mischte sich Rick ein. »Jill gehört eins der schönsten privaten Wildreservate hier und gleichzeitig eine der ältesten Farmen dieser Gegend«, erklärte er Silke. »Nun setzt euch schon hin«, fügte er hinzu und zeigte auf
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