Nachtsafari (German Edition)
friedlich abzogen. Es war ein absolut unglaubliches Erlebnis, das ich bis an mein Lebensende nicht vergessen werde.« Sie lachte. »Schon allein, weil ich vor lauter Angst kaum atmen konnte. Ohne ihn«, sie zeigte mit dem Daumen auf Rick, »wäre ich zu Brei getrampelt worden.«
Silke drehte sich zu dem Ranger um. Erst jetzt fiel ihr auf, wie breit seine Schultern waren, wie kräftig und zuverlässig seine Hände, wie fest und klar sein Blick. Ihre Augen glitten an seinem Körper hinunter, und in diesem Augenblick lächelte er sie an. Jäh wurde ihr heiß und kalt. Ein feiner Schweißfilm legte sich auf ihre Haut. Entsetzt von dieser völlig unerwarteten und ganz und gar unemanzipierten Höhlenweibchenreaktion, versuchte sie, sich innerlich zur Ordnung zu rufen.
Halt suchend griff sie nach Marcus’ Hand. Mit ihm war sie verlobt, ihn würde sie heiraten, doch ihr Blick flatterte immer wieder zu Rick.
Was war bloß mit ihr los? Ihre Fingerkuppen fuhren über ihre Wange, die förmlich glühte. Die Vermutung, dass sie hochrot im Gesicht war, lag nahe und verursachte ihr eine weitere Hitzewallung. Es musste diese Schwüle sein und der Wein, der ihr durch den Körper pulsierte, ihr Blut erhitzte und die Beine schwer machte. Das musste es sein! Mit zitternden Fingern goss sie sich ein Glas eiskaltes Mineralwasser ein und stürzte es so hastig hinunter, dass sie hinterher hustend nach Luft schnappen musste. Anschließend presste sie das kalte Glas an ihre Schläfe und hoffte, dass es ihre verräterische Gesichtsfarbe etwas mildern würde.
»Und wo in Deutschland bist du zu Hause?«, erkundigte sich Jill.
»München«, antwortete Silke und war dankbar für die Ablenkung. »Seit Kurzem.« Aus den Augenwinkeln betrachtete sie Marcus. Sein Kopf hing nach hinten, die Augen hatte er geschlossen, der Mund stand halb offen. »Aber wenn er so weitermacht, werde ich nicht mehr lange da sein«, rutschte es ihr heraus.
Marcus musste ihren Ausspruch mitbekommen haben, denn er nahm ihre Hand und küsste sie. »Entspann dich, Schatz«, murmelte er.
Jill blickte mit kaum übersehbarer Neugier von einem zum anderen. »Dein Nachname – Bonamour – kommt in Südafrika öfter vor«, sagte sie zu Marcus. »Eine Schulfreundin von mir hieß so, und die kam aus einer großen Familie, die hier in Natal lebt. Kommst du ursprünglich aus dieser Gegend? Aus Südafrika?«
»Südafrika, ich?« Für ein paar Sekunden schien Marcus Mühe zu haben, seine Augen zu fokussieren, dann aber wurde sein Blick überraschend klar. Er setzte sich kerzengerade auf. »Nein, absolut nicht. Ich bin Deutscher.« Er schwang eine Hand im Halbkreis, wobei er Silke um ein Haar ins Gesicht geschlagen hätte. »Bonamour ist ein Hugenottenname, und wir Hugenotten sind doch über die ganze Welt verteilt, nicht wahr? Über die ganze große, weite Welt.« Er blinzelte Jill anzüglich an. »Papa war immer unterwegs.«
Jill ging nicht darauf ein, sondern schwieg mit gerunzelten Brauen, dachte offenbar über etwas nach. »Meine Urururgroß mutter entstammte ebenfalls einer Hugenottenfamilie«, sagte sie schließlich und musterte ihn dabei noch immer mit Irritation.
»Aha, da hast du es«, sagte Marcus und wirkte etwas nüchterner. »Uns gibt’s überall auf der Welt … Und bist du Deutscher oder Südafrikaner?«, fragte er Nils in einem Ton, der deutlich machte, dass er das Thema wechseln wollte.
»Das frage ich mich auch manchmal. Ursprünglich komme ich aus Hamburg, und laut Pass bin ich noch Deutscher, aber«, Nils bedachte seine Frau mit einem intimen Lächeln, »mein Herz ist fest in südafrikanischer Hand. Und der da«, er wies auf seinen Freund Dirk, »der sieht zwar aus wie ein sizilianischer Pirat, aber er ist Friese, man sollte es kaum glauben! Bestimmt hat einer seiner Vorfahren aus dem Süden in grauer Vorzeit Schiffbruch erlitten, ist an die Nordseeküste gespült und in letzter Sekunde von einem hübschen Friesenmädel gerettet worden, dem er dann prompt den Kopf verdreht hat. Daher hat er wohl auch die blauen Augen.«
»Ha!«, machte Dirk Konrad. »Tatsächlich waren die Friesen ziemlich wüste Küstenbewohner, die mit falschen Positionslaternen Schiffe in Untiefen lockten, um sie zu plündern. Sie fanden meinen armen Vorfahr, der nur ein harmloser Frachtkapitän war, am Strand und raubten ihn aus.« Sein spöttischer Blick wanderte über seinen Freund und blieb an dessen kräftigen Oberarmen hängen. »Riesige, muskelbepackte Strandpiraten, mit Keulen
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