Nachtsafari (German Edition)
sie tun sollen. Wie weit seid ihr ansonsten mit den Vorbereitungen?«
»Kein Problem«, sagte Thabili. »Aber die zwei Gäste von Bungalow drei fühlen sich nicht gut und meinten, es wäre der Salat gewesen.« Sie grinste vielsagend. »Sie waren gestern bis zum Schluss in der Bar.«
Jill verdrehte die Augen. Wenn sich Gäste schlecht fühlten, wurde das immer auf den Salat geschoben, obwohl der letzte Cuba Libre am Abend zuvor zu viel gewesen war. Das hieß, um den heißen Brei herumreden, vielleicht eine Flasche Wein gratis auf den Tisch stellen, denn nur eine einzige offizielle Beschwerde, dass das Essen auf ihrer Lodge nicht in Ordnung war …
Sie mochte gar nicht daran denken. Es gab genug Neider, die auf Inqaba schielten. »Okay, ich kümmere mich darum.«
Genervt machte sie sich auf den Weg zur Rezeption, um mit Jonas Dlamini noch einige Fragen bezüglich einer Buchung einer Reisegruppe zu besprechen. Jonas Dlamini war der Enkel ihres alten Kindermädchens Nelly. Er war vor gut fünfzehn Jahren auf der Suche nach einem Job zu ihr gekommen. Ein magerer, junger Mann, hungrig nach Leben, nach Erfolg, der nur ein paar abgetretene Schuhe besaß, aber einen Universitätsabschluss als Bauingenieur. Ein Mann, der sich geschworen hatte, nie wieder Kuhdung an den Füßen kleben zu haben, endlich dem zähen Schlamm der dunklen Riten und Traditionen seiner Stammesgenossen, die sich von allem Neuen bedroht fühlten, zu entkommen. Obwohl sie ihm nur sehr wenig zahlen konnte, fing er als Aushilfe bei ihr an der Rezeption an.
Er erwies sich als Juwel, hielt ihr den Rücken frei, brachte ihre Bücher in Ordnung und wurde als beinhart in Preisverhandlungen von den Lieferanten gefürchtet. Ohne ihn würde Inqaba im Chaos versinken, das war ihr klar. Wenn sie wieder einmal überarbeitet war, wieder einmal ein Gast unsinnige Forderungen stellte und sie es nicht mehr fertigbrachte, gelassen und freundlich zu lächeln, dann war Jonas zur Stelle und rettete die Situation mit seinem Charme. Mit fragendem Ausdruck hob er den Kopf von seinen Büchern.
Jill angelte einen Bonbon aus dem Glasgefäß, das Jonas immer auf seinem Tresen stehen hatte. »Weißt du, wo sich Kira und Luca herumtreiben?«
»Kira striegelt ihr Pony, und Luca ist in der Küche und schlägt sich den Bauch voll«, war die prompte Antwort.
»Und zum Mittagessen kann er dann nichts mehr essen!«, sagte sie verärgert. »Ich werde mir mal Nomusa vorknöpfen.«
Die Küche war seit einiger Zeit Lucas Lieblingsort, und No musa, die Köchin, die ihre Kochlöffel wie Dressurpeitschen schwang und wie ein mittelalterlicher Despot über das Küchenpersonal herrschte, wurde butterweich, wenn Luca sie umschmei chelte. Sie und ihre Töchter, die als Aushilfen arbeiteten, wenn Inqaba voll ausgebucht war – und das war es letztlich fast im mer –, konnten ihm nicht widerstehen und verwöhnten ihn nach Strich und Faden. Was er natürlich gnadenlos ausnutzte.
»Lass es gut sein, Jill«, erwiderte Jonas. »Luca wächst schneller als ein Bambushalm und braucht alles, was er in sich hineinstopfen kann. Der wird mal größer als Nils, und wie das mit Bambushalmen so ist, wenn er nicht kräftig genug ist, fällt er um.« Seine Hand fiel demonstrativ krachend auf den Tresen. »Einfach so. Ein ordentlicher Zulu muss Substanz haben. Nimm dir ein Beispiel an mir.« Mit einem fetten Lachen klatschte er sich auf seinen Bauch, der in letzter Zeit immer runder geworden war.
Jill lachte. Ein fetter Bauch war bei den Zulus ein Zeichen von Wohlstand. »Lenk nicht von Luca ab. Er hat sich in der Küche wohnlich eingerichtet, lässt sich bedienen und hält Nomusa und ihre Mädchen nur von der Arbeit ab, und das kostet Geld.« Damit wandte sie sich ab, um zu ihrem Privathaus zu gehen, blieb aber noch einmal stehen. »Woher weißt du eigentlich immer, wo die Gören sind? Ich habe die meiste Zeit keine Ahnung, wo sie sich herumtreiben, dabei bin ich ihre Mutter.«
Jonas formte eine Brille mit Zeigefinger und Daumen und grinste, dass sein gold überkronter Schneidezahn vorn rechts, den er sich neuerdings zugelegt hatte, in der Sonne blinkte.
Jill musterte ihn abwesend. Meine Augen sind in ganz Zululand, hieß das. Ihr war klar, dass er überall seine Impimpi sitzen hatte – seine Spione, die ihm jeden Vorfall berichteten und jedes Gerücht zutrugen.
»Was ist?« Jonas sah sie unverwandt an. »Deine Gedanken wandern durch Schatten, das kann ich sehen …«
»Es wird ein Unwetter geben«,
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