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Nachtsafari (German Edition)

Nachtsafari (German Edition)

Titel: Nachtsafari (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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Sportarten wie Surfen oder Rugby verbringen. Das Leben der Wohlhabenden in Südafrika schien hauptsächlich bei Sport und Spiel in der freien Natur stattzufinden.
    Etwas wie Neid kroch in ihr hoch. Sie stellte sich vor, wie ein Besuch an einem deutschen Hotelpool abgelaufen wäre, dachte an die entspannten, kontaktfreudigen Menschen dieses Landes. Auf einmal spürte sie eine ziehende Sehnsucht, konnte aber nicht definieren, wonach. Mit einem ratlosen Kopfschütteln gab sie auf und lächelte Cheryl an.
    »Sie sind Südafrikaner, nicht wahr? Wo leben Sie?«
    »Im Kriegsgebiet«, grinste Peter, und auf Silkes erschrockenen Ausdruck hin fügte er hinzu: »In Johannesburg.«
    »Kriegsgebiet?«, wiederholte sie stirnrunzelnd.
    »Wir nennen das so, kommt wohl daher, weil wir im Auto entführt worden sind, unser Haus wurde bereits zwei Mal ausgeräumt, unser Nachbar erschossen.«
    Silke konnte ihn nur entsetzt anstarren, war sich nicht klar darüber, ob dieser Mann ihr einen ziemlich großen Bären aufbinden wollte oder ob er es tatsächlich ernst meinte. Die anschließende Reaktion seiner Frau erklärte allerdings einiges.
    »Halt die Klappe, Peter«, sagte sie scharf. »Über solche Sachen reden wir nicht, das weißt du.«
    »Davon gehen sie aber nicht weg«, widersprach er und grinste aufreizend, jedoch ohne jegliches Amüsement. »Vogel-Strauß-Politik ändert nichts daran.«
    Silkes erster Impuls war, sich zurückzuziehen. Hier drohte anscheinend ein Ehestreit, und es gab kaum etwas, was ihr unangenehmer war, als wenn Eheleute sich in ihrem Beisein stritten. Ihr Mienenspiel war wohl offensichtlich, denn Cheryl lachte.
    »Keine Angst, wir gehen uns nicht an die Kehle. Damit warten wir, bis wir allein sind.«
    So kamen sie ins Gespräch, und beide Südafrikaner erzählten witzige Anekdoten aus einem Leben, in dem es Kindermädchen, Haushaltshilfen und Gärtner, Country Clubs, ewig gutes Wetter und regelmäßig Ferien am Meer gab. Doch nach und nach, meist nur in einer beiläufigen Bemerkung, kam heraus, dass sie fingerdicke Gitter vor allen Fenstern hatten, meterhohe Elektrozäune ihr Haus schützten und sie gerade einen neuen Schrank für ihre ständig wachsende Waffensammlung gekauft hatten.
    Silke warf Marcus einen verunsicherten Seitenblick zu, der aber schien nicht zuzuhören, sondern polierte mit Hingabe seine Sonnenbrille.
    »Waffen und elektrische Zäune«, sagte sie langsam. »Wie können Sie so nur leben?«
    »Wir sind Buren. Wir haben die Wagenburg erfunden«, antwortete Peter leichthin. »Abgesehen davon haben wir eine Scheißangst. Deswegen Waffen und elektrische Zäune.«
    »Und abgerichtete Hunde«, warf Cheryl ein.
    Schockiert sah Silke sie an. »Viele Südafrikaner wandern aus, habe ich gelesen.«
    Cheryl zuckte mit den Schultern. »Wohin sollten wir gehen? Uns will doch keiner haben. Unser Geld ist im Ausland nichts wert, und in Europa haben die Schengen-Staaten ihre Grenzen dichtgemacht.« Sie stand auf, setzte sich an den Pool, den Sonnenhut tief in die Stirn gezogen, und spielte mit den Zehen im Wasser. »Außerdem lassen wir uns nicht aus unserem Land vertreiben«, sagte sie voller Leidenschaft. »Meine Familie lebt hier seit fast einhundert Jahren. Wir haben genau wie die ein Recht, hier zu leben. Das haben wir uns hart erarbeitet.«
    »Wer sind die?«, fragte Silke aus Höflichkeit.
    Cheryl presste die Lippen zusammen, machte dann eine vage Handbewegung. »Na, unsere schwarzen Brüder, wer sonst? Aber lassen wir das Thema. Ich hasse Politik, besonders in dieser Hitze.« Damit warf sie ihren Sonnenhut zielsicher auf den Liegestuhl, glitt ins Wasser und kraulte mit kräftigen Armbewegungen einige Längen, ehe sie sich auf dem Rücken treiben ließ. »Kommen Sie rein, wir können uns im Pool unterhalten. Sonst kriegen Sie noch einen Hitzschlag«, rief sie Silke zu.
    Silke sprang mit einem Satz ins Wasser. »Komm, Marcus, es ist herrlich!«, rief sie.
    Marcus machte einen Hechtsprung in das Becken, und auch Peter folgte ihnen. Zu viert durchpflügten sie das türkisfarbene Wasser, sodass die Wellen über den Rand schwappten. Schließlich hingen sie lachend am Rand. Cheryl tanzte wassertretend vor ihnen auf und ab, fragte, woher Marcus und sie kämen.
    »Wir leben in München, aber ich komme aus dem kühlen Norden Deutschlands. Ich bin in der Nähe der Nordsee aufgewachsen«, antwortete Silke. »Marcus ist Bayer. Da lernt man erst Skilaufen, dann auf Berge zu kraxeln, danach erst vernünftig laufen.

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