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Nachtseelen

Titel: Nachtseelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krouk Olga
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Sekunden später saß sie in ihrer Corvette.
    Im Rückspiegel sah sie Adrián den Blumenladen verlassen. Er hatte sie gesehen oder vielleicht doch ihre Fluchtgedanken empfangen, denn er fuchtelte mit den Armen und eilte zu ihr. Alba startete den Motor, trat auf das Gaspedal und rauschte davon.
    Eine Zeit lang jagte sie ihre Corvette ziellos durch die Straßen. Verdammt, würde diese Flucht nie aufhören? Und das, wo sie sich bei Conrad so sicher gefühlt hatte. Vor Micaela und anderen Jägern. Dass die Gefahr von den Untoten selbst ausgehen könnte, wäre ihr niemals in den Sinn gekommen. Wie töricht! Ausgerechnet diesen mordenden Kreaturen wollte sie vertrauen.
    Und was beabsichtigst du jetzt zu tun, du lebendiges, denkendes Wesen? , neckte sie sich. So ganz allein? Ohne jemanden, der dich beschützen kann?
    Was sie noch mehr beschäftigte: Wo war Finn, wie konnte sie ihn finden und ihm erzählen, was vorgefallen war?
    Â»Scheiße!« Sie schlug gegen das Lenkrad. Sie hatte nicht einmal ein Dach über dem Kopf, von der Corvette mal abgesehen. Und zu wenig Geld, um untertauchen zu können.
    Vorher hatte Georg ihre Rechnungen bezahlt und sich um alles gekümmert. Er war derjenige, der das Finanzielle im Griff hatte, so fest, dass sie darüber nie nachdenken
musste. Wenn sie Geld brauchte, bekam sie welches, ohne sich Sorgen darüber zu machen, dass nichts davon wirklich ihr gehörte. Bei wem sollte sie jetzt Hilfe suchen, ohne Freunde und Bekannte?
    Allein.
    Sie hatte ihre sichere Welt verschmäht und war aus der neuen verstoßen worden. In eine Sackgasse gedrängt.
    Das hast du nun davon, von deiner kriminalistischen Neugier, vom Abenteuerdrang, vom Wunsch nach Liebe und Leidenschaft. Ihre Augen begannen zu brennen. Sie blinzelte. Wehe, du fängst gleich an zu heulen!
    Nein. Nicht heulen. Nachdenken!
    Sie musste untertauchen, zusammen mit Finn für ein Weilchen von der Bildfläche verschwinden. Und dafür brauchte sie nun mal Geld. Alba verzog das Gesicht. Auf der Liste aller Möglichkeiten standen leider nur zwei Punkte: mit dem Messer ihres Opas eine Bank auszurauben oder ihre Eltern aufzusuchen. Beides sagte ihr nicht wirklich zu, aber das Letztere war wenigstens nicht strafbar. Also – das geringere Übel?
    An ihre Mutter wollte sie gar nicht erst denken. Was diese sagen würde, konnte Alba sich zu bildhaft ausmalen. Aber ihr Vater – er könnte sie zumindest verstehen, ihre Entscheidung, Georg wegen der Liebe zu einem anderen zu verlassen. Natürlich würde er nicht erfreut darüber sein. Aber es bestand eine geringe Chance, dass er Finn akzeptieren würde, schließlich hatte er auch eine Barkeeperin ohne jegliche Mittel geheiratet.

    An einer roten Ampel suchte sie das Mobiltelefon heraus. Das Display zeigte neun Anrufe in Abwesenheit. Fünf davon von Georg, vier von ihrer Mutter. Alba hörte den Anrufbeantworter nicht ab und wählte die Nummer ihres Vaters. Es wurde gleich abgenommen.
    Â»Hi, ich bin’s«, stammelte sie in das Handy. »Ich muss mit dir reden. Hättest du ein wenig Zeit? Könnte ich bei dir im Büro vorbeikommen?« Ihn im Haus zu treffen und dabei das Risiko einzugehen, dass ihre Mutter versuchen würde, sie an ihrer Entscheidung zu hindern, wollte Alba nach Möglichkeit vermeiden. Es würde ihr sicherlich schon schwer genug fallen, die ganze Lage ihrem Vater schonend beizubringen.
    Â»Alba?«, kam es zögernd zurück, als erkenne er sie nicht wieder. »Du stotterst ja nicht mehr.«
    Sie lächelte. Sie musste einfach lächeln, als sie seine müde und von Sorge gezeichnete Stimme hörte. Alba biss sich auf die Unterlippe. Warum meldete sie sich nur dann bei ihm, wenn sie in Schwierigkeiten steckte? Warum war ihr nie in den Sinn gekommen, ihn anzurufen und zu fragen, wie es ihm ging? Vier einfache Worte, für die sie jetzt keine Zeit hatte. »Ja«, hauchte sie betreten in das Telefon. »Es ist jede Menge passiert, und ich …«
    Â»Deine Mutter hat mich schon ein Dutzend Mal angerufen«, unterbrach er sie aus lauter Gewohnheit. »Sie meinte, zwischen dir und Georg kriselt es ein wenig.«
    Ihr Vater, live und in Farbe. Diplomatisch bis zum Gehtnichtmehr. Das, was sie Georg angetan hatte, als
Kriseln zu bezeichnen, konnte vermutlich nur er fertigbringen. Alba beschloss, nicht darauf einzugehen. Alles zu erklären hätte noch mehr Zeit in

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