Nachtseelen
Abschreckung für die, die sich ihr widersetzen wollen.«
Diese Linnea, die ihr erwähnt habt, ist also eine Königin?
»Ja.« Evelyn verzog das Gesicht. »Sie ist ein hinterhältiges, andere manipulierendes Miststück, das nur ein Ziel vor Augen hat: Ihre Gemeinde zu erweitern und solche wie mich auszurotten. Sie würde ihren treuen Untertanen alles geben, alles für sie opfern. Dafür büÃen diese ihren freien Willen ein. Jeder, der sich gegen Linnea stellt, wird vernichtet. Finn ist an die Gemeinde gebunden, aber sein rebellischer Geist erlaubt es ihm nicht, sich unterzuordnen. Als Kilian noch gelebt hat,
wollte der ihm helfen, sich Linneas Einfluss zu entziehen. Aber sie haben es nicht geschafft. Nun versucht Finn es im Alleingang.«
Wer ist Kilian? Der Druck auf ihrer Stirn verwandelte sich in einen dumpfen Schmerz. Lange würde sie diese Unterhaltung nicht aushalten können. Zum Teil kam es ihr vor, als schabe jemand mit einem Löffel an ihrem Hirn. Wenn sie die Augen schloss, sah sie weiÃe Kreise pulsieren.
Evelyn antwortete nicht sofort. »Kilian ist ⦠war ⦠ein sehr guter Mensch. Hm. Ich meine natürlich: ein Metamorph, aber du verstehst schon, was ich sagen will, oder? Er war â¦Â« Sie stockte. »Er hat sich in die Falsche verliebt, und das war sein Untergang. Bitte, lass uns nicht darüber reden.«
Also hat Linnea jemanden geschickt, um Finn zu holen?
»Ja. Micaela. Sie ist eine Jägerin und Linnea treu ergeben. Sie wird nicht ruhen, bis sie den Befehl ausgeführt hat.«
Und du? Wer bist du?
Eine lange Pause entstand.
»Ich bin ⦠Ich bin tot.«
Alba blinzelte irritiert. Das alles konnte die Frau doch nicht ernst meinen! Eines stand fest: Irgendjemand hier musste total verrückt sein. Nur war Alba sich nicht sicher, ob es nicht sie selbst war.
Von weiteren Ãberlegungen brachte sie ein Klacken des Schlosses ab. Evelyn stand auf, als freue sie sich, der Unterhaltung zu entfliehen. »Das ist bestimmt Adrián.
Hoffentlich weià er einen Ausweg aus dem ganzen Schlamassel, in den Finn uns reingeritten hat.« Sie verschwand hinter der milchverglasten Tür. Alba zögerte, dann stahl sie sich in den Korridor.
Als sie den Mann sah, der gerade Evelyn umarmte und ihr einen Kuss auf die Lippen gab, verschlug es ihr den Atem.
Es war der Mörder, der sie in Hermanns Haus angegriffen hatte!
Kapitel 13
I ch bin tot , hallten Evelyns Worte in Albas Kopf, und langsam fügten sich die Puzzle-Teile zu einem zwar obskuren, aber dennoch einheitlichen Bild. Die unnaobskuren, aber dennoch einheitlichen Bild. Die unnatürliche Schnelligkeit des Mannes, die Gardinen, die in diese Wohnung kein Tageslicht hereinlieÃen, bekamen eine Erklärung. Er war ein Vampir!
Sobald der Gedanke sich in ihrem Kopf manifestiert hatte, fand sie ihn lächerlich. Glaubte sie so etwas wirklich? Sie müsste verrückt sein. Und dennoch fühlte sich die Idee gar nicht so abwegig an, wie sie eigentlich sein sollte. Zu viel Unerklärliches war in der letzten Zeit um sie herum passiert.
Der Mann küsste Evelyn mit einer Leidenschaft, deren Prickeln sogar Alba spürte. Die beiden standen eng umschlungen da, wie zu einem einzigen Wesen verschmolzen, und hatten alles um sich herum vergessen.
Alba rüttelte ihren Verstand auf. Sie musste fliehen, doch das Paar versperrte den Weg nach drauÃen. Hastig sah sie sich um. Einen Pflock entdeckte sie nicht â natürlich nicht. Aber an der Wand hing ein abstraktes Gemälde, das bunte Kreise und Dreiecke zeigte, in einen
dünnen Holzrahmen eingefasst. Alba riss das Bild herunter und schlug es mit ganzer Kraft auf den Boden. Das Glas zersprang. Die Scherben schlitterten über das Parkett und hinterlieÃen Kratzer auf der spiegelblanken Oberfläche. Während Evelyn und ihr Lover das Geschehen irritiert verfolgten, aus ihrer Zweisamkeit wie aus einem schönen Traum gerissen, brach Alba eine Leiste von dem Rahmen ab und hob ihre Waffe.
Der Mann fand als Erster zurück in die Wirklichkeit.
»Was tut Sie hier?«, grollte er. Seinen Satz fing er an der Eingangstür an, und er beendete ihn, als er Alba mit der linken Hand an der Schulter packte und sie gegen die Wand presste. Innerhalb eines Wimpernschlages hatte er die Entfernung überwunden.
Alba staunte über ihre eigene Schnelligkeit, dass es ihr gelungen war, die Spitze der Leiste gegen seine Brust
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