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Nachtsplitter

Nachtsplitter

Titel: Nachtsplitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja von Vogel
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hatte ich ja Glück und es ging jemand ran. Während es tutete, wartete
     ich mit angehaltenem Atem. Dann hörte das Tuten auf.
    »Hallo?«, rief ich. »Wer ist da?«
    Keine Antwort. Aber ich konnte jemanden atmen hören. Jemand von der Polizei, der mein Handy auf dem Festivalplatz entdeckt
     hatte? Nein, ein Polizist würde etwas sagen und nicht einfach schweigen.
    Ich lauschte. Im Hintergrund lief Musik. Eine eingängige Melodie, die ich noch nie zuvor gehört hatte.
    »Hallo?«, sagte ich.
    Es knackte, als die Verbindung unterbrochen wurde. Die Gedanken rasten durch meinen Kopf. Mein Handy lag nicht irgendwo im
     Wald. Jemand hatte es gefunden und mitgenommen. Aber wer? Ich drückteauf die Wahlwiederholungstaste. Doch diesmal ertönte nur eine Ansage.
    The person you have called is temporarily not available. Please try again later.
    Ich legte den Hörer auf und ging langsam in die Küche. Es war schon nach halb sieben, ich hatte fast drei Stunden geschlafen.
     Mein Gesicht fühlte sich heiß an, die Haut spannte unangenehm. Vermutlich war es nicht gerade geschickt gewesen, in der prallen
     Sonne einzuschlafen. Mein Schädel brummte, dafür ging es meinem Magen besser. Er knurrte vorwurfsvoll, als wollte er mich
     daran erinnern, dass ich den ganzen Tag noch nichts gegessen hatte.
    Ich nahm mir eine Portion von Mamas Spinatlasagne und wärmte sie in der Mikrowelle auf. Dann fläzte ich mich im Wohnzimmer
     aufs Sofa und schaltete den Fernseher an. Während ich die Lasagne hinunterschlang, die trotz des schlechten Gewissens, das
     meine Mutter mir gemacht hatte, ausgesprochen gut schmeckte, zappte ich durch die Kanäle. In allen Nachrichtensendungen war
     der Unfall Thema Nummer eins. Ich sah noch mehrmals das Interview mit dem Polizisten, das ich bereits kannte. Jedes Mal, wenn
     er seinen Zeugenaufruf startete, schaltete ich um. Aber es war wie verhext, er schien mir durch alle Kanäle zu folgen. Beim
     dritten Mal hatte ich das Gefühl, er würde direkt zu mir sprechen. Wahrscheinlich litt ich allmählich unter Verfolgungswahn.
    Es gab kaum neue Informationen. Dem verletzten Mädchen schien es nicht besonders gut zu gehen, es lag noch im Koma. Und in
     einem Boulevardmagazin wurden Fotos der Frau gezeigt, die gestorben war. Sie lächelte fröhlich in die Kamera. Ein sympathischer
     Typ. Noch ziemlich jung, hübsch und voller Lebensfreude. Bestimmt hatte sie noch eine Menge vorgehabt in ihrem Leben. Gestern
     war sie ein Mensch mit Träumen, Plänen und einer Zukunft gewesen. Heute war sie tot.
    Ich merkte, wie mein Hals eng wurde. Ärgerlich schüttelte ich den Kopf. Warum nahm mich die Sache so mit? Schließlich kannte
     ich die Frau gar nicht. Es war ein tragischer Unfall gewesen, natürlich. Aber das hatte nichts mit mir zu tun. Gar nichts.
    Ich schaltete um und sah mir eine hirnlose Vorabend-Soap an, während ich die restliche Lasagne vom Teller kratzte. Dann rollte
     ich mich gähnend auf dem Sofa zusammen, versuchte, den Liebesverwicklungen auf dem Bildschirm zu folgen, und genoss die satte
     Trägheit, die sich in meinem Körper ausbreitete.
     
    Der Wald wird immer dichter. Ich renne. Er folgt mir. Ich kann seinen Atem in meinem Nacken spüren. Unsere Schritte werden
     vom Moos gedämpft. Wir bewegen uns völlig lautlos. Als würden wir fliegen. Ich habe keine Angst.
    Zweige schlagen mir ins Gesicht. Fichtennadeln kitzeln
mich am Hals, an der Nase und den Ohren, scheinen mich zu streicheln. Ich werde langsamer, aber ich drehe mich nicht um. Er
     ist direkt hinter mir. Er filmt mich. Mit meinem Handy. Wo hat er es her? Habe ich es ihm gegeben? Ich weiß es nicht mehr.
     Es ist nicht richtig. Ich filme die anderen, nicht umgekehrt.
    Vor mir lichtet sich der Wald. Es wird heller. Sind wir endlich am See? Nein, kein Wasser.
    Ich schiebe ein paar Zweige zur Seite und dort liegt die Wiese.

10
    Ein Schlüssel drehte sich im Schloss, ich schreckte auf. Verschlafen rieb ich mir die Augen. Ich lag immer noch zusammengerollt
     auf dem Sofa, im Fernsehen liefen die Spätnachrichten. Schon wieder der Unfall. Ich drückte den Ton weg.
    »Du bist ja noch wach.« Meine Mutter stand in der Tür. Sie sah müde aus.
    Ich gähnte. »Nicht wirklich. Ich bin vor dem Fernseher eingeschlafen.« Mein Blick fiel auf den leeren Teller. »Die Lasagne
     war übrigens total lecker. Es ist noch was da, falls du Hunger hast.«
    Mama lächelte. »Nein, danke. Ich bin fix und fertig. Ich glaube, ich gehe gleich ins Bett.« Sie wollte

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