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Nachtsplitter

Nachtsplitter

Titel: Nachtsplitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja von Vogel
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beschäftigt, einen grasgrünen Apfel an ihrem Rock zu polieren, bis er
     in der Sonne glänzte. Keine Begrüßung. Kein »Na, wie geht's?«. Ob sie sich gestritten hatten? Quatsch, warum sollten sie?
    Ich versuchte, mich zu entspannen. Aber es gelang mir nicht. Dieses ganze Gerede über den Unfall machte mich irgendwie nervös.
     Außerdem fürchtete ich ständig, Jakob zu begegnen. Bisher war er nochnicht aufgetaucht. Was bedeutete das? Hatte er ein schlechtes Gewissen, weil Samstagnacht im Wald
irgendetwas
passiert war? Schwänzte er deshalb den Unterricht? Oder war er einfach nur krank? Egal. Ich war froh, solange ich ihn nicht
     zu sehen brauchte.
    »Wusstet ihr, dass eine Weinflasche den Unfall verursacht hat?«, fragte ich unvermittelt, um nicht mehr über Jakob nachdenken
     zu müssen. »Jemand hat sie von der Brücke geworfen.«
    »Ehrlich?« Pia biss in ihren Apfel. »Das ist mir neu.«
    »Was muss das für ein Idiot sein, der so was macht?« Markus schüttelte den Kopf. Er klang fast wie meine Mutter.
    »Hast du unsere Weinflasche eigentlich mitgenommen, als du zurück zum Festivalplatz gegangen bist?« Ich sah Markus an.
    »Keine Ahnung.« Er überlegte. »Nein, ich glaub nicht. Ich hab mir auf dem Weg zur Bühne noch ein Bier geholt, wenn ich mich
     richtig erinnere. Ich bin ja eigentlich nicht so der Weintrinker.«
    Ich biss mir auf die Unterlippe. Dann hatten wir die Flasche also tatsächlich auf der Brücke stehen lassen.
    »Meint ihr nicht, wir sollten uns vielleicht doch bei der Polizei als Zeugen melden?«, fragte ich.
    Pia runzelte die Stirn. »Wie kommst du denn jetzt darauf?«
    »Nur so.« Ich zuckte mit den Schultern. »Wenn Lukas recht hat und die Polizei sowieso an die Schulenkommt, um alle Schüler zu befragen, können wir uns genauso gut freiwillig melden.«
    »Bist du verrückt?« Markus schüttelte den Kopf. »Glaub mir, das bringt nur Ärger.«
    »Wieso? Wir haben doch nichts zu verbergen.«
    Markus und Pia wechselten einen schnellen Blick, den ich nicht richtig deuten konnte. Als würde ein stilles Einvernehmen zwischen
     ihnen herrschen, von dem ich ausgeschlossen war.
    »Doch, wir haben etwas zu verbergen«, sagte Pia ruhig. »Zum Beispiel, dass wir mit sechzehn noch nach zwölf auf dem Festival
     waren. Eigentlich hätten wir längst zu Hause sein müssen. Meine Eltern haben kein Problem damit, aber deine Mutter würde das
     vermutlich nicht so witzig finden, oder?«
    »Nein«, gab ich zu. »Sie würde ausrasten.«
    »Siehst du.« Pia schien zufrieden zu sein. »Also halten wir besser den Mund.«
    »Genau«, sagte Markus. »Oder hast du was Wichtiges gesehen?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich hab den totalen Filmriss. Selbst wenn ich was gesehen hätte, wüsste ich es nicht mehr.«
    »Hey, vielleicht hast du ja die Flasche von der Brücke geworfen und es danach einfach vergessen. Das wär doch mal was!« Er
     lachte, als hätte er einen besonders guten Witz gemacht.
    »Das ist nicht lustig!«, fauchte ich ihn an. »Deine blöden Scherze kannst du dir sparen.«
    Markus kniff die Augen zusammen. »Warum bist du in letzter Zeit eigentlich immer so empfindlich?«
    »Sorry. War nicht so gemeint.« Ich atmete tief durch. Es war nicht fair, Markus so anzuschnauzen. Er konnte schließlich nichts
     dafür, dass meine Nerven blank lagen. »Und wenn es unsere Weinflasche war, die jemand auf die Autobahn geworfen hat?«, fragte
     ich leise.
    Pia schaubte. »Also, jetzt übertreibst du aber. Ich hab an dem Abend mindestens zehn Leute mit Weinflaschen gesehen. Vermutlich
     hat sich jeder Zweite was zu trinken mitgebracht. Warum sollte ausgerechnet unsere Flasche auf dem Auto gelandet sein?«
    »Pia hat recht«, stimmte Markus zu. »Das ist wirklich ziemlich weit hergeholt.« Er legte einen Arm um meine Schulter und zog
     mich an sich. »Mach dir nicht so viele Gedanken, Süße. Warum schaltest du deinen Kopf nicht einfach mal eine Weile aus?«
    Ich lehnte meine Stirn gegen seine Brust. Der vertraute Geruch nach Markus' Aftershave, dem Waschmittel seiner Mutter und
     einem Hauch Schweiß beruhigte mich wieder ein bisschen. Manchmal wünschte ich wirklich, ich könnte das. Meinen Kopf ausschalten.
     Mein Gehirn auf Stand-by stellen. Dann wäre das Leben bestimmt einfacher.
    Ich zuckte zusammen, als Markus plötzlich laut zu rufen begann. »He, Jakob! Komm doch mal her!«
    Ich hob den Kopf. Jakob schlenderte gerade auf den Schulhof. Er trug ein graues T-Shirt und hatteeine Umhängetasche aus

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