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Nächte in Babylon

Nächte in Babylon

Titel: Nächte in Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Depp
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Spandau dagegen fühlte sich, um seinen alten Mentor Ben Macaulay zu zitieren, wie »ausgekotzt und hingeschissen«.
    »Ich fliege nicht nach Frankreich«, sagte er. »Haben wir uns verstanden?«
    »Dabei dachte ich, du freust dich«, antwortete Walter. »So wie du immer von diesem ungenießbaren Franzosenfraß schwärmst.«
    Walter hasste die französische Küche, aber das hatte nichts mit Frankreich zu tun. Walter aß ausschließlich US -amerikanisch, will sagen: rotes Fleisch, will sagen: Rindfleisch, will sagen: Er blätterte Monat für Monat ein Vermögen für Steaks hin, die in Form von glücklichen Rindern aus Omaha ihr Gras gemampft und ihr Leben ausgehaucht hatten, statt halb Argentinien kahl zu fressen und mit ihren Fürzen die Ozonschicht zu zerstören. Walter war ein vielschichtiger Charakter.
    »Walter, ich will nicht nach Frankreich. Schick jemand anderen hin.«
    »Schon gut, schon gut. Meine Herren, du siehst ja aus wie Mutter Teresas Titten. Hol dir einen Kaffee.«
    »Ich will keinen Kaffee. Ich will, dass wir das Thema Frankreich endgültig abhaken.«
    »Wie du meinst. Aber sag mal, was ist denn eigentlich mit dir passiert?«
    Spandau antwortete nicht gleich. »Heute Morgen um drei habe ich versucht, ein paar Waschbären mit einem antiken 44er Colt Dragoon zu killen.«
    »Wo hatten die denn die Knarre her?«
    »Das ist nicht witzig, Walter. Und wer weiß, ob da überhaupt Waschbären waren? Ich krieg’s noch nicht mal mehr hier zu Hause gebacken, und da willst du mich auf ein fremdes Land loslassen?«
    »Okay«, sagte Walter. »Dann eben nicht.«
    »Gut.« Spandau stand da wie angewachsen.
    »Jetzt pflanz dich schon hin.« Er setzte sich. Walter brüllte »Pook!« ins Vorzimmer hinaus.
    Pookie baute sich mit finsterer Miene in der Tür auf. »Was ist dir denn für eine Laus über die Leber gelaufen?«, fragte Walter. »Reiß dich zusammen, und bring David einen Kaffee.«
    »Davon stand nichts in meiner Tätigkeitsbeschreibung.«
    »Weißt du, was da in einer Sekunde drinstehen wird? Arbeitslos. Geh dem Mann einen Kaffee holen.«
    »Ich habe an einer Elite-Uni studiert!« Pikiert drehte sie sich um und ging.
    »Ich bin total am Ende«, sagte Spandau. »Dee kam gestern Abend vorbei, um mit mir zu reden. Sie hat mir gesagt, dass sie überlegt, ein Kontaktverbot gegen mich zu erwirken.« Er stockte einen Augenblick, bevor er weitersprach. »Da bin ich ausgerastet und auf sie losgegangen. Du lieber Himmel, Walter, ich wollte ihr die Kehle zudrücken. O Gott. Jetzt ist alles aus. Aus und vorbei. Ich komm damit nicht klar. Mit dem, was ich getan habe. Ich habe sie noch nie angerührt. Noch nie. Und jetzt das.«
    »Ja, ja, die Irrwege des menschlichen Herzens«, sagte Walter. »Ich hab mal auf eine von meinen Exen geschossen.«
    »Und das ist das andere Problem. Mitten in der Nacht auf Waschbären zu ballern. Ich hätte jemanden umbringen können. Ich kann froh sein, dass ich nicht im Knast gelandet bin. Gott seit Dank hatte die Knarre gerade noch rechtzeitig eine Ladehemmung, bevor die Bullen rauskriegen konnten, wer da in der Gegend herumschießt.«
    Pookie kam hereingestampft und knallte Spandau eine Tasse Kaffee hin. Eigentlich hatte sie vorgehabt, ihn gehörig zusammenzustauchen, aber als er ihr sein ramponiertes Gesicht zuwandte und sie mit seinen braunen Augen ansah, wusste sie auf einmal, wie hoffnungslos es um ihn stand. Also lächelte sie nur und legte ihm kurz die Hand auf die Schulter. Im Hinausgehen warf sie ihrem Boss einen wütenden Blick zu, in dem stand: Tu doch was! Hilf ihm! Walter runzelte die Stirn.
    »Was erwartest du von mir?«, fragte er, eine Frage, die nicht nur Spandau, sondern auch Pookie galt. »Soll ich dir ein paar Tage Urlaub geben?«
    »Nein, nur das nicht. Wenn ich nicht weiß, was ich mit mir anfangen soll, bring ich mich um.«
    Walter lehnte sich zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. »Dann weiß ich auch nicht mehr weiter. Du willst nicht arbeiten, und nicht arbeiten willst du auch nicht. Ich stehe momentan ein bisschen auf dem Schlauch. Wie soll es jetzt weitergehen?«
    »Ich hab nie gesagt, dass ich nicht arbeiten will.«
    »Hast du wohl. Du hast gesagt, du willst nicht nach Frankreich. Das ist Arbeit. Der einzige Job, den ich dir anbieten kann. Sonst läuft zur Zeit nicht viel. Ich dachte, du wärst begeistert über den Auftrag. Dass du dich freust über den Tapetenwechsel. Eine Erholungskur mit Wein, Weib und Orgien an der Côte d’Azur.«
    »Ich

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