Nächte in Babylon
lag da wie gelähmt.
»Hatte Franz nicht etwas von Meeresfrüchten gesagt? Ein Meeresfrüchtesalat? Das wär doch was«, sagte Pam.
»Okay, okay. Von mir aus.«
Perec fing an, sich stumm zu verfluchen.
»Ungefähr in einer Stunde?«, fragte Pam.
»Ja. Ich muss mir noch die Augenbrauen zupfen. Die sind so buschig wie die von Oscar Homolka.«
»Und meine Beine könnte man als Schmirgelpapier benutzen«, sagte Pam.
Sie lachten.
Perec wischte sich die Hand an der Hose ab, rollte sich zusammen und weinte.
Anna saß allein im Wohnzimmer, als Spandau hereinkam.
»Ganz schön ruhig hier«, sagte er.
»Pam ist auf einer Party. Franz hat seinen freien Abend, und Elena habe ich nach Hause geschickt, weil ihre Mutter krank ist. Ich habe ihnen gesagt, dass wir schon allein zurechtkommen. Wein?«
»Gern.«
Sie schenkte ihm ein.
»Während ich überlegt habe, was wir essen können, ist mir plötzlich aufgefallen, wie sehr mich diese Frage dauernd beschäftigt«, sagte sie. »Wann hat das eigentlich angefangen, dass man sich stundenlang Gedanken über das Essen macht? Ich hab die Nase voll davon, dauernd gefragt zu werden, was ich essen will. Denkst du nicht auch manchmal an die Zeit zurück, als man sich einfach zu Hause an den Tisch gesetzt hat und das aß, was einem vorgesetzt wurde?«
»Bei uns gab es oft Schweinebraten. Deutsche Tradition.«
»Weißt du, worauf ich richtig Lust hätte? Ein Chili. Da bin ich einmal in der Welthauptstadt der Gastronomie und das Einzige, worauf ich Appetit habe, ist ein anständiger Schlag Chili. Danach kann ich hier wohl lange suchen.«
»Echtes Chili oder Schickimicki-Chili?«
»Gewürfeltes Rindfleisch, eine Handvoll Schoten. Und dazu ein kühles Bierchen. O Mann.«
»Mit oder ohne Bohnen?«
»Der Volksmund sagt, Bohnen sind für Schwule oder Intellektuelle. Es sei denn, man reicht sie separat mit Maisbrot dazu. Und ich bin schließlich aus Texas.«
»Haben wir Rindfleisch im Haus? Ich bin nämlich zufälligerweise der Chilikönig des San Fernando Valley.«
»Verrätst du mir das Geheimnis deines Erfolges?«
»Eine geballte Ladung Kreuzkümmel.«
»Wie heißt Kreuzkümmel auf Französisch?«, fragte sie. Sie kramte ein Wörterbuch hervor und schlug es nach. » Cumin .«
»Dann nichts wie ab in die Küche«, sagte Spandau.
Nachdem sie die Zutaten beisammen hatten, nahm Spandau das Chili in Angriff, und Anna kümmerte sich um den Salat.
»Wie scharf hättest du es denn gern?«, fragte er.
»Scharf.«
» So scharf?«
»So scharf wie möglich. Schärfer, als es die Polizei von Texas erlaubt, Cowboy.«
Er hackte eine Handvoll Chilischoten und gab sie in den Topf.
»Vermisst du Texas?«
»Vor allem die schonungslose Geradlinigkeit. Und das schlichte Schwarz-Weiß-Denken, auch wenn mir natürlich klar ist, dass die Welt zum größten Teil grau ist. Ich vermisse den starken Kaffee und die Nachrichten mit Dan Rather. Ich würde zu gern mal wieder in einem alten Pick-up durch die Gegend gondeln und ein paar Männer kennenlernen, die sich nicht den Arsch enthaaren lassen.«
»Sag bloß, du kennst Männer, die sich den Arsch enthaaren lassen?«
»Herzchen, ich kenne Männer, die sich die Eier zupfen. Falls du es noch nicht gehört haben solltest, in Hollywood wütet ein Krieg gegen das Testosteron. Es wundert mich fast, dass man dich noch nicht in die Wüste verschleppt und wie einen tollwütigen Hund über den Haufen geknallt hat.«
»Mit dieser Idee haben schon einige geliebäugelt.«
»Echt beeindruckend, wie du mit dem Messer umgehst.«
»Dabei habe ich schon ewig nicht mehr für jemanden gekocht.«
»Ich kannte noch nie einen Cowboy, der nicht kochen kann.«
»Cowboys müssen auch was essen. Auf einem Viehtrieb gibt es keinen Sternekoch.«
»Hast du für deine Exfrau gekocht?«
»Ab und zu. Sie mag Chili am liebsten mit Hackfleisch und Bohnen.«
»Dann konnte die Ehe ja nicht halten. Ich war auch mal verheiratet. Ist schon tausend Jahre her. Mit einem Rockmusiker.«
»Wie mochte er das Chili?«
»Mit einem Gramm Kokain als Beilage. Der Koks war ihm wichtiger als das Essen, und zum Schluss war ihm der Koks wichtiger als ich. Es war nicht gerade eine Traumehe. Wer hat wen verlassen?«
»Sie mich.«
»Warum?«
»Sie hatte etwas gegen meinen Beruf. Er roch ihr zu sehr nach Betrug und Verrat. Sie fand, dass er mich verändert hat. Irgendwann hat sie den Mann, den sie geheiratet hatte, nicht mehr wiedererkannt.«
»Und, stimmt das? Hat er dich
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