Naminé - Liebe Deinen Feind
wurden weich. Ohne ein Wort drückte sie sich an Sias vorbei und verschwand aus dem Haus. Die Tür fiel knarrend ins Schloss. Sein alter Meister schüttelte den Kopf. »Das war aber nicht gerade nett, Sias«, sagte dieser zu ihm und seine Worte klangen fast schon tadelnd. »Es war nur die Wahrheit und die ist oft schmerzhaft genug.«
Efal legte den Kopf leicht schief und sah Sias fest an. Dieser Satz klang aus seinem Mund quälend. »Schon genug Erfahrung damit gemacht?« Wortlos nahm Sias die Rüstung an sich. »Frag nicht so dumm«, sagte er zu ihm und ging die Treppen hinauf. Efal sah ihm kopfschüttelnd nach, dann wandte er sich wieder dem Bücherregal zu.
Raven schreckte hoch, als Naminé plötzlich im Raum stand und ihr etwas auf den Boden fiel. »Tut mir leid, ich wollte dich nicht aufwecken«, sagte sie zu ihm und errötete leicht. Der Alchemist blinzelte kurz und dann gähnte er laut. »Keine Ursache«, sagte er zu ihr und besah sich die Sachen, die Naminé fallen gelassen hatte.
»Gehst du auf eine längere Reise?«, fragte er sie gewitzt. »Ja, so ungefähr«, antwortete die Waldelbin und verstauten ihre Dinge wieder in den Leinendecken, die sie an den Sattel von Lane hängen konnte. »Sias fand, dass ich eine Rüstung brauche«, erklärte sie ihm. »Und für was brauchst du eine Rüstung?«, hakte Raven nach. - »Kannst du vielleicht etwas Leichteres fragen?« Der Ältere lächelte und stand schließlich aus seinem Sessel auf. Er streckte sich kurz, wobei seine Glieder knackten. Naminé kicherte. »Du wirst langsam alt; die Haarfarbe hast du dazu ja schon.« Raven stemmte die Hände an die Hüften und sah sie gespielt böse an. »Pass, auf was du sagst, Langlebige.«
13.Kapitel
Magie
Blut. Überall Blut. Sein ganzer Körper sah aus wie nach einer Schlachtung. Einstiche, kleine und große, waren zu erkennen und in seiner kalten, leblosen Hand hielt er eine schwarze Rose. Das ganze Blut hatte den Boden rot getränkt. Seine Augen waren weit aufgerissen, leblos. Ein stummer Zeuge dessen, was passiert war. Panik stieg in ihr auf; pure Angst mischte sich dazu. Naminés Atem ging schnell. Unbemerkt sank sie auf die Knie und zitterte am ganzen Leib. Ihre rechte Hand strich über das Gesicht ihres toten Bruders.
»Cyon?«
Keine Antwort. Niemals wieder würde sie seine Stimme hören. Die junge Elbin schluchzte und sah zum Himmel. Es war eine wolkenlose klare Nacht und der Mond schien hell. Ein Schrei der Wut und Verzweiflung entrang sich ihrer Kehle.
***
Schweißgebadet wachte Naminé auf. Sie atmete schwer und ihre hellblauen Augen waren weit aufgerissen. Lange hatte sie nicht mehr von ihrem Bruder geträumt, schon beinah hatte sie die schrecklichen Bilder vergessen. Es war so, als würde ihr Unterbewusstsein sie daran erinnern, weshalb sie mit Sias mitgegangen war. Der Körper der Elbin zitterte so stark, als hätte sie Schüttelfrost.
Kurz schloss sie die Augen und atmete tief ein und aus. Raven saß auf dem Fensterbrett und sah zu ihr. Er konnte nicht schlafen, dafür hatte er schon zu viel Zeit am Tag in der Traumwelt verbracht. Lange sah er sie stumm an. Wahrscheinlich hatte sie nicht einmal bemerkt, dass er hier war.
»Albträume sind unberechenbar. Sie kommen und gehen, wann sie wollen. Sie sind die stummen Diener der Angst«, flüsterte er leise und Naminé sah zu ihm auf. Der Alchemist erwiderte ihren Blick. »Man sollte sich ihnen stellen anstatt davonzulaufen.«
Naminé biss sich auf die Lippen. »Du sagst es so, als würdest du wissen, was ich durchlebe«, murmelte sie leise. Raven sah sie immer noch an. »Ja. Ich kenne solche Träume, deswegen schlafe ich tagsüber. Am Tag sind sie nicht so schlimm.«
»Und welche Art Albträume hast du?«, fragte sie ihn vorsichtig und schlang ihre Arme um ihre Knie und legten ihren Kopf darauf. Raven lächelte still und wandte sich wieder dem Mond zu. »Es sind verschiedene«, sagte er geheimnisvoll. Naminé sah ihn fest an. »Ich träume oft von meinem toten Bruder«, flüsterte sie schließlich. Ravens Miene blieb starr. »Wie ich ihn tot in seinem Blut gefunden habe, mit dem Zeichen eines Elbenjägers.«
Ihre letzten Worte wurden immer leiser und leiser. Der junge Alchemist wandte sich erneut ihr zu. »Reist du deswegen mit Sias und Efal? Weil du deinen Bruder rächen willst?«
Das Mondlicht gab Raven etwas Bedrohliches und Naminé hatte plötzlich Angst vor ihm.
Sie nickte schwach. »Rache ist ein niederes Gefühl. Was
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