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Nana

Titel: Nana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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ihre Rolle bei der Versöhnung. Seht ihr sie nicht? Sie drückt alle ans Herz, erst meinen Vetter, dann meine Kusine und zuletzt ihren Gemahl; sie nennt sie ihre lieben kleinen Kätzchen. Ich kann es nicht mit ansehen; diese Familienszenen rühren mich zu tief.
    Jetzt näherte sich Estella ihren Eltern. Fauchery beglückwünschte sie, während sie, in ihrem Rosakleid sich kerzengerade haltend, ihn mit der erstaunten Miene eines schweigsamen Kindes betrachtete und bald ihren Vater, bald ihre Mutter flüchtig anblickte. Auch Daguenet tauschte einen warmen Händedruck mit dem Journalisten aus. Sie bildeten eine heitere Gruppe, und hinter ihnen schlich Herr Venot umher, glücklich über diese letzten Erniedrigungen, die offenbar die Wege der Versöhnung bahnten.
    Im Saale ertönten noch immer die verlockenden Klänge des Walzers. Das Tanzvergnügen stieg in den Räumen dieses alten Hauses immer höher wie die Meeresflut. Lustig erklangen die Triller der kleinen Flöten und schwermütig das Seufzen der Violinen. Unter den schweren Genueser Samtteppichen, dem Goldzierat und den köstlichen Malereien verbreiteten die Leuchter Tageshelle, während die Menge der Gäste, durch die zahlreichen Spiegel vervielfacht, sich immer mehr auszubreiten schien mit dem wachsenden Gemurmel ihrer Stimmen. Der Fußboden erbebte unter den gleichmäßigen Bewegungen der tanzenden Paare, die zwischen den Damen dahinschwebten, die längs der Wände auf den Sofas und Sesseln Platz genommen hatten. Im Garten beleuchteten die venezianischen Laternen mit mattem Lichte die Spaziergänger, die draußen ein wenig frische Luft schöpfen wollten. Und dieses Erbeben der alten Mauern, diese Helle im Garten waren wie das letzte Aufflackern der alten Ehre dieses Hauses, die jetzt in Trümmer ging. Die schüchterne Heiterkeit, die Fauchery einst an einem Aprilabende mit dem Klange eines brechenden Glases verglich, hatte seither an Kühnheit zugenommen und sich bis zu dem heutigen Glanzfeste erhoben. Die Torheit wuchs immerfort; sie ergriff das ganze Haus und kündigte den nahen Untergang an. Bei den Trunkenbolden der Vorstädte kündet der Ruin der Familien sich dadurch an, daß das Brot aus dem Schreine verschwindet, ein Stück Bettzeug nach dem andern dem Moloch Alkohol zum Opfer fällt. Hier ertönten die heiteren Klänge eines Walzers zu dem Untergange eines alten Geschlechtes, während der Geist Nanas unsichtbar über dieser tanzenden Menge schwebte, jener Geist, der das Gift seiner Verderbnis in diese Gesellschaft trägt, um sie zu zersetzen.
    Am Abend des Tages, als die kirchliche Trauung Estellas stattfand, erschien der Graf im Zimmer seiner Gattin, das er seit zwei Jahren nicht betreten hatte. Die Gräfin wich sehr überrascht anfangs zurück, doch bald kehrte ihr heiteres Lächeln wieder. Der Graf war in Verlegenheit und vermochte kaum einige Worte hervorzubringen. Sie hielt ihm in schonender Weise eine Moralpredigt. Zu einer deutlichen Erklärnung kam es indes zwischen ihnen nicht. Die Religion erheischte diese gegenseitige Vergebung, und sie schlossen stillschweigend den Pakt, einander völlige Freiheit zu lassen. Bevor sie zu Bette gingen, sprachen sie von Geschäften. Der Graf war der erste, der von dem Verkaufe der Besitzung Les Bordes sprach. Sie willigte sofort ein. Sie hatten ja große Bedürfnisse und würden den Erlös teilen. Das machte die Versöhnung vollständig. Muffat fühlte sich sehr erleichtert.
    An diesem Tage schlief Nana noch um zwei Uhr nachmittags. Zoé erlaubte sich daher, an ihre Zimmertür zu pochen. Die Vorhänge waren aufgezogen; ein warmer Lufthauch drang durch das offene Fenster in das halbdunkle Zimmer. Nana war im Begriff, sich aus dem Bette zu erheben und fragte:
    Wer ist's?
    Zoé wollte antworten, als Daguenet, sie beiseite schiebend, plötzlich eintrat.
    Nana stützte den Ellenbogen auf das Kissen, schickte die Kammerfrau hinaus und rief aus:
    Wie, du bist's? Am Tage deiner Vermählung? Was gibt es denn?
    Er blieb, überrascht von dem Halbdunkel, mitten im Zimmer stehen. Als seine Augen sich an das Zwielicht des Zimmers gewöhnt hatten, trat er vor. Er war in Frack, weißer Krawatte und weißen Handschuhen.
    Jawohl, ich bin's. Du erinnerst dich doch?
    Nein, sie erinnerte sich an nichts.
    Ich bringe dir deine Vermittlungsgebühr: die Erstlinge meiner Junggesellenschaft.
    Sie umschlang ihn mit ihren nackten Armen und lachte so herzlich, daß ihr die Tränen in die Augen traten.
    Sie fand es außerordentlich artig

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