Nana
überhäufte. So oft er ihm im Theater begegnete, traktierte er ihn mit Püffen wie ein Besessener. Und Fauchery, ein Schwächling im Vergleiche zu Mignon, ertrug die Prügel mit Sanftmut und Geduld, um den Gatten Rosas nicht zu erzürnen.
Ah, mein Bürschchen, Sie beleidigen Fontan, fuhr Mignon fort. Achtung! Eins, zwei, drei ... Und dabei versetzte er ihm einen mächtigen Stoß in die Brust.
Fauchery erbleichte; der Atem stockte ihm. Doch in diesem Augenblick zeigte Clarisse mit einem Augenzwinkern nach der Tür, in der Rosa erschien. Rosa hatte dieser Szene beigewohnt. Sie ging gerade auf den Journalisten zu, als ob sie ihren Gatten gar nicht sehe, erhob die nackten Arme, sie war als Bebé kostümiert, und bot Fauchery die Stirne zum Kusse.
Guten Abend, Kindchen, sagte der Journalist, indem er sie vertraulich küßte.
So entschädigte er sich. Mignon schien den Kuß nicht zu bemerken. Alle Welt beim Theater küßte seine Frau. Er lachte höhnisch dem Journalisten zu; er dachte sich: du sollst das teuer bezahlen.
Simonne kam zurück, ihre Szene war zu Ende.
Oh, Bosc hat großartig gefallen, rief sie. Der Prinz barst schier vor Lachen und klatschte als werde er dafür bezahlt. Kennt ihr den großen Herrn, der neben den Prinzen sitzt? Ein schöner Mann, sehr vornehm, mit prächtigem Backenbart.
Das ist Graf Muffat, sagte Fauchery. Der Prinz hat ihn vorgestern, als er ihn bei der Kaiserin traf, für heute zum Essen geladen. Er scheint ihn nachher für die weiteren Vergnügungen des Abends bei sich behalten zu haben.
So, Graf Muffat! rief Rosa. Wir kennen seinen Schwiegervater, nicht wahr, August? den Marquis Chouard, bei dem ich gesungen habe. Auch er ist im Theater; ich habe ihn im Hintergrunde einer Loge bemerkt. Das ist ein alter ...
Prullière, der seinen ungeheuren Federhut in Ordnung gebracht hatte, wandte sich jetzt um und sagte:
He, Rosa ... gehen wir.
Sie folgte ihm laufend, ohne den Satz zu vollenden. In diesem Augenblicke ging die Hausmeisterin des Theaters, Madame Bron, mit einem riesigen Blumenstrauß beladen, an der Loge vorüber. Simonne fragte, ob es für sie sei; ohne zu antworten, wies die Hausmeisterin mit dem Kinn nach der Loge Nanas im Hintergrunde des Ganges. Diese Nana wird mit Blumen förmlich bedeckt! Als Madame Bron vorbeikam, übergab sie Clarisse einen Brief, beim Lesen stieß die Schauspielerin einen Fluch aus. Schon wieder dieser La Faloise, der nicht von ihr lassen wollte. Als sie erfuhr, daß der Herr unten bei der Hausmeisterin warte, rief sie:
Sagen Sie ihm, daß ich nach Aktschluß hinunterkomme, um ihm die Augen auszukratzen.
Fontan eilte der Hausmeisterin nach und bestellte sechs Flaschen Champagner, die sie im Zwischenakt heraufbringen solle.
Der Diener steckte den Kopf herein und schrie:
Alles auf die Bühne. Herr Fontan, Sie sind an der Reihe. Rasch, rasch ...
Ja, ja, wir gehen schon, Vater Barillot, erwiderte Fontan erschrocken.
Dann lief er hinter Madame Bron her und rief:
Also verstanden, sechs Flaschen Champagner während des Zwischenaktes in das Künstlerzimmer. Heute ist mein Namenstag, ich bezahle ...
Simonne und Clarisse hatten mit rauschenden Röcken sich bereits entfernt. Alle eilten davon und in der Stille, die jetzt im Zimmer herrschte, hörte man nur das Unwetter an die Fenster schlagen. Barillot, ein kleiner, bleicher Greis, seit dreißig Jahren Theaterdiener, näherte sich Herrn Mignon vertraulich mit der offenen Tabaksdose. Dieses Anbieten und Annehmen der Prise gewährte ihm eine Minute Erholung in seiner ewigen Hetzjagd über Treppen und Gänge. Er habe nur noch Madame Nana zu verständigen, wie er sie nannte. Doch die handele nur nach ihrem eigenen Kopfe und kümmere sich wenig um die Strafen. Wenn sie ihr Auftreten verfehlen wolle, tue sie es auch. Plötzlich hielt er erstaunt inne und murmelte:
Schau, sie ist schon fertig, da ist sie. Sie scheint zu wissen, daß der Prinz da ist.
Nana erschien jetzt im Flur; sie trug das Fischweibkostüm, Arme und Gesicht ganz weiß, mit zwei roten Flecken unter den Augen. Sie trat nicht ein, sondern grüßte mit leichtem Kopfnicken Mignon und Fauchery.
Guten Tag, wie geht's?
Sie reichte die Hand zur Türe herein, doch nur Mignon drückte sie. Nana setzte in der Haltung einer Königin ihren Weg fort, gefolgt von ihrer Garderobenfrau, die sich jeden Augenblick bückte, um die Falten der Röcke in Ordnung zu bringen. Zuletzt kam Satin, bemüht, eine ordentliche Haltung anzunehmen, aber im Grunde zu Tode
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