Naomi & Ely - die Freundschaft, die Liebe und alles dazwischen
will.
Die Sachen, die ich wirklich haben will, habe ich behalten. Die ganzen kleinen Zettel und Briefe, die wir uns geschrieben haben. Die Zeichnungen auf den Papiersets, die sie mir stolz wie ein Kindergartenkind jedes Mal geschenkt hat, wenn wir zusammen in einem Restaurant waren, in dem es Wachsmalkreiden gab. Die kleinen Figürchen aus Pfeifenreinigerdraht, die wir füreinander gebastelt haben. Das NYU-Sweatshirt, das sie für mich gekauft hat, als sie rausgekriegt hatte, dass ich dort angenommen worden war; ihr Brief mit der Zusage kam einen Tag später, und ich bin sofort losgezogen, um mich zu revanchieren. Ich gebe ihr gerne ihre Tampons und ihre Pornos und ihre Haarspangen und ihre Sylvia Plath und ihre Anne Sexton zurück. Aber ein paar Sachen müssen bei mir bleiben, sonst geht wirklich alles in Trümmer.
Ich kann nicht mehr. Ich halt das nicht mehr aus. Ich schiebe die Schachtel wieder zu ihr zurück.
»Behalt einfach alles«, sage ich. »Oder wirf es weg. Oder gib es der Obdachlosenhilfe. Oder schick es an ein Waisenhaus für Taubstumme wie dich. Wenn du’s darauf angelegt hast, dass ich mich noch beschissener fühle als vorher, dann hast du dein Ziel erreicht. Ich hoffe, du bist stolz auf dich. Bravo. Meinen Glückwunsch.«
Ich stehe auf, um zu gehen.
Naomi
Es ist noch viel schlimmer, als ich es mir ausgemalt habe.
Als er aufsteht, um zu gehen, heult er. Kein lautes Geschluchze wie bei mir, der absolut erbärmlichen Idiotin. (So fühle ich mich im Moment jedenfalls.) Aber in seinen Augen schimmert es verdächtig, sein Gesicht ist rot und fleckig und er starrt mich unverwandt an - er blickt nicht nach unten oder seitlich an mir vorbei. Als wollte er aus meinem Herzen noch das letzte Quäntchen Gefühl herauspressen.
Ich werde nie nie nie wieder einen Rat von Bruce dem Ersten befolgen, das schwöre ich. Dieser Austausch unserer Besitztümer war seine Idee, eine Ausgeburt seiner schlaflosen Nächte, und ich war dafür, dass er Ely den Vorschlag machte, hauptsächlich um mein Gewissen zu beruhigen, weil ich mit den Gefühlen dieses Schuljungen so Achterbahn fahre. Auch aus Neugierde.
Und auch weil ich Ely so vermisse.
Ich schiebe die Plastiktüte mit denüber den Tisch, die Ely und ich im Lauf der Jahre in allen möglichen Restaurants abgeräumt haben. Die Sammlung von Kaffeesahnedöschen, die wir haben mitgehen lassen, behalt ich für mich. Ely scheint das nicht aufzufallen.
Dad vermisse ich auch.
Daran habe ich mich gewöhnt.
Ich sehe einfach keinen Ausweg für Naomi & Ely. Oder keinen Weg zurück.
»Hast du wirklich überhaupt nichts mehr zu sagen, Naomi?« Seine Augen flehen: Bitte tu das nicht, Naomi. Es ist immer noch Zeit, alles rückgängig zu machen. »Ich kann einfach nicht glauben, dass du wegen einem Jungen alles aufgibst, was uns verbindet.«
Ich muss das machen.
Warum kann Ely das nicht verstehen? Warum glaubt er nur, dass das alles wegen der Geschichte mit Bruce ist? Bruce war nur der Auslöser. Der Katalysator. Mein ganzes Weltsystem, mein Glaube an eine gemeinsame Naomi & Ely-Zukunft liegt in Trümmern.
Auf der leeren Hälfte von Moms Schlafstätte der Verzweiflung ist genug Platz für mich. Ich hoffe, ich brauche nicht so lange wie sie, um da wieder rauszukommen und mein Leben weiterzuleben.
Warum hat Ely mich nie gewollt? Wenigstens ein einziges Mal? Was ist falsch an mir?
Irgendwann bringe ich dann ein paar Wörter über die Lippen. Ich lege die Hand auf den Glitzergürtel. Meinen Glitzergürtel. Danke, Ely. »Der Gürtel sieht an mir einfach besser aus«, sage ich.
Und das ist der Grund, warum ich Ely bis zu meinem letzten Atemzug lieben werde. Er lacht.
Seine Nase läuft. Ich gebe ihm ein Taschentuch. Irgendwie finde ich, dass er nie schöner war als jetzt. Tränennasse Augen, rot gefleckte Wangen. Schnupfennase, lachend und heulend. Mein bester Freund.
Ely
»Redest du jetzt wieder mit mir?«, frage ich. Wer hätte je gedacht, dass es eine solche Herausforderung sein könnte, aus ihr auch nur einen einzigen Satz blödsinniges Gerede herauszuquetschen?
Sie schüttelt den Kopf, lächelt mich traurig an.
Gut. Ich nehme, was ich kriegen kann. Und vielleicht noch ein kleines bisschen mehr.
So ist das mit mir.
Naomi versteht mich. Oder zumindest glaube ich, dass sie das tut.
Wir haben nie wirklich gut mit anderen spielen können. Nur miteinander. Vielleicht ist es deswegen jetzt auch so hart. Oder so idiotisch. Oder so notwendig. Oder alles gleichzeitig.
»Ich
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