Narrentreiben: Ein Fall für Hubertus Hummel (Hubertus Hummel-Reihe) (German Edition)
Weiteres war mit ihm offenbar nicht mehr zu reden.
Hubertus war bedient. Unschlüssig stand er herum. Als Riesle die Blonde schließlich losließ, Hummel verschwörerisch auf die Schulter klopfte und nach draußen zur Toilette ging, bedachte sie Hubertus mit einem glasigen Blick und sagte: »Ein netter und verständnisvoller Mann, Ihr Freund. Wissen Sie, ich muss mich irgendwie ablenken. Das ist eine ps … psch … psychische Sache. Denken Sie bitte nicht, ich wäre so eine, die …«
Hubertus hörte schon nicht mehr hin. Er dachte an Kerstin, Klaus Riesles Freundin. Was würde sie wohl sagen, wenn sie von Klaus’ Aktion mit Isabella erfuhr? Mit ihr war in solchen Dingen bestimmt nicht zu spaßen. Vermutlich würde Kerstin die Sache gar nicht mitbekommen. Von Hubertus jedenfalls würde sie nichts erfahren. Aber er würde Klaus ins Gewissen reden, beschloss er, und das nicht zu knapp.
Hummel kam sich allmählich vor, als wäre er der einzige Mensch in der ganzen Doppelstadt, der auf moralischen Prinzipien beharrte und an Fasnet nicht fremde Frauen anmachte und sich danebenbenahm.
Jetzt wollte er nur noch nach Hause. Er stieß ein paar Angetrunkene beiseite, schob sich zum Ausgang und stand endlich vor dem Gebäude. Seine Ohren dröhnten in der Stille.
Er richtete den Blick auf den sternenklaren Himmel und atmete tief durch.
Auf dem Heimweg zog er sein Handy aus der Innentasche des Gehrocks und schrieb eine Anklage-SMS an Klaus: »Du bist genauso chrktl wie die anderen. Knutschst mit der Blonden rum, statt zu rchch! Huby«
Für die Wörter »charakterlos« und »recherchieren« hatte er keinen Nerv und keine zielsicheren Finger mehr, obwohl er als Deutschlehrer sonst stets darauf bestand, dass man »als zivilisierter Mensch« auch eine SMS in fehlerfreier deutscher Sprache verfasste. Dann drückte er auf »Senden«.
12. KOPFWEH UND HERZSCHMERZ
Für Klaus begann der Freitag schlecht – sehr schlecht. Als er in der Schwenninger Wohnung seiner Freundin Kerstin aufwachte, spürte er eine leichte Übelkeit und schlimme Kopfschmerzen. In seinem Kopf hämmerte es, als wolle ihn sein Gewissen abstrafen.
Zu allem Überfluss stand Kerstin vor seinem Bett und sagte wutentbrannt ein einziges Wort zu ihm: »Raus!«
Klaus schaute seine Freundin aus schmalen Augen an und blickte dann verstohlen auf den Digitalwecker. Es war sieben Uhr einundzwanzig.
»Raus!«, rief Kerstin. »Du hast mich betrogen!«
Riesle war völlig überrumpelt. In seinem Kopf überschlugen sich die Gedanken. Dann versuchte er, ein paar Sekunden lang Ordnung in seinem Gehirn zu schaffen. Der gestrige Abend in Villingen. Die vielen Biere und die Cocktails. Die Musikgruppen im Zähringer-Theater. Der Fall, den es zu lösen galt. Und Isabella …
Wie war er nur nach Hause gekommen?
»Raus!«
Kerstin schien richtig wütend zu sein, und Klaus beschloss, ihrer Aufforderung besser Folge zu leisten.
Nur mit einer gepunkteten Unterhose bekleidet stand er vor dem Doppelbett und betrachtete Kerstin. Sie schien geweint zu haben und hatte mit dem »Raus« offenbar nicht nur das Bett gemeint.
»Raus!«, rief sie erneut.
»Schatz, was ist denn …?«, fragte Klaus, in dem nun sämtliche Alarmglocken schrillten.
Kerstin wurde ruhiger – allerdings nicht so, wie Klaus es sich erhofft hatte. Sie wurde gefährlich ruhig.
»Du hast mich betrogen«, wiederholte sie ganz sachlich, als spräche sie mit einem ihrer Schüler, der sitzen bleiben musste – wenn sie auch den Inhalt ganz sicher noch nie zu einem ihrer Zöglinge gesagt hatte. »Du weißt, dass ich so etwas nicht mit mir machen lasse. Deshalb bitte ich dich, meine Wohnung zu verlassen – denn auch wenn du hier wohnst, gehört sie immer noch mir. Ich habe dir schon einen Koffer mit dem Notwendigsten gepackt. Hier!«
Klaus kam immer noch nicht ganz mit. Hatte eine Bekannte von Kerstin ihn und die Blonde im Theater gesehen?
Und »betrogen« war doch wohl stark übertrieben …
Kerstin zog Klaus’ Handy aus der Hosentasche. »Das hier hast du gestern bei mir liegen lassen, als du dich … amüsieren gegangen bist.«
Sie reichte Klaus das silberfarbene Mobiltelefon, auf dem eine Kurzmitteilung zu lesen war.
Verdammt. Hubertus!
Klaus kannte Kerstin gut genug, um zu wissen, dass seine ganzen Beteuerungen im Moment sinnlos waren. Natürlich versuchte er es trotzdem: »Es waren ein oder zwei Küsse, Kerstin – nicht mehr. Ich liebe dich und würde unsere Beziehung niemals aufs Spiel
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